Prolog | Guten Tag, Herr Gunnarsen

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Leanne's POV

Ich war gerne im Hofgarten. Irgendwas an der Natur, selbst wenn sie schon gezähmt und zur Perfektion gezwungen wurde, beruhigte mich und lenkte meine Gedanken weg von der Hektik des Alltags. Vielleicht lag es an daran, wie einfach die Existenz einer Pflanze war. Wie oft fand ich mich schon auf dem Gras sitzend wieder, eifersüchtig auf eine Blume, die außer dem Wachsen nichts in ihrem Leben erreichen musste?

Hier kam außer mir selten jemand hin. Niemand der mich mit Terminen, Aufgaben oder sonst was nervte. Es war ein Zufluchtsort geworden, den alle respektierten. Wenn die Prinzessin im Hofgarten war, ließ man sie in Ruhe.
Mein Lieblingsplatz war unter der großen Eiche. Vielleicht hatte sie irgendeine Bedeutung, ein Geschenk an meine Vorfahren oder als Symbol eines Erfolges. Aber ich genoss einfach nur den Schatten und das Gefühl, von den riesigen Ästen beschützt zu werden.

Genauso wie heute. Ich hatte die Augen geschlossen und hörte auf das Zwitschern der Vögel. Manchmal fragte ich mich, ob sie sich tatsächlich unterhielten oder nur zum Spaß etwas sangen. Ich würde es zwar nie erfahren, aber ihnen zuhören konnte ich trotzdem.

Es war so schön beruhigend. Ich erkannte den Ruf eines Rotfinken und eines Blaukehlchens aus meinem Naturkundeunterricht. Doch unter die bekannten Geräusche mischte sich eins, das ich nicht zuordnen konnte. Im Gegensatz zu dem Singen der Vögel war es gleichmäßig, plötzlich hörte ich leise Schritte. Sie hörten sich schleichend an, als würde jemand nicht gehört werden wollen. Ich öffnete die Augen und schaute hinter den Stamm auf den Garten. Nichts.

Als ich mich wieder umdrehen wollte, nahm ich etwas aus dem Augenwinkel wahr. Sofort wirbelte ich herum. Keinen Moment zu spät, denn die Person streckte die Hände nach mir aus.

Wage erinnerte ich mich an meinen Karate-Kurs und schlug die Hand weg. Ich wollte noch einen Tritt hinterher schicken, doch mein Gegner griff nach meiner Hand und hielt sie fest. Als ich schreien wollte, hielt er mir auch noch den Mund zu.

Jetzt sah ich ihn das erste Mal wirklich an. Überrascht blickte ich in zwei sanfte braune Augen, die gar nicht angriffslustig aussahen. Überhaupt sah sein ganzes Gesicht viel zu süß für einen Angreifer aus.

Ich hörte auf wild um mich zu schlagen und schaute ihn einfach nur an.

Erleichtert nahm er seine Hand weg und sagte leise: "Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken."
Immer noch mit klopfendem Herzen wollte ich einen Schritt zurücktreten, doch er zog mich näher an sich ran. Unsere Gesichter waren nur noch zehn Zentimeter voneinander entfernt.

"Du brauchst keine Angst vor mir zu haben."

Eigentlich sollte ich Angst haben, doch irgendwas in seiner Stimme beruhigte mich. Mein Atem ging wieder langsamer und mein Herz beruhigte sich. Dennoch starrte ich immer noch wie gebannt in die dunkelbraunen Augen des Fremden.

Doch plötzlich schien er realisiert zu haben, dass wir hier gerade viel zu nah beieinander stehen und lies mich erschrocken los.

"Das kam jetzt total falsch rüber... Ich..." Er suchte nach den richtigen Worten. "Ich wurde als dein Bodyguard beauftragt. Als ich dich da sitzen sah, wollte ich dich nur erschrecken! Ich hätte nicht gedacht, dass du so gute Reflexe hast..."

Es tat ihm sichtlich leid und er wurde sogar ein bisschen rot.
Ich fand diesen Anblick so süß, dass ich lächeln musste.

"Ist schon gut, zum Glück ist nichts passiert." Ich schüttelte meine Hand aus und steckte mein T-Shirt wieder in die Hose.
Dabei betrachtete ich mein Gegenüber genau.

Ich staunte schon sehr, als ich sah, dass er in meinem Alter war. Und er sah ziemlich gut aus.
Blonde Haare, die ihm locker ins Gesicht hingen. Breite Schultern, durchtrainierter Körper. Er war ziemlich groß gewachsen, ungefähr einen halben Kopf größer als ich.
Und er hatte ein kleines Muttermal über der Lippe.

"Ich bin Leanne, aber das müsstest du schon wissen."
"Ich bin Martinus Gunnarsen. Ich soll ab heute auf dich aufpassen, weil wir von einem geplanten Anschlag auf dich Wind bekommen haben. Damit nichts passiert, werde ich jetzt immer in deiner Nähe sein."

Ein Anschlag? Auf mich? Ich wusste zwar, dass ich mehr in Gefahr war als normale Menschen, aber jetzt bekam ich es doch mit der Angst zu tun.

Besorgt sah Martinus mich an. Aber ich wollte nicht wie ein Angsthase wirken und streckte ihm die Hand aus.
"Guten Tag, Herr Gunnarsen."

Beauty and the Badboy {M&M FF}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt