Bittersweet Melody || One Piece

I'm fine

Skyla kniete sich hin und strich sanft über den grauen Stein.
Die Rillen der Buchstaben fühlten sich rau unter ihren Fingerkuppen an und sie seufzte leise auf.

Kid stand etwas unbeholfen hinter ihr, blickte der jungen Frau über die Schulter.
Plötzlich fühlte sich für ihn alles so real an.
Natürlich waren die Gespräche mit Skyla auch real gewesen. Und selbstverständlich hatte er sich auch Gedanken gemacht, als sie ihn anrief und ihm von ihrer schweren Zeit berichtet hatte.
Die Gedanken, dass er Vater geworden war, selbst unter diesen unglücklichen Umständen, hatten ihn mehr als nur beschäftigt.
Doch jetzt wo sie hier standen und er die geschwungenen Buchstaben auf dem Grabstein las, war es ein ganz anderes Gefühl.
Es war, als hätte die Realität ihn plötzlich eingeholt und ihm direkt ins Gesicht geschlagen.
Das Datum an dem seine Tochter zur Welt kam. Das Datum an dem sie diese Welt wieder verließ.
Diese Dinge raubten ihm die Sprache und auch jeden klaren Gedanken.
Heute vor einem Jahr war ein kleines Geschöpf, welches zu gleichen Teilen aus Kid und Skyla entstanden und herangewachsen war, zu den Toten gegangen.
Heute vor einem Jahr hatte diese schreckliche Situation auch beinahe die wunderschöne Mutter des Kindes mit in den Tot gerissen.

Kid hörte, wie Skyla leise anfing zu murmeln und etwas zögerlich, legte er seine gesunde Hand auf ihre Schulter.
Kid wollte, dass sie wusste, dass er auch für sie da war.

Melody Hughens stand in geschwungener Schrift auf dem einfach gehaltenen eckigen Grabstein. Er konnte seinen Blick einfach nicht davon lösen.
Wie hatte er zwischendurch nur denken können, dass Skyla ihn angelogen hatte. Welchen Vorteil hätte sie sich daraus ziehen können?

Skyla redete immer noch leise mit ihrer Tochter und ihre Finger ruhten auf dem kalten Stein.
Kid konnte ihre genauen Worte nicht hören, wollte es aber auch gar nicht. Sie schüttete wahrscheinlich ihr Herz aus und er fand es nicht richtig dabei zu zuhören, immerhin war das hier gerade ein persönlicher Moment.

Er blieb einfach nur da. Schenkte der jungen Frau das Gefühl nicht alleine hier zu sein. Das war alles was er tun konnte.
Ein kleiner Vorwurf keimte in ihm auf, dass sie nicht versucht hatte früher Kontakt zu ihm aufzunehmen.
Doch er selbst war es der diesen Vorwurf im Keim erstickte.
Welche Möglichkeiten hatte Skyla denn? Wie hätte sie mit Kid in Kontakt treten sollen?

Endlich konnte der Piratenkäptn den Blick von dem Grabstein lösen. Seine Augen wanderten wachsam über den Friedhof.
Ein bisschen von ihnen entfernt rupfte eine ältere Frau Unkraut von einem der Gräber.
Keine andere Person war da und eine andächtige Stille waberte über die Grabsteine.
Kid meinte nicht einmal den Wind durch die Blätter rauschen zu hören.
Das Einzige, was er vernahm, und das auch nur teilweise, war die leise und sanfte Stimme von Skyla.

Wie seine Tochter wohl ausgesehen hatte?
Wie sie jetzt wohl aussehen würde?
Ob sie ihn gemocht hätte?

Um ehrlich zu sein war Kid nie ein Freund von Kindern. Er fand sie nur nervig und anstrengend und verfressen waren sie auch.
Und daran, dass sie unglaublich laut waren, wollte er gar nicht erst denken.
Doch Skyla... sie war anders als andere Frauen. Also muss ihre Tochter doch auch anders gewesen sein, oder?
Ein guter Vater wäre er sowieso nie gewesen. Aber dafür hätte sein Kind eine gute Mutter gehabt. Es wäre anders gewesen, als bei ihm bei Skyla damals.

Die goldbraunen Augen von Kid wandern wieder zu Skyla, welche sich langsam aufrappelte und sich den Staub von den Kleidern klopfte.
Eine Kerze brannte nun unterhalb des grauen Steins.
"Ich bin soweit.", sagte die junge Frau dann leise und schob sich einige blonden Strähnen aus dem Gesicht.

Sie drehte sich zu Kid um und für einen kurzen Moment blickte er ihr direkt in ihre dunkelblauen Augen.
Sie sahen bei weitem nicht mehr so traurig aus, wie noch vor ein paar Tagen.
Vielmehr schien Skyla jetzt erleichtert. Als sei eine Last von ihr abgefallen. Und obwohl Kid das niemals zugeben würde, ging es ihm nun auch ein bisschen besser.