34. Kapitel

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A D A M

Gleich nach dem Frühstück stieg ich ins Auto und fuhr in die Stadt. Ich war noch etwas früh dran, denn Jonas und ich hatten uns erst etwas später verabredet, aber zuhause hatte ich es keine Sekunde länger ausgehalten. Meine Eltern waren nicht besonders begeistert von der Trennung - besonders Dad, der mich schnellstmöglich verheiratet sehen wollte, weil es sich für Menschen in hohen Positionen so gehörte - und deshalb legte sich am Frühstückstisch auch eine unangenehme Spannung zwischen uns. Bevor sie jedoch einen ellenlangen Vortrag halten konnten, hatte ich den letzten Bissen meines Brötchens genommen und war aufgestanden, um zu flüchten. Ich wollte mir von ihnen nicht länger in mein Leben reinreden lassen, aber nach allem hatte ich auch keine Kraft für Diskussionen mit meinen Eltern.

Auf dem Weg zu unserem Treffpunkt machte ich noch einen Zwischenstopp bei dem kleinen Geschäft am Straßenrand. Ich hatte noch etwas Wichtiges zu erledigen. Den Verlobungsring loszuwerden. Da sich die Sache mit Tessa nun endgültig erledigt hatte, brauchte und wollte ich diesen nicht mehr bei mir tragen, weswegen ich ihn dort zurückgab. Der ältere Mann hinter dem Tresen warf mir einen mitleidigen Blick zu, aber dafür gab es keinen Grund. Ich war cool damit und um ehrlich zu sein, fühlte es sich sogar befreiend an, diesen Ring herzugeben.

Vor dem Café schwand jedoch diese Lockerheit und ich spürte, wie sich mit der Zeit meine Muskeln anspannten. Allein der Anblick dieses Gebäudes erinnerte mich schmerzlich an Hope, weil es ihr Lieblingsort war, an dem sie sich damals gefühlt jeden zweiten Nachmittag mit Damian aufgehalten hatte. Wieso musste Jonas auch ausgerechnet diesen Ort auswählen?

Ich versuchte, das alles nicht zu nahe an mich heranzulassen, schluckte den Schmerz und den dicken Kloß, der sich wieder einmal in meinem Hals gebildet hatte, herunter und betrat dennoch mit einem mulmigen Gefühl das Café. Wenn ich Hope hier antreffen würde, wüsste ich nicht, wie ich mich ihr gegenüber verhalten sollte. Mit jedem weiteren Treffen wurde unsere Situation nur noch verzwickter und komplizierter. Mittlerweile wusste ich gar nicht mehr, wie ich denken sollte. Anfang hatte sie sich jeder Näherung gewehrt, ist mir aus dem Weg gegangen und hatte mich von sich gestoßen, aber gestern, da war sie ganz anders, hatte regelrecht meine Nähe gesucht und hatte sich auch nicht gescheut, mich in die Arme zu nehmen. Was hatte das zu bedeuten?

Die Klingel über mir ertönte und mir stieg sofort der Geruch von Kaffee in die Nase. Eine angenehme Wärme umhüllte meinen Körper. Ich erwischte mich dabei, wie ich nicht nur nach Jonas, sondern auch nach Hope Ausschau hielt. Ich atmete erleichtert aus, als ich sie nirgends und besonders nicht an ihrem Stammplatz ausfindig machen konnte. Auch wenn sich mein Herz nichts sehnlicher wünschte, als sie wiederzusehen, war es vermutlich besser so.

Ich schüttelte den Gedanken an sie ab und löste mich aus meiner Starre, bevor es noch vor den anderen Gästen komisch herüberkam, wieso ich so lange auf einer Stelle verweilte, anstatt mich einfach an einen der freien Tische zu setzen. Da Jonas ebenfalls nicht hier war, suchte ich uns einen Platz aus und wählte dabei unbewusst den Tisch aus, an dem Hope immer saß. Ihr Stammplatz. Ich realisierte das erst, als ich bereits auf ihrem Stuhl saß und durch das Schaufenster nach draußen sah, zu der Stelle, wo ich damals gestanden war und sie gesehen hatte, wie sie mit Damian sorglos lachte, als gebe es diese Probleme nicht, mit denen sie sich jeden Tag aus Neue in der High School stellen musste. Ich hatte sie damals bewundert, wie stark und vor allem wie wunderschön sie mit diesem Lachen war, und ich könnte mich heute noch dafür ohrfeigen, dass ich viel zu spät bemerkt hatte, wie toll sie war und dass sie es in keinster Weise verdient hatte, von meinen Freunden und mir so behandelt zu werden. Das hatte keiner verdient und sie ganz besonders nicht.

»Hey, Kumpel« Ich drehte meinen Kopf zur anderen Seite, wo sich Jonas befand. Wir begrüßten uns mit einem Handschlag, dann setzte er sich auf den freien Stuhl mir gegenüber. »Wie geht's dir?«

Adam & HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt