Psychose

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...
Ich hätte die Zeichen schon rechtzeitig ernst nehmen sollen
...
Schlafparalysen, Angstzustände, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme...

Ich hätte es wissen MÜSSEN, denn ich bin doch die, die sich so krass über Cannabis informiert hat und sich deswegen für so vorsichtig und verantwortungsbewusst gehalten hat.

*lacht bitter* hat wohl schlecht geklappt.

Dass ich letzten Sonntag nicht gestorben bin, erscheint mir wie ein Wunder. Ich war bei M und ich habe einen riesen Brownie verputzt, mit 80% THC-haltigem Hash drinnen.
Wir haben bisschen Harry Potter geguckt, lief zumindest im Hintergrund.
Und viel mehr kann ich nicht mehr mit Sicherheit behaupten, denn ich weiß nicht, was in meiner Erinnerung der Wahrheit entspricht und was meinen Vorstellungen/Halluzinationen entspringt.
Ich meine, mich erinnern zu können, dass ich plötzlich Kreuze an seiner Zimmerdecke gesehen habe. Auch könnte ich schwören, dass ich deswegen zu ihm sagte: "Warum hast du Kreuze an deiner Decke?". Doch M hat mich nichts dergleichen sagen hören.
Ich weiß auch, wie ich plötzlich extrem anfing zu zittern und zu weinen. In dem Augenblick ging vermutlich die Panik los, aber, wie gesagt, ich kann mich kaum erinnern.

Dass ich auf dem eiligen Weg nach Hause nicht vom Motorrad gekippt bin, ist ein Wunder. Ich bin die ganze Zeit weggetreten. Eine Mischung aus Ohnmacht und Schlaf? Aber Schlaf klingt zu friedlich.

Zu Hause habe ich in den Spiegel gesehen und nur realisiert, dass meine Pupillen riesig waren und meine Augäpfel feuerrot.
Als ich in die Küche ging, um meine Mutter zu begrüßen, wusste ich, dass ich das nicht verstecken konnte. Und ich bekam noch mehr Panik vor ihrer Reaktion.
Die Reaktion kam... zuerst erzürnt, wie erwartet, und dann? Unglaublich ruhig und verständnisvoll.
Ein Glück.
Alleine wäre ich nie mit dem fertig geworden, was dann bei mir passierte.

Bei der Erinnerung erhöht sich gerade wieder mein Puls, Tränen drücken gegen meine Augen.

Die Panik war unbeschreiblich. Ich dachte die ganze Zeit, dass ich ohnmächtig werde. In diesem Halbzustand blieb ich aber gefangen, wenn ich drohte abzurutschen, bekam ich das allseits bekannte Gefühl des Fallens. Aber in extrem. Und es hörte jedes Mal erst auf als meine Mutter mich zurück in die Realität holte. Ich muss so geschrien haben, aber vielleicht war ich auch stumm. Das Gefühl für meinen Körper, meine Tätigkeiten sowie Raum und Zeit war zu dem Augenblick schon lange spurlos verschwunden.
Und ist bis heute (Di, Abend) nicht ganz wieder da.
Auch geschrien habe ich, soweit ich weiß, immer wieder, weil ich meine Mutter nicht erkannt habe. Sie stand vor mir und ich geriet in Panik, weil ich sie nicht einordnen konnte.
Ich sah M vor mir, die ganze Zeit, und war mir sicher, dass er mir irgendwas anderes gegeben hat als Gras und mich vergewaltigt hat. Die Bilder meiner roten Telleraugen die ganze Zeit im Hinterkopf, bestätigten mich in der Annahme, auf unbekannten Substanzen zu sein. Ich dachte, ich sei schwanger. Malte mir aus, was bei M alles passiert war und genau diese Bilder bleiben noch immer in meinem Kopf. Ich kann sie auch hier noch immer nicht von der Realität unterscheiden und bin in der machtlosen Situation, ihm einfach glauben zu müssen.
Tu ich.
Macht mittlerweile alles mehr Sinn und ich habe wieder etwas Vertrauen. Aber was ist in dem Moment "Sinn", wenn man Dinge hört, sieht, fühlt und empfindet, die nicht da sind?
An dem Abend dachte ich nicht an Sinn – nur an Panik.

Der Anblick der Illusion von Ms Gesicht an Stelle meiner Mutter machte mich verrückt.
Ich hörte ständiges Klopfen und Stimmen, was ich als typische Formen der Halluzination zwar kenne und darum zu dem Augenblick meinen Zustand kurz einschätzen konnte, aber es im nächsten nur noch bedrohlich fand.
Alles in meinen Erinnerungen ist irgendwie dunkel, keine Ahnung, ob es das wirklich war, dürfte eigentlich nicht sein. Ich fühlte mich wie in Trance. Grauenvoll.
Ich habe so viel geweint und geschrien, gezittert und mich gekrümmt.

Am Montag begann mein Praktikum. Als ich aufwachte, war ich immer noch in einer Blase gefangen, ich habe nichts gecheckt. Keine Ahnung, wie oft ich meine Mutter gefragt habe, warum die Spinne, die sie mich bat, rauszusetzen, noch immer über der Tür saß. Wenn sie mir auf meine zahlreichen, oft wiederholten Fragen nicht direkt geantwortet hat, dachte ich, dass man mich nicht hört. Ich bekam Panik, weil ich dachte, ich sei wie bei "Der Unsichtbare" nur seelisch anwesend und sehe jeden Moment die Leute nach mir suchen, obwohl ich eigentlich da bin -nur unsichtbar.
Wenn meine Mutter nicht am Morgen so ungehalten gewesen wäre, wäre ich wahrscheinlich nicht zum ersten Praktikumstag gegangen. Aber ihr Auftreten ließ mir keine Widerrede, obwohl ich denke, wenn sie hätte fühlen können, was in mir herrschte, hätte sie mich gelassen.
Ich bin hingegangen. Völlig emotionslos, unfähig zu denken, in Trance. Bei jedem Wort, das ich sagte oder hörte, wusste ich im selben Moment nicht mehr, ob ich es mir nur eingebildet hatte.
Ich habe NICHTS gespürt und nichts kam an mich ran.
Ich konnte mir nichts merken,
mich nicht konzentrieren,
nicht logisch denken,
keinen Schmerz fühlen...
Und und und...
Und dann permanent Selbstzweifel.
Auch wenn die im Vergleich zu Sonntag schon wieder echt zurückgegangen waren.
Sonntag war heftig.

Ich wollte sterben.
Ich dachte, ich habe meine Psyche, mein Praktikum, meinen Jobwunsch, den Job meiner Mutter, meine Sozialfähigkeit, meine Freundschaft zu M, meinen Halt, mein Gefühl, meine Realität, meine Familie, Vertrauen von und in andere
komplett verloren.
Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob das nicht sogar passiert ist.

Die gute Nachricht: Es geht stündlich besser.
Gestern Abend hatte ich zum ersten Mal wieder das Gefühl, im Hier und Jetzt zu leben, in der gleichen Realität.
Heute hatte ich nur noch kurz Rückschläge in Form von Panikattacken.
Ich merke aber, dass ich mich bei Stress (Streit mit meiner Mutter) jetzt in meine Zwischenwelt -den Halbzustand zwischen lebendig sein und Ohnmacht- zurückziehe. Das erscheint mir ungesund...

"Bitte bitte bitte bitte mach, dass ich fühle, dass ich lebendig bin"
WACH (OST) - DAT ADAM

Don't do drugs.
Ich hoffe, ich halte mich in Zukunft selbst dran.

Gedanken, Gefühle und was weiß ich noch allesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt