Fünfundzwanzig // Theres a possibility...

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Martijn und ich lagen auf der steinernden Ruine, er hielt meine Hand und wir blickten in die Sterne. Ich erzählte ihm quasi das selbe, was ich Luna in der Nacht erzählt hatte, aber viel realistischer, da er ja selbst dort war. Bloß, dass ich mit Robbert geschlafen habe verschwieg ich ihm aus irgendeinem Grund. Da war immerhin noch der Kuss mit Martijn und ich beschloss, ihn darauf anzusprechen. "Weißt du eigentlich noch, dass wir uns geküsst hatten vor den Toiletten in der letzten Nacht?" Martijn nickte, ich musste ihn garnicht anschauen, denn ich sah es im Augenwinkel. Dann verstummte ich erstmal, ich wusste nicht, ob da irgendwas zwischen uns war, was das Freunschaftslevel überschreitete. Dann rutschte er etwas näher zu mir heran und legte seinen Kopf schief. "Jackie, glaub mir, der Kuss war nicht einfach passiert aufgrund des Alkohols, er war vielleicht wirklich bewusst. Aber ich bin ja nicht blind, ich habe dich ja mit Robbert gesehen und ich wäre mit dir vielleicht schon längst zusammen, denn du bist nicht nur hübsch, sondern so talentiert." Dann blickte er wieder in den Himmel. Ich schluckte, weil er mir leid tat. Ich selbst wusste garnichts, ich empfand irgendwie auch was für Martijn, er war eben so liebevoll und bei ihm kann man sich so wohl fühlen. "Ach verdammt", murmelte ich meine Gedanken laut aus. "Robbert ist doch so ein Arsch und du? Du bist unbeschreiblich, du bist das glatte Gegenteil von ihm", redete ich weiter. "Jackie, ich will dich auf keinen Fall verlieren und wenn ich dich nur haben kann als Freundin, dann sollst du auch meine beste Freundin sein, verstehst du?" Marijn konnte sich so gut ausdrücken, als würde sein Herz sprechen. "Ich weiß nicht, was ich jetzt so getan hätte, ohne dich." Ich kuschelte mich auf seine Schulter und hätte da auch ewig liegen bleiben können. "Süße ich bin immer für dich da, ok?" Ich verstand trotz alledem nicht, was mich so besonders machte, dass er immer für mich da sein will. "Wieso? Weshalb bin ich so wichtig für dich?" Martijn schloss die Augen und atmete tief ein.
Ein paar Sekunden von tiefer Stille verstrichen derweile. "Jackie, meine Schwester ist bei einem Verkehrsunfall gestorben, du bist jemand, der mir zuhört , du gibst mir irgendwie unbewusst Hoffnung", sagte Martijn traurig. Ich hatte das schon im Gefühl, dass Martijn irgendwas mit sich rumträgt, was ihn belastet. Nun verstand ich ihn aber noch besser und schloss ihn in eine feste Umarmung. "Ich bin auch immer für dich da", flüsterte ich ihm ins Ohr.

Kurze Zeit später erzählte ich ihm, dass ich einen Track produziere und einen Sänger suche. "Wir finden einen für dich, glaub mir", sagte Martijn mir. Und dann erklärte ich ihm auch meine Familiensituation. Ich fühlte mich so sicher bei ihm, als würden wir uns schon endlos lange kennen. "Meine Mutter ist verrückt, irgendwie. Sie ist das glatte Gegenteil von mir. Sie hat einen neuen Freund seit ein paar Jahren, der sie scheinbar perfekt ergänzt und naja die beiden scheinen glücklich zu sein, auch wenn mich irh Freund nicht interessierte. Als wir essen waren gemeinsam, habe ich mich überwinden müssen, mit ihm zu reden, als würde ich ihn mögen, schließlich bin ich erwachsen und kein Teenager, der den neuen Stiefvater hassen würde." Ich holte tief Luft, um mich am Leben zu halten, nachdem ich redete wie ein Wasserfall. "Meinen richtigen Vater, tja den kenne ich nicht und ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob er mich überhaupt kennt. Meine Mutter soll sich von ihm getrennt haben, kurz nach meiner Geburt. Es gibt weder Bilder noch Kontaktinformationen von ihm. Ich habe meine Mutter oft auf ihn angesprochen, doch sie sagt immer es hätte nicht gepasst und ich bin ohne ihn viel besser dran. Und außerdem sieht sie mich immer noch als Psychologin oder als Ärztin und nicht als DJ." Martijn nickte nur, als würde er mich genau verstehen und warscheinlich tut er das auch. Er hat mein Vertrauen gewonnen und dafür bin ich ihm dankbar.

Martijn schaffte mich bis zur Tür meines Miethauses, weil er mich nicht alleine nach Hause lassen wollte. "Du kannst auch hier bleiben, schließlich musst du jetzt ja auch noch nach Hause", bot ich ihm an. "Ich weiß, aber du hast Uni morgen und ich hab auch wieder zahlreiche Termine, also ich schreib dir einfach, wenn ich zuhause bin, ja?" Martijn umarmt mich zum Abschied und ich drückte ihm einen Kuss auf die Wange. "War wirklich schön mit dir, Jackie. Bald mal wieder, ja?" "Sowieso." Dann ging er vom Haus weg und zurück blieb sein Schatten. Ich seufzte und drehte mich dann zur Tür, um diese zu öffnen. Als ich oben in meiner Wohnung war, ging ich auf dem Balkon, um noch eine zu rauchen. Das tat ich immer, wenn ich etwas zu verabeiten habe. Ich fragte mich, während ich den Rauch gen Sternenhimmel bließ, was Robbert gerade tat. Ehrlich gesagt, sehnte ich mich so sehr nach ihm, ich sehnte mich so sehr nach Tomorrowland und nach allem, was ich da erlebte.

Am nächsten Nachmittag, nach einem furchtbar tristlosen Unitag, kam ich nach Hause. Es war kalt draußen, fast schon eisig, der Sommer ist irgendwie so leise und schnell gegangen. So wie Robbert es tat. Ich machte mir einen heißen Tee zum Aufwärmen, nahm meine rosa Kuscheldecke und setzte mich in meinen Sessel, direkt vorm Fenster. Emotionslos starrte ich hinaus, beobachtete die Wolken, Vögel, die zu ihrer großen Reise in den Süden aufbrechen und das Leben, das zog einfach an mir vorbei. Es hinterließ einfach keine Spuren mehr, so ging das Tag ein, Tag aus. Ehrlich gesagt, erinnerte mich das stark an Bella von Twilight, doch jetzt konnte ich es erst recht nachvollziehen. In meinem Kopf spielte sich die ganze Zeit die Melodie von Possibility ab. Alles was ich gerade wollte, war vor dem Fenster sitzen, weil mich ein Mensch verlassen hatte, den ich ziemlich gerne hatte.

Meinen Blog hatte ich nun schon fast mit ausschließlich Songzitaten gefüllt, die meist nur Trauer und Gefühlslosigkeit ausdrückten. Und immer musste ich daran denken, wie ich schonmal traurig war:

Vor langer Zeit, als ich noch 16 Jahre alt war, da ritt mich meine Mutter und alles andere in die Depression. Ich wünschte mir nichts sehnlicheres, als abends ins Bett zu gehen, um morgens nicht mehr aufzuwachen. Alle setzten so viel Druck auf mich, wovon ich nicht gerade wenig ertragen musste. Hauptsache ich erbrachte gute Leistungen. Und dann verließ mich auch noch David, mein ach so toller Exfreund.

Ich fühlte mich mit der Zeit so schlecht, dass ich garnicht mehr wusste, welcher Wochentag nun ist. Ich traf mich gelegentlich mit Martijn, der mich immer für den Moment aufheitern konnte, er hatte sogar einen Sänger für mich engagiert, der auch ziemlich bekannt ist. Es war immerhin Jonathan Mendelssohn und kurz darauf, nahm ich auch schon in Martijn Studio den Gesang auf, den ich mir für ihn überlegt habe. Martijn half mir immer dabei und sein Haus und Studio war wirklich ansehnlich, dass ich, als ich das erste Mal bei ihm war, quer und quietschend durch sein Haus rannte. Natürlich hatte ich vorher ordentlich Wein intus, aber schließlich verfolgte mich der böse Martijn. Der Track ging also voran, schließlich drückte er ja auch nur mein Gefühl aus, in ihm wurde genau das beschrieben, was mein Herz denkt. Und ich? Ich hockte gerade wirklich nur hier vorm Fenster und starre vor mich hin. Wie kann Hardwell mir so weh getan haben und wie lang soll das jetzt nun gehen?

Just Jackie's weird WorldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt