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Der nächste Morgen begann für mich um neun Uhr. Komischerweise war mir extrem warm, obwohl ich mir sicher war, auf der Couch ohne Decke eingeschlafen zu sein. Ich öffnete meine Augen und sah ein bärtiges Gesicht. Der Erste der mir einfiel war Tobi. Ich ließ meinen Blick weiter schweifen und erkannte, dass es tatsächlich Tobi war, der so halb auf mir lag. Sofort wurde ich knallrot und versuchte, den Älteren von mir zu schieben, doch er rührte sich kein Stück. "Tobi", grummelte ich. Er schlief weiter, ich konnte mich weiterhin nicht bewegen. Seufzend schloss ich meine Augen erneut und wartete, bis Tobi endlich aufwachte. Das geschah nach geschätzten zehn Minuten. Erst ließ er seine Augen geschlossen, doch irgendwas schien seine Aufmerksamkeit zu erregen, weshalb er sie aufriss. Erneut fiel mir dieses Funkeln in seinen blauen Augen auf. Er sah mich an und lächelte. "Guten Morgen Kevin", flüsterte er und ich bemerkte einen Ausdruck in seinen Augen, den ich dort noch nie gesehen hatte. Verwirrt blickte ich in seine Augen, konnte den Blick nicht abwenden. Er lächelte weiter und war irgendwie in einer Trance gefangen, in der er sich mir langsam näherte. Wollte er mich etwa...? Doch weiter kam ich nicht, denn er schreckte hoch und stand auf. Kurz darauf stand ich auch auf. Ich fand ihn im Moment einfach noch süßer als sonst. "Tobi... ich..." Neugierig sah er mich an. "Was hast du denn Kevin?" "Ach... nichts..." Ich sah zur Seite und verstummte. "Geht es dir gut?" "Jaja alles bestens", sagte ich leise und wusste nicht so recht, was ich tun sollte. Tobi schien mir nicht zu glauben. "Kevin bist du dir sicher, dass es dir gut geht?" Ja klar, ich hab mich nur in meinen allerbesten Freund verliebt, hab irgendwas komisches geträumt was ihr alle geträumt habt und dazu hat mich mein Crush in jenem Traum geküsst. Es ist Weihnachten und ich bin bei meinem geliebten besten Freund und habe Angst, dass er es herausfindet, aber sonst geht es mir gut. "Ja ich bin mir absolut sicher." Doch auch jetzt glaubte er mir nicht. "Kevin ich weiß es ist Weihnachten und da sollte man doch eher fröhlich sein, aber irgendwas geht in dir vor, was keiner nachvollziehen kann. Weder Erik noch Tati und schon gar nicht ich. Ich mach mir nur Sorgen. Wir alle machen uns Sorgen. Seit einiger Zeit verhälst du dich echt komisch, diese Sache mit der DbD Folge hat das nur verschlimmert. Deswegen wollte ich zu dir, um zu schauen, ob es dir auch wirklich gut geht." Ich antwortete nicht darauf. Was sollte ich auch schon sagen? 'Hey mir geht's super, außer dass ich dich liebe?' Das konnte ich echt nicht sagen. So würde ich ihn nur verlieren. "Kevin du kannst mir nicht mehr weismachen, dass es dir gut geht, dafür kenne ich dich mittlerweile zu gut. Dir geht es schlecht, du hast Sorgen. Aber anscheinend sind diese so gravierend, dass du nicht mit uns dreien reden kannst, was das Ganze nur noch mehr verschlimmert." "Tobi hör einfach auf. Ich kann es dir nicht sagen. Tati und Erik vielleicht, dir nicht. Ich will sie und vor allem dich nicht damit belasten." Er sah verletzt aus. Ich wusste, dass ich damit bereits den Spalt in unsere Freundschaft gehauen hatte, der diese ganz zerstören würde. "Du belastest uns doch nicht, wenn du uns endlich mal die Wahrheit sagst. Wenn du uns endlich mal helfen lässt. Mehr wollen wir doch nicht. Ich will dir doch helfen Kevin. Warum schließt du mich aus? Ich bin dein bester Freund, da will ich dir nur helfen, dir unter die Arme greifen. Ich bin für dich da, verstehst du? Du kannst mir vertrauen." "Versteh mich doch bitte Tobi. Es ist schwer für mich darüber zu reden, vor allem, wenn man diese Personen so gut kennt wie ich euch. Du wirst es nicht nachvollziehen können, glaub es mir." Erneut sah er mich enttäuscht und traurig an. "Warum vertraust du mir nicht?" Ich seufzte leise. "Das tue ich ja, aber... in dem Fall kann ich mich auf niemanden verlassen, nicht einmal auf mich selbst", flüsterte ich und setzte mich mit hängenden Schultern aufs Sofa. Ich spürte, dass Tobi sich neben mich setzte und mich sicherlich auch ansah. "Was ist den überhaupt? Warum kannst du dich nicht auf dich verlassen?" Mein Widerstand brach. Ich musste mit ihm reden, egal welche Konsequenzen das haben würde. Vielleicht, nur vielleicht, war eine kleine Hoffnung da. Eine Hoffnung auf das vollkommene Glück. "Tobi ich glaube ich muss hier raus, einfach nach draußen." Er sah mich flehentlich an. "Bitte sag es mir." Ich atmete tief ein und aus. "Weißt du, wie es ist, in jemanden verliebt zu sein? Wenn er eine Freundin hat und immer wieder sagt, dass er sie liebt? Wenn er dann mit ihr Schluss macht und mehr mit einem selbst unternimmt? Wenn man immer mehr Zeit durch Aufnahmen miteinander verbringt? Wenn man von den beiden besten Freunden geshippt wird, ebenso von der Community?" Ich sah Verständnis kurz in seinen Augen, bevor sie wieder der Verwirrung wich. "Weißt du wie es ist, Tobi, wenn man hoffnungslos in seinen besten Freund verliebt bist und keine Ahnung hat, was man tun soll? Wenn der Schmerz einen von innen auffrisst? Wenn du Angst hast, dass er es eines Tages rausbekommt und du es dann aber selber erzählst, aus Angst, dass er sauer ist? Wenn du genau weißt, dass du ihn verlieren wirst aufgrund von Gefühlen? Weißt du, wie es ist, dich zu lieben?" Stille breitete sich aus. Ich sah den Schock in seinen Augen, nachdem ich aufgehört hatte, ihn anzuschreien. Ich stand schnell auf und suchte meine Schuhe, die bei der Tür standen. Schnell zog ich sie an und schnappte mir eine Jacke. ich merkte zu spät, dass es eine Sommerjacke war und es draußen schneite. Außerdem war es Tobis Jacke, die mir natürlich zu klein war, weshalb ich sie nach kurzem Überlegen einfach vor der geschlossenen Tür fallen ließ und einfach weiterging. Dummerweise hatte ich nur ein T-Shirt an. Schnellen Schrittes entfernte ich mich von Tobis Wohnung und wanderte durch die leere und verschneite Stadt. Ich überlegte, ob ich einfach einen Zug nach Hause nehmen sollte, doch mein Portemonnaie lag noch bei Tobi, so wie meine Sachen und mein Laptop mit allen Aufnahmen auf nem Stick. Auch mein Handy konnte ich nicht finden, vermutlich war es in der Nacht aus meiner Hosentasche gefallen. Also war ich auf mich allein gestellt, konnte keinen meiner übrigen Freunde um Hilfe bitten. Das heißt... wenn sie noch meine Freunde waren, denn wenn Tobi es ihnen erzählen würde, dann würden sie sich wahrscheinlich auch von mir abwenden. Und Tobi musste ihnen was erzählen, denn er würde sicherlich nicht mehr mit mir aufnehmen. Leise seufzte ich, eine Atemwolke schwebte kurz vor mir, und ging weiter, bis ich zu einem Park gelangte. Ein Park... dort würde mich niemand bemerken. Der Tag hatte gerade erst begonnen und schon war er ruiniert. Weihnachten war ruiniert, ich würde es nie mehr so feiern können wie früher. Ich würde es aber, allen anderen zuliebe, versuchen. Stille erfüllte die Luft, als ich mich auf eine Bank setzte, nur ein leichtes Wimmern war zu hören. Erst, nachdem ich mich mehrere Male umgesehen hatte wurde mir bewusst, dass dieses Wimmern von mir kam. Es war wohl doch ein wenig zu kalt für mich. Jetzt wünschte ich mir, die Jacke doch mitgenommen zu haben. Immerhin bot sie etwas Wärme. 



CurrbiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt