●Kapitel 9●

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"Alaris!"

Kaum ein paar Stunden hier, hatte sie sich wohl schon an ihren neuen Namen gewöhnt...

"Alaris!", ertönte die Stimme erneut, diesmal lauter.

Müde öffnete sie ihre Augen und sah geradewegs in Alaths besorgtes Gesicht. "Hmmm?"
Ein paar Tränen rollten über seine Wangen. "Und ich dachte, ich hätte dich schon wieder verloren..."
Die Anhänglichkeit des Halbdrachen rührte sie so sehr, dass sie ihre Hand hob und seine Wange streichelte, um die Tränen wegzuwischen. "Mich verlierst du nicht so schnell."
Ein eher schwaches Schmunzeln stiehl sich auf Alaths Lippen, doch er schwieg, hob sie hoch und legte sie auf das Bett.
Doch diesmal deckte er sie zu...nicht nur sie.

"Wa...Was wird das?", stotterte Kirastrasza überrumpelt und wollte aus seiner Reichweite rutschen, doch Alath griff nach ihr und zog sie an seine Brust. "Alath?"
"Wenn ich wieder gehe, wirst du sowieso nicht schlafen." Der Halbdrache schloss seine Augen und legte seinen Kopf an ihren. "Du bist immer wieder aufgestanden. Das ist also deine Schuld."
"So werde ich erst recht nicht schlafen können...", nuschelte Kirastrasza und dachte wieder an den Rubindrachen.

Was er wohl sagen oder tun würde...?

"Was hast du gesagt?"
Sie erinnerte sich daran, dass Alath Alaris sah und Alaris anschmiegsam war.
Eine recht...ungewöhnliche Eigenschaft für eine kaltblütige Kriegerin.
"Nichts, nichts.", summte sie darum, drehte sich um und kuschelte sich an Alath.

Und zum ersten Mal seit sie hier aufgewacht war fühlte sie sich wieder wohl und geborgen...

•▪■▪•

Ein köstlicher Duft stieg ihr in die Nase und Wärme umfing sie von allen Seiten.
Eine große Hand strich über ihren Kopf und hauchte ihr ab und an einen Kuss in die schwarzen Haare.

"Mmmh.", machte sie leise und bettete ihren Kopf an die heiße Brust. "Hafft fu Fiebef...?"
"Nein, das ist ein spezieller Zauber der Drachen oder Feuermagier. Er ermöglicht es einem, die Körpertemperatur äußerlich zu erhöhen, um sich selbst und andere zu wärmen, baut allerdings dann noch ein kühlendes Schild im Inneren auf, damit es zu keinen Organschäden oder ähnlichem kommt." Alath lachte leise und drückte sanft ihren Kopf fester an sich. "Gefällt es dir?"
Sie schaffte ein Nicken und öffnete ihre Augen einen Spalt breit.

Das liebevolle Lächeln auf Alaths Lippen brachte ihr Herz zu unnormal schnellem Klopfen.

"Du wirst rot, meine Liebe.", grinste Alath und erst Sekunden später realisierte Kirastrasza, dass sie sprichwörtlich an seinen Lippen hing.
Mit heißen Wangen versteckte sie ihr Gesicht in den Kissen und spürte wenig später Alaths warme Hände auf ihrem Rücken.
Sie vernahm ein leises Lachen und wenig später das Klappern von Geschirr.

Neugierig sah sie zu Alath hoch, der mit Magie ein Tablett zum Schweben gebracht hatte und sie mit einer kurzen Geste dazu aufforderte sich aufzusetzen.

Sie tat es und hatte augenblicklich den Ausblick auf eine Art kleines Buffet.

"Greif zu.", nuschelte Alath zwischen zwei Bissen und grinste vergnügt. "Heute Vormittag machen wir wieder einen Einkaufsbummel."

•▪■▪•

"Sonst hattest du aber nie ein Problem damit..."
"Aaaber heute habe ich eins."
"Alaris?"
"Biiitte...", bettelte sie und machte ihren Hundeblick. "Nur heute."
Alath lief rot an und kratzte sich am Kopf. "Wenn du diese Flunsch dann öfter für mich ziehst, kann ich gerne auch immer draußen bleiben..."
"Versprochen!", strahlte Kirastrasza und grinste triumphierend, als Alath die Tür hinter sich schloss.

Sie wusste, wie man Männer um den Finger wickelte.
Der Rubindrache war ihr Versuchskaninchen gewesen.
Er war niemand, von dem sie Treue erwartete.
Schließlich hatte sie ihn verführen müssen anstatt dass er von allein zu ihr kam und die Worte "Ich liebe dich" hatte er ihr nur gesagt, als er erfahren hatte, dass Eastrasza, das Welplingsweibchen, existierte.
Die Nacht, die sie verbracht hatten, war kein Akt der Liebe gewesen.
Jedenfalls nicht von seiner Seite.

Woher sie wusste, dass seine Liebe unexistent war?
Sie wusste, Rubindrachen verliebten sich unnormal schnell, doch bei ihm war es so gewesen, dass er nichts für die Drachen seiner Generation empfand, für niemanden im gesamten Schwarm...außer für Alexstrasza und Korialstrasz, aber sie waren seine Eltern.
Für lange Zeit wurde er als asexuell bezeichnet, was dazu führte, dass ihr die Aufgabe übergeben worden war, diese Aussage zu widerlegen.

Bis heute wusste sie nicht, ob sie erfolgreich gewesen worden war oder nicht.

Wer weiß, vielleicht war dieser Seelentausch ja die Chance, auf die vor allem Alexstrasza gewartet hatte...nämlich ihren Sohn glücklich zu sehen.

Es klopfte an der Tür.
"Alaris?"
"Einen Moment noch bitte." Hastig öffnete sie den Schrank und zog wahllos ein einfaches Kleid heraus, das aus einem rot-gold-schwarzem Oberteil und einem beigefarbenen Rock bestand.
Kaum in den Sachen schlüpfte sie noch in rote Stiefel und fuhr mit der Bürste mehrmals durch ihre Haare, wofür sie vor den Spiegel trat...und den Kamm entgeistert fallen ließ.

Vor ihr spielte sich eine unglaubliche Szene ab.
Der Rubindrache hielt ihren Körper in seinen Armen, doch nicht nur das.
Er war kurz davor sie zu küssen.
Doch ein blauhaariger Elf - der Name Amigos schwirrte durch ihren Kopf - tauchte auf, woraufhin der Rubindrache verschwand.
Amigos trat weder näher noch hatte er anderweitig Körperkontakt mit ihrem Körper, doch er sagte offenbar etwas, das einen gruseligen Ausdruck in ihr Gesicht lockte.
Kirastrasza hörte seine Worte nicht, doch sie trafen die Person in ihrem Körper - wohl Alaris - schwer.

Beunruhigt beobachtete sie, wie die Kriegerin im falschen Körper in einem Schockzustand versank.

Die bewegt sich da nicht mehr weg..., dachte Kirastrasza und musterte Alaris.

Die leichenblasse Elfe schien wie zu Eis erstarrt, doch urplötzlich fuhr sie herum, sah ihr direkt in die Augen, wobei sich ihre vor Wut verengten.
"Hör auf damit, mir hinterherzuspionieren!", zischte sie und ihre Faust näherte sich ihrem Gesicht...bis plötzlich Scherben an ihr vorbeiflogen.

Erschrocken wich Kirastrasza zurück, stolperte über den Saum des Rocks und fiel zwischen den Scherben auf den Boden.
Sie hatte es entweder nie gewusst, oder dieser Spiegel war verflucht, doch...

Bevor Alaris den Spiegel zerstört hatte und die Scherben aus den Fugen gesprungen waren, hatte sich ihr Gesicht zu einer wutentbrannten Fratze verzerrt...

Imprisoned in a different bodyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt