19 - Gemeinsam neues entdecken

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19. Kapitel

Hermines POV

Wenn in der Schule keiner mehr stillsitzen konnte, die Schüler ganz hibbelig auf den Gängen auf und ab liefen, ständig auf ihre Uhren sahen, um dann stöhnend zu beten, dass die Zeit schneller umging und auch die Lehrer ihre Gedanken nicht immer beim Unterrichtsstoff halten konnten, sondern abdrifteten, dann war klar: Ein Quidditchspiel stand an!

Egal welche Mannschaften gegeneinander antraten, die ganze Schule stand Kopf. Hausaufgaben wurden für einen Tag links liegen gelassen und stapelten sich auf den Nachtschränken der Schlafsäle. In den Schränken wurde hastig nach Fanschals und Bannern gewühlt, bevor sich der großen Menge angeschlossen wurde, die hastig zum Spielfeld strebte, um dort die besten Plätze zu ergattern.

Meine Begeisterung für diese Sportart hielt sich in Grenzen. Es war mir einfach nicht geheuer mich auf einen wackeligen Besen zu setzten und mit viel zu hohen Geschwindigkeiten durch die Lüfte zu schießen. Wie man dann auch noch die Konzentration auf magisch gesteuerte Bälle richten konnte, die also kaum zu kontrollieren waren, erschien mir fast wie ein Wunder.

In meinem Bekanntenkreis war ich mit dieser Antipathie scheinbar alleine, denn wohin ich auch schaute, jeder war besessen von dem Besensport. Besonders Ron, der Quidditch schon spielte, seit er laufen konnte, würde am liebsten in der Nationalmannschaft unterwegs sein. Zu diesem Zutritt fehlte ihm leider das Talent, welches seine Brüder Fred und George aufwiesen, die gemeinsam die Treiber des Gryffindorteam stellten.

Aber besonders Harry konnte keiner das Wasser reichen. Es war bemerkenswert mit welcher Leichtigkeit durch die Lüfte schoss und dabei keine Sekunde den Überblick verlor. Durch seine runden Brillengläser suchte er scharfsichtig die Umgebung ab und entdeckte den Schnatz nicht erst dann, wenn er vor seiner Nase auftauchte. Mit seinem Adlerblick konnte er ihn schon von weitem ausmachen und war so ein wahrer Schatz für das Team.

Im heutigen Spiel war seine Aufgabe einfach: Zusehen. Ben hatte es da schon schwieriger, denn er musste Brian dabei alles haargenau erklären. Bens kleiner Bruder konnte es kaum erwarten das Spiel mit eigenen Augen zu sehen. Bei unseren Erzählungen über die Spieler, die auf ihren Besen durch die Luft schwebten und die Bälle in die Tore schossen, waren seine Augen immer größer geworden, bis er schließlich unbedingt einmal dabei sein wollte. Nun hatte sich die Gelegenheit ergeben.

Da Gryffindor heute nicht spielen musste, sondern Ravenclaw und Hufflepuff sich in den Ring stürzten war es an uns zu entscheiden, welchem Team wir unsere Unterstützung geben wollten. Natürlich hatte man in Hogwarts viel mit seinem eigenen Haus zu tun, doch da der Unterricht immer mit zwei Häusern stattfand, hatten wir natürlich auch Freundschaften mit Hufflepuffs oder Ravenclaws geschlossen. Nur mit Slytherins war das nicht immer möglich. Ausnahmen bestätigten da auch die Regel.

So waren meine Freunde verschiedener Meinung, zu welcher Mannschaft sie gehen sollten. Ich mochte es eigentlich nicht, wenn wir uns trennten, da besonders in dieser Zeit viele Gefahren auf uns lauerten. Selbst innerhalb den Grenzen von Hogwarts waren wir nicht mehr vollkommen sicher. Jenes hatte uns die Vergangenheit gezeigt. Wie sollten wir gemeinsam für einander einstehen, wenn wir nicht in geballter Kraft auftraten? Wahrscheinlich machte ich mir auch nur zu viele Gedanken.

Als wir am Spielfeld angelangt waren, versuchte ich all meine Ängste zu vergessen und mich stattdessen auf das bevorstehende Spiel zu freuen. Egal ob man Fan war oder nicht, ein Quidditchspiel war immer ein Großereignis, bei dem die Schulgemeinde zusammengeschweißt wurde. Es zählten keine Noten, keine Einzelerfolge. Alles, was zählte war der Erfolg der Gemeinschaft.

Kurz bevor wir die Ränge zu den von Luna reservierten Plätzen emporstiegen, hielt ich Ausschau nach Bens Mutter und seinem kleinen Bruder. Nachdem ich diese schließlich – total verängstigt und von den Massen an Zauberern und Hexen eingeschüchtert – entdeckt hatte, machte ich Ben darauf aufmerksam und wartete bis er zu ihnen aufgeschlossen hatte. Während des Spiels schien es mir unmöglich ihn in der Menge zu beaufsichtigen, nicht, dass er dies nötig gehabt hätte, aber Sicherheit ging vor, doch ich wollte es so lange wie möglich zu tun.

Brians Vorfreude konnte ich schon von hier spüren. Der Kleine sprühte förmlich Funken und konnte vor Aufregung kaum noch stillstehen. Wie begeistert musste er erst sein, wenn das Spiel schließlich startete? Es war schön ihn so fröhlich zu sehen. Was für uns schon zur Normalität geworden war, erfüllte für ihn die tiefsten Träume. Was konnte besser sein, als diese Freude zu genießen?

„Hermine, kommst du?“, rief Harry aus der Ferne zu. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass sie schon weitergegangen waren. Hastig riss ich mich von Ben und seiner Familie los und stolperte auf die Jungen zu.

„Ich bin schon da. Wartet nicht“, antwortete ich, doch sie hatten sich schon längst wieder umgedreht.

Bens POV

„Wann geht es denn endlich los?“, quengelte Brian schon sobald wir uns auf der Tribüne niedergelassen hatten. Die Hälfte der Schüler war noch nicht eingetroffen, doch zumindest die Lehrer hatten sich eingefunden und Madam Houch stand am Spielfeldrand bereit. Sicher waren auch die Teams längst vorbereitet und aufgestachelt, um sich in den Kampf stürzen zu können. Aber es konnte noch eine Weile dauern, das wusste ich.

„Sind die jetzt endlich fertig? Wann fangen die denn mal an?“, wollte er dann ein paar Minuten später wissen. Ich war ihm dankbar dafür, dass er bis dahin nichts gesagt hatte, doch ich konnte ein genervtes Stöhnen nicht unterdrücken. Natürlich konnte man es ihm nicht verübeln, schließlich war er noch jung und war die Ruhe und Gelassenheit Hogwarts nicht gewohnt, doch er hätte auch ein wenig mehr Verständnis aufbringen können.

Zum Glück trat aber bald Dumbledore vor die Menge und sprach mit magisch verstärkter Stimme zu uns. Herzlich begrüßte er alle Schüler, Lehrer und selbstverständlich die Spieler, welche in den Kabinen auf ihren Auftritt warteten. Seine Rede hielt er wie für gewöhnlich kurz und so dauerte es nicht lange bis die Teams unter lautem Beifall einliefen.

„Wer ist denn da wer?“, fragte Brian interessiert. Ihn hatte ich fast vergessen. Warum hatte ich die Wartezeit nicht genutzt, um ihm die Regeln und Aufgaben der einzelnen Spieler zu erklären? Manchmal verstand ich mich selbst nicht mehr. Nun musste ich das alles tun, während der Gesprächspegel eine normale Unterhaltung fast unmöglich machte. Doch da musste ich durch, also begann ich zu erzählen. 

Ich ließ ihn eintauchen in die Welt des Quidditchs, führte ihn in unentdeckte Welten und machte ihm schnell klar, wie er Jäger, Treiber, Hüter und Sucher der jeweiligen Mannschaften mit ihren Aktionen unterscheiden konnte. Natürlich verstand Brian nicht alles auf Anhieb. Bei vielen Erklärungen meinerseits zeichnete sich ein Fragezeichen auf seinem Gesicht ab. Doch als das Spiel an Geschwindigkeit und Spannung zunahm, schien er sich immer mehr in dieser magischen Welt einzufinden.

Der Schatten an seiner Seite (Harry Potter Fanfiction, pausiert)Where stories live. Discover now