Kim hat tiefe Ringe unter ihren geröteten, geschwollenen Augen. Ihr Anblick stimmt mich traurig und ängstlich gleichermaßen.
Sie tigert in meiner Wohnung auf und ab, redet mit sich selbst. Wo ist Noah? Warum hat er sie alleine gelassen? Ich würde sie so gerne in die Arme schließen. Sie öffnet Schränke, um sie kurz darauf wieder zu schließen. Ihr dürrer Körper hält sie kaum noch auf den Beinen. Ich kann nicht länger hier in Kirjat bleiben. Nicht wenn es ihr so schlecht geht. Mir schießt ein Gedanke in den Kopf. Wenn ich mit Hilfe des Rings hier her gelangt bin, müsste ich doch mit seiner Hilfe auch wieder zurück gelangen.
Aufregung macht sich in mir breit. Ich schreie ihren Namen, laut und bestimmt. Kim! Kim halte durch! Ruckartig dreht sie den Kopf. Sie blickt irritiert durch den Raum. Sam? Das ist doch verrückt. Ich spüre wie die Lebensgeister mich zurück in die Realität ziehen. Ich kann ihr nicht mehr antworten, aber Ich bin mir sicher, sie hat mich gehört.Erschrocken reiße ich die Augen auf. Nebel, nichts als Nebel. Ich blicke mich um, es ist noch dunkel. Mühselig stehe ich auf. Mutlos suche ich die Umgebung ab. Ich habe keine Ahnung wo ich mich jetzt befinde. Die Angst in mir nimmt nach wie vor den größten Platz ein.
Kein einziges Geräusch dringt zu mir durch. Vorsichtig mache ich einen Schritt nach dem anderen. Ich achte auf das Silber an meiner Hand, doch es tut sich nichts. Was mich etwas beruhigt, ich laufe gegen einen Felsen. Der Schmerz an meinem Knie explodiert. Ich unterdrückte den Schrei und beiße mir auf die Lippe, bis ich Blut schmecke. Da die Nebelbank so dicht ist, entschließe ich mich zu warten bis es heller wird. Ich setze mich auf den Felsen, gegen den ich gelaufen bin. Mein Knie pocht in einem gleichmäßigen Rhythmus. Ich versuche immer noch irgendwas zu erkennen, doch es gelingt mir nicht. Solch einen dichten Nebel habe ich noch nie gesehen. Meine Haare kleben mir im Gesicht. Ich fühle mich verloren, Tränen steigen mir in die Augen. All der Schmerz, Stress und die Sorgen liegen wie ein riesiger Klumpen auf meinem Herzen. Kirjat hat mich gebrochen. Wimmernd sitze ich da, Tränen laufen in Strömen über mein Gesicht. Ich werde das nie und nimmer lebend überstehen. Noch nie im Leben habe ich mich so einsam und leer gefühlt. Ich weis nicht wie lange ich schon hier sitze. Vielleicht bin ich hier völlig falsch. Aber es ist mir egal, ich will nicht mehr. Mit meinen kalten Händen wische ich mir die Tränen ab. Meine Wange brennt, als ich sie berühre. Sofort denke ich an die eisigen Augen. An den Hauch des weißen Wanderers. Ich denke an Kim und Noah, Ash der sich in mein Herz geküsst hat. Für den ich soviel liebe empfinde. Ein Geräusch, das erste seit ich hier bin, schreckt mich auf. Angestrengt versuche ich die Richtung aus zu machen aus der es kommt. Die Nebelwand ist nicht mehr ganz so dicht. Etwas kleines mit Smaragdgrünen Augen schält sich aus der weißen Wand. Wie gebannt starre ich in seine Richtung, mein Herz klopft schneller. Doch es scheint keine Bedrohung zu sein, das Silber bleibt kühl. Ein kleiner grausilberner Kater sieht mich forschend an. Er steht einfach nur da, hin und wieder zuckt sein Schwanz.„ Hey kleines Kerlchen, hast du dich auch verlaufen? Na komm her, ich werde dir ganz bestimmt nichts tun."
Erneut zuckt sein Schwanz, seine Ohren bewegen sich in verschiedene Richtungen. Vorsichtig kommt er näher, ich strecke meine Hand aus. Er scheint ein sehr ängstlicher Kater zu sein. In Gedanken gehe ich sämtliche Bücher durch, auf der Suche nach diesem keinen Kater. Jedoch finde ich keinen Zusammenhang, gibt es wirklich ein Buch das ich noch nicht gelesen habe? Wieder macht er zwei Schritte auf mich zu und beschnuppert meine Hand. Als er seine Angst endlich überwunden hat, drückt er sein kleines Köpfchen gegen meine Finger. Sein Fell ist so weich, ich graule ihn. Was ihm ein schnurren entlockt.
„ Na siehst du kleines Kerlchen, ich tue dir nichts. Zu wem gehörst du wohl?"
Schnurrend springt er auf meinen Schoß und lässt sich darauf nieder. Die Nacht verschwindet allmählich und macht dem Tageslicht Platz. Der Nebel lockert sich auf, ich kann endlich etwas von der Umgebung erkennen. Ein Wald, natürlich was sonst.
Urplötzlich springt der Kater von meinem Schoß und läuft davon. Na toll, schon wieder bin ich alleine. Genervt ziehe ich das Buch aus meiner Tasche.
DU LIEST GERADE
Bücherliebe - Lies zwischen den Zeilen #Wintertraum18 #CA19
Fanfikce#Platz 3. Herbst Award 2018# Ein Paket, kein Absender. Ein Buch. Leer, ohne Titel. Kannst du dir vorstellen, dass es gefüllt ist? Gefüllt mit einer Geschichte, die du schreiben wirst? Geschrieben mit deinem Blut, deinem Kampf? Mit deiner Seele? Sam...