Zweiunddreißig // Zwischen Hass und Liebe

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Mit leichten Kopfschmerzen blinzelte ich mehrmals und blickte in zwei Lichter. Oder waren es Augen?

"Was ist.." Weiter kam ich nicht, da ich ein Grummeln von mir gab, was scheinbar als Ausdruck für die Schmerzen im Kopf diente. Dann besinnte ich mich vollständig und blickte in die Augen von Robbert. Ich seufzte, vielleicht weil Robbert so gut aussah und ich ihn gerne zu mir runtergezogen hätte, um ihn zu küssen. Aber ich fragte ihn stattdessen etwas viel wichtigeres: "Wie viele Jahre sind schon vergangen, seitdem ich bewusstlos war?" Ich unterlegte dies auch noch mit einer dramatischen Stimme. Ich war früher in der 5. Klasse sogar mal in der Theater-AG, wurde aber aus unerklärlichen Gründen darum gebeten, sie wieder zu verlassen. Ich wusste bis heute noch nicht, wieso, ich war eigentlich ganz gut - dachte ich jedenfalls.

"Zwei Minuten", gab Robbert als Antwort und ich verzog das Gesicht. Vielleicht hatte es doch Gründe, wieso ich aus der Theater-AG geworfen wurde. "Oh, du hast ja scheinbar auch nicht gealtert. Oder Arschlöcher haben die besondere Gabe, nicht zu altern. Damit sie für immer jung und gut aussehen, um Frauen jederzeit das Herz brechen können", faselte ich. Ich war wirklich nicht zu Schaden gekommen, sonst hätte ich diesen coolen Satz nie aussprechen können.

"Du bist mit deinem Hinterkopf an den kleinen Tisch hinter dir geknallt", lächelte mich Robbert an. Ich fand es jedoch garnicht lustig, dass er meinen schweren Unfall als Ablenkung nutzte, um der Feststellung Arschloch auszuweichen. Wieder seufzte ich und setzte mich auf. "Das ist alles nur deine Schuld", redete ich weiter, während ich mit leichten Schwankungen vom Boden aufstand. Nur gut, dass Robbert der Wundermann mich stütze.

"Vielleicht ist es auch nur Karma, dafür dass du mir vorhin eine geklatscht hast. Willst du dich erstmal ausruhen?", fragte er besorgt. "Nein, es geht mir gut. Karma von wegen! Aber erzähl mir doch nochmal was von Tomorrowland?" Hardwell blickte mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Mir ging es natürlich nicht gut. 1. hatte ich wahnsinnige Kopfschmerzen am Hinterkopf, was wahrscheinlich auf eine riesige Beule hinauslaufen wird und 2. musste ich ja immer vor Robbert Schwäche zeigen und einfach mal umfallen.

"Einfach mal umfallen ist der neue Trend! Probiert es aus! (Ich übernehme keine Haftung)"

"Also dass du ohnmächtig geworden bist, würde ich ja so deuten, dass du davon begeistert bist, oder?" Ich musste erst einmal meine Gedanken wieder koordinieren, damit ich auch realisieren konnte, dass der Lackaffe mich vor meinem schweren Unfall zu Tomorrowland dieses Jahr eingeladen hat. Als DJ. Und daraufhin, als ich es nun endlich begriffen hatte, weiteten sich meine Augen und ich lächelte Robbert wie verrückt an. Das ich Robbert so schnell wieder ein Lächeln schenken würde, hätte ich ja selbst nicht erwartet.

Da stand er eben nun. In meiner kleinen Wohung stand ein wirklich gut gebauter Mann, der eigentlich ein Weltstar war. Und ich wollte mir wirklich eingestehen, dass ich böse auf diesen Mann war? Ich legte meinen Kopf etwas schräg, während ich immer noch ein kleines Lächeln auf meine Lippen zauberte. "Ich habe mich von Sharon getrennt", sagte er dann einfach monoton. Mein Lächeln verschwand und ich nickte langsam. Da sie ja scheinbar wirklich nichts für ihn bedeutet hat, würde ich auch nicht sagen, dass es mir leid tut. Aber ich tat es trotzdem: "Hm, tut mir leid." Robbert verdrehte die Augen, obwohl ich felsenfest davon überzeugt war, dass ich es wirklich ernst herübergebracht habe. "Jackie du weißt, dass mir nie was an ihr lag. Es gibt nur eine, die mich wirklich beeindruckt und mich interessiert", sagte er. Ich musste mich sichtlich beherrschen, nicht völlig los zu prusten. So tiefsinnige Worte vom Arschloch zu hören, das ist ja fast schon wieder filmreif. Aber das unsere Geschichte ja ohnehin filmreif wäre, ist ja längst schon bekannt. "Na dann, viel Glück mit ihr", sagte ich ironisch. Auch wenn ich sogar eine winzig kleine Sekunde darüber nachgedacht habe, dass er vielleicht wirklich jemand anderes meinte.

"Du weißt, dass mir wirklich was an dir liegt. Du bringst mich immer wieder um den Verstand, oder glaubst du, du bist immer noch eine Bettgeschichte? Wieso glaubst du nicht an uns?"

Ich musste schlucken, als Robbert seinen Satz beendete. Ich hätte garnicht erwartet, dass er so offen mit mir redete. Und vorallem, hatte er gerade uns gesagt? Uns ist quasi das gleiche Personalpronomen wie wir. Hatte Robbert van de Corput tatsächlich von einem wir gesprochen? Das brachte mich zum schmunzeln.

Aber, eine mögliche Beziehung, die wäre mehr als kompliziert, schließlich wollte ich doch als DJ durchstarten und er ist bereits an der Weltspitze, wie soll da das Zusammenleben funktionieren? "Denkst du nicht, dass es kompliziert wäre? Ich meine, du DJ, ich bald auch?", faselte ich leise. Er nahm sanft mein Kinn, worauhin ich das Gefühl von Liebe spürte. "Es war schon ein Abenteuer, wie wir uns kennen gelernt haben. Es wird also auch immer ein Abenteuer bleiben", gab er mir als Antwort. Daraufhin verspürte ich aber, wie mich der Hass durchströmte. Ich erinnerte mich, wie ich monatelang wegen ihm depressiv verstimmt am Fenster saß, wie er mich stehen lassen hat. Das alles war ein Abenteuer? Ich wollte doch nur, ganz im Innersten meines Herzen, mit Robbert unendlich lang tanzen und das Leben in seinen gesamten Zügen erleben. Es war, als stände ich zwischen Hass und Liebe. Und ich hoffte, dass das Letztere die Oberhand übernahm.

Ich nickte nur zustimmend, ohne etwas zu erwidern. "Ist schon spät, ich muss los. Ich habe gehört, am Samstag ist dein erster Auftritt in einem Club. Misch die Leute gut auf, mach dir einen Namen in den Clubs von Amsterdam", befahl er. Dann ging er zur Tür und bedeutete, zu gehen. "Tja, danke für deinen Besuch", sagte ich. Der Lackaffe nickte und drehte sich zunächst um.

 "Ach und, kühl deinen Kopf", sagte er noch schnell zu mir gewand. Er musterte meine Augen und kam mir wieder etwas näher, sodass ich seinen warmen Atem spürte. "Was machst du nur mit mir, Jackie Quin?", fragte er rhetorisch und berührte dann ganz zart meine Lippen.

Das fragte ich mich auch, was er mit mir machte.

Dann ging er ganz cool den Treppen hinunter und verschwand. Ich blieb noch eine Weile an der Tür stehen und blickte ins leere Treppenhaus. Langsam gewöhnte ich mich wirklich daran und empfand die Begegnungen als normal. Aber es ist schon verrückt, das mit mir und Robbert. Ich wusste vorallem nicht, was ich damit anfangen sollte, das er was von Heiratsantrag und noch nicht redetete. Aber noch mehr wusste ich nichts damit anzufangen, wie wir jetzt miteinander verblieben. Waren wir jetzt sowas wie eine Freundschaft +, oder vielmehr schon in einer Beziehung? Seufzend, doch zugleich lächelnd verschwand ich hinter der Tür und nahm mir ein Kühlakku. Dann legte ich mich ins Bett und stellte mir vor, wie ich neben ihm auf und ab hüpfte, wenn ich auf der Stage von Tomorrowland  stand. Doch zuerst konzentrierte ich mich auf die Auftritte in den Clubs von Amsterdam.

"Wenn du durch die Hölle gehst, geh weiter. Du wirst irgendwann im Licht ankommen. und stehen bleiben."

Just Jackie's weird WorldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt