5. Kapitel

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H O P E

Es war einer der schönen Tage im Dezember. Die Sonne kroch hinter den schneebedeckten Wolken hervor und strahlte in ihren hellsten Farben. Der Schnee glitzerte und es sah wie in einem Wintermärchen aus, als ich den kleinen Park der Stadt überquerte. Der See war zugefroren und die Wiesen, Bäume und Gehwege waren mit einer dicken Schneeschicht bedeckt. Ich beobachtete beim Vorbeilaufen die Kinder, die auf der Wiese Schneemänner bauten oder sich im Schnee wälzten, mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. Einen Moment lang traten Erinnerungen meiner Kindheit hervor, wie ich stundenlang auf der Straße verbracht hatte, wenn es geschneit hatte, um dort Schneemänner zu bauen, Schneeengel zu formen und die vom Himmel fallenden Schneeflocken mit der Zunge aufzufangen. Der Schnee hatte mich schon immer fasziniert und war eines der schönsten Dinge im Winter.

Zurück im Stadtinneren mischte ich mich unter die hektische Menge, der es nicht schnell genug gehen konnte. Mit Taschen und Tüten bepackt quetschten sie sich an den anderen Passanten vorbei und gaben dabei nicht einmal Acht auf die anderen. Einer älteren Frau fiel das Handy aus den Händen, als ein Mann sie beim Vorbeigehen rempelte. Er entschuldigte sich nicht einmal, sondern folgte der hektischen Menge. Ich schüttelte den Kopf über die Unfreundlichkeit mancher Menschen. Ich steckte meine Hände in die Taschen meines Mantels, weil sie fast zu Eis gefroren – so kalt war es trotz Sonne.

Ich überquerte die befahrene Straße an einem Zebrastreifen und kassierte sogleich einen genervten Blick des Autofahrers, der wegen mir anhalten musste. Ich ignorierte die finsteren Blicke und betrat kurze Zeit später das Cafè, in dem ich mich gleich mit Damian treffen würde. Ich freute mich so unendlich sehr, ihn nach Wochen wiedersehen zu können. Durch unseren Job konnten wir uns nicht mehr so oft treffen wie damals, und ich spürte jeden Tag, an dem wir uns nicht sahen, wie wir lernten, ohne einander auszukommen. Ich hatte schon befürchtet, dass er mich ganz aus seinem Leben gestrichen hatte, als wir uns vier Wochen lang nicht gesehen haben und er sich auch nicht bei mir gemeldet hatte. Umso glücklicher war ich darüber, als er mich überraschenderweise angerufen und nach einem Treffen gefragt hatte. Doch das lag auch schon wieder eine Woche hinter uns, weswegen ich es kaum erwarten konnte, ihn wiederzusehen. Anderseits trug ich ein mulmiges Gefühl bei mir. Würden wir genauso gut ins Gespräch kommen wie sonst auch? Und würde er mich über mein gestriges Date ausfragen? Momentan wollte ich über die jetzige Situation meines Liebeslebens nicht sprechen, und ich hoffte, er würde das verstehen. Ich hatte da jedoch meine Zweifel . . .

Die Klingel über der Tür des Cafès ertönte, als ich diese öffnete. Sofort kam mir der Geruch von frischem Kaffee und Kuchen entgegen, den ich genüsslich einatmete. Eine angenehme Wärme traf auf meinen durchgefrorenen Körper, die sich jedoch im ersten Moment auf meinem kalten Gesicht und Händen wie kleine Nadelstiche anfühlten.

Mein Blick wanderte durch den Raum, doch ich konnte an keinem Platz Damian sitzen sehen. Demnach suchte ich einen Tisch für uns und wählte dabei unseren Stammplatz am Schaufenster. Hier saßen wir oft nach der High School und haben uns stundenlang unterhalten. Es waren schöne Tage, die ich keinesfalls missen möchte.

Sich an diese Momente zurückzuerinnern war schön, aber mit ihnen kamen auch die Erinnerungen an Adam. Sie hinterließen ein kleines Stechen in meiner linken Brust. Ich mied es, an das Haus seiner Eltern oder an der High School vorbeizulaufen, denn das verkraftete mein Herz nicht. Nicht kurz nach unserer Trennung und selbst nach all den vielen Jahren nicht. Es wird besser, Tag für Tag, aber verschwinden wird dieses Gefühl, unvollkommen zu sein, niemals. Mein Leben und ich selbst wären erst vollkommen, wenn er zurückkommen und nicht mehr von meiner Seite weichen würde.

»Was kann ich dir bringen?« Mein Kopf schnellte zur Seite und ein überraschter Ausdruck legte sich über mein Gesicht. Vor mir stand tatsächlich Scott.

Adam & HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt