●Kapitel 12●

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"Sindustrasz...", ertönte eine leise, weibliche Stimme. "Sindustrasz...?"

"Ich bin hier.", murmelte er und versuchte seine Augen zu öffnen.
Es klappte nicht auf Anhieb, da ihn irgendetwas blendete.

Doch dann gewöhnte er sich an das bläulich-weiße Licht und konnte endlich wieder normal sehen.
Er lag irgendwo, doch der Boden war auf eine merkwürdige Art weich wie auch hart zur gleichen Zeit.
Und er sah Kirastraszas Gesicht über sich.

Sie blickte ihn an, doch sie war leichenblass und und ihr Blick leer.
Und das war seine Schuld.
Auch sagte sie nicht mehr als seinen Namen.

"Sindustrasz...", sagte sie leise und ihre Hand mit dem blutverkrusteten Handgelenk streichelte seine Wange.
Erst Sekunden später merkte er, dass die Elfe seinen Namen schon fast sang.
"Ich bin hier, Alaris." Er griff nach ihrer Hand und umklammerte sie. "Ich bin direkt neben dir."
"Sindustrasz...", sagte sie nur wieder und er wollte schon die Hoffnung aufgeben, als sie etwas Neues sagte. "Wo sind wir hier...?"
"Kaltarra. Beim Nexus.", antwortete er ihr, setzte sich auf und zog sie in seine Arme.

Das Licht, merkte er, das ihn beim Aufwachen geblendet hatte, waren viele eisige Stäbe, doch so zerbrechlich sie auch aussehen mochten...sie waren es nicht.

"Wie geht es dir, Alaris?"
"Es war...plötzlich...", murmelte diese und legte ihren Kopf in seine Halsbeuge. "So schockierend plötzlich...Ich...ich hätte nicht gedacht, dass es ausgerechnet...Liebe ist, die hier hinderlich ist..."
"Verständlich.", stimmte ihr Sindustrasz zu und streichelte ihr Gesicht. "Aber ich kann nichts dafür. Du warst einfach da und du warst...besonders für mich."

Alaris schwieg.

Dann zog sie die Nase hoch und setzte sich auf Sindustrasz' Schoß. "Was machen wir jetzt?"
"Warten, dass Amigos aufwacht und uns hier rausholt...", schlug Sindustrasz vor und war froh, dass Alaris sein rotes Gesicht gerade nicht sehen konnte, da sie mit dem Rücken zu ihr saß und zu der Nexussäule starrte, die von vielen zerbrochenen Plateaus umgeben war...und auf einem dieser waren sie gefangen.
"Amigos ist nicht hier...", flüsterte Alaris, obwohl sie mit Sicherheit auch hätte laut reden können. "Sie haben ihn freigelassen."
"Wa..." Sindustrasz sah sie ungläubig an. "Warum?!"
"Er ist einer von ihnen, warum also nicht?" Sie umgriff vorsichtig seine Handgelenke und legte seine Arme um ihre Hüfte. "Bist du nicht auch ein Magier?"
"Stimmt..." Neugierig begann er einen Portalspruch, doch er zeigte nicht die gewünschte Wirkung.

Zwischen ihm und Alaris explodierte etwas wie eine Frostnova, nur froren ihre Füße nicht am Boden fest, sondern sie wurden gegen die Eisstäbe geschleudert...die nicht ansatzweise so stabil waren, wie er es erwartet hatte.
Zu Alaris' Unglück.
Wenigstens bekam sie gerade noch so die Kante des Plateaus zu packen und baumelte nun dort, sich verzweifelt am eisigen Rand festhaltend.

Sindustrasz sprang auf und rannte zu ihr.
Ihre Finger rutschten gerade ab, da erwischte er noch ihre Handgelenke und zog sie wieder hoch.

"Also frei sind wir jetzt...", meinte Alaris und strich mit schmerzverzerrtem Gesicht über ihr verletztes Handgelenk. "Kannst du uns fliegen?"
"Das wäre zu auffällig." Sindustrasz schüttelte den Kopf und deutete Richtung Süden, wo zwischen den Bergen eine kleine Passage sichtbar war...wenn man gut genug und lange dorthin sah. "Ich werde uns so weit wie möglich in diese Richtung teleportieren. Mach dich bereit, Alaris." Er schlang einen Arm um ihre Hüfte und sah sie erwartungsvoll an.
Diese nickte jedoch nur und legte ihre Arme um seinen Oberkörper.
Sindustrasz ließ ein zufriedenes Lächeln auf seine Lippen, dann bewegte er diese wieder mit den Runen, die er aussprach.

Und diesmal funktionierte es.
Dachte er.

Die helle verschneite Welt ersetzte sich durch einen dunklen Raum ohne den leisesten Luftzug.
Und leider auch ohne Ausweg.

Sindustrasz fluchte leise, als ihm klar wurde dass er sich unter die Nexussäule teleportiert hatte.
Irgendjemand, irgendetwas drehte seine Zauber entweder um oder gab ihnen eine andere Wirkung.
Als er die Tatsachen genauer betrachtete, merkte er, dass es bis jetzt nur Teleportationszauber gewesen waren.
Er sollte es mit einem anderen versuchen...

Sorgsam ging er alle harmlosen Zauber und deren mögliche Gegenreaktion durch.
Feuer würde entweder zu Frost führen oder Feuer bleiben, Frost hingegen zu Feuer. Arkan hatte die Möglichkeit beides als Gegenreaktion zu bekommen...oder aber, noch schlimmer: Nekromantie.
Und das letzte, das er wollte, wären Untote, gegen die er sich nicht wehren konnte.

Seufzend entschied er sich für eine Frostnova.

Ein paar Runen und die eisige Welle löste sich auf Knöchelhöhe.
So weit, so gut.
Doch die Wirkung war stark...unnormal stark.

Die Eiskristalle, die für gewöhnlich einen Fuß groß waren, wuchsen weiter hoch, bis zur Decke...und dann sogar durch sie hindurch.
Auch danach wuchsen sie weiter und die Decke brökelte weiter herunter.
Sindustrasz konnte einem Brocken gerade so ausweichen und dann stoppte das Wachstum der Kristalle endlich.
Von dem Boden über ihm war nicht mehr als eine Brücke und eine Treppe übrig geblieben.

Es blieb totenstill über ihm, also suchte er sich einen Eiskristall, an dem man gerade noch so würde hochklettern können und erklomm den gefundenen.
Er erreichte gerade endlich die Decke, da spürte er einen Sog, der ihn nach unten ziehen wollte.

Entsetzt bemerkte er, dass Elementare verschiedener Arten in den Raum gesetzt worden waren.
Ein Arkanelementar, ein Wasserelementar, sogar einer der schamanischen Erdelementare war hier...und das hieß alles andere als etwas gutes.

Verzweifelt krallte sich Sindustrasz in dem selbstgeschaffenen Eis fest und kroch mühevoll höher, in der Hoffnung, dem starken Luftsog des Windelementares zu entgehen.
Doch seine Versuche waren vergebens.
Seine Arme wurden taub und für ein paar Sekunden hing Sindustrasz beinahe leblos an seinen klauenartigen Händen, bis der Sog gewann und Sindustrasz inmitten der vielen Elementare auf dem Boden landete.

Imprisoned in a different bodyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt