14. Kapitel

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A D A M

Es klopfte an der Tür. So wild, dass es mich unsanft aus dem Schlaf holte. Ich blinzelte ein paar Mal, um mich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen, bevor ich einen Blick auf den kleinen Wecker neben mir warf.

Ich stöhnte auf. Es war gerade einmal halb acht und jemand hatte nichts Besseres zu tun, als an meine Zimmertür zu klopfen?

Tessa schlummerte weiter. Sie drehte ihren Oberkörper bloß in meine Richtung, legte einen Arm auf meinem Bauch ab und murmelte etwas Unverständliches vor sich hin. Ich rollte mit den Augen und versuchte mich dann wieder aus ihren Fängen zu befreien. Ich umfasste ihren Arm und schob ihn von mir, bevor ich meine Beine über die Bettkante schwang und im Halbschlaf zur Tür trottete, an der immer noch ununterbrochen geklopft wird. Als ich diese aufriss, sah ich Maddy vor mir stehen. Ihre Hand schwebte in der Luft, weil sie eigentlich vorgehabt hatte, ein weiteres Mal anzuklopfen. Das lange Haar war zu einem unordentlich Dutt zusammengebunden und ihr schlanker Körper steckte in einem weiten Shirt und kurzen Shorts. Ihre Mundwinkel bildeten ein kleines Lächeln, doch dann wanderte ihr Blick von meinem Gesicht zu meinem Oberkörper und sie stöhnte.

»Oh man, hast du in all den Jahren immer noch nicht gelernt, dir etwas anzuziehen?«

»Was willst du?« fragte ich bloß und lehnte mich mit dem Ellbogen und Unterarm gegen die schmale Innenseite der Tür, während meine andere Hand auf dem Türrahmen lag.

»Wir müssen den Baum schmücken« antwortete sie und deutete mit ihrem Finger hinter sich zur Treppe, die nach unten ins Wohnzimmer führte.

»Um halb acht?«

»Das haben wir als Kinder jedes Jahr früh morgens gemacht« verteidigte sie ihren Vorschlag. Ich erinnerte mich an die Jahre, als wir als Kinder noch völlig aufgeregt durch die Wohnung hüpften, weil wir es nicht mehr abwarten konnten, dass Santa Claus kam und unsere Geschenke brachte. Ein Lächeln huschte über mein müdes Gesicht.

»Okay, aber gib mir wenigstens fünf Minuten« murmelte ich nachgebend. Sie löste ihre verschränkten Arme und nickte einverstanden.

»Fünf Minuten. Keine Sekunde länger«

Nach diesen Worten hatte ich mich im Badezimmer so schnell beeilt, dass ich wirklich keine Sekunde zu spät kam. Ich hatte noch nie so schnell geduscht wie heute. Ich schlüpfte schleunigst in ein T-Shirt und behielt die Jogginghose an, bevor ich dann ins Wohnzimmer ging. Tessa ließ ich weiterschlafen. So hatte ich Ruhe vor ihrer Nähe und ihrer Anhänglichkeit.

Maddy hatte bereits alle Kisten mit Weihnachtsschmuck aus dem Keller nach oben getragen und im Wohnzimmer abgestellt. Sie wischte den Staub ab und öffnete voller Vorfreude die einzelnen Deckel.

»Dann machen wir uns mal an die Arbeit« meinte ich und zog damit ihre Aufmerksamkeit kurz auf mich. Sie nickte eifrig, bevor sie sogleich eine Lichterkette herausfischte und sie mit meiner Hilfe um den großen Tannenbaum in unserem Wohnzimmer legte. Danach machten wir uns an die Arbeit, verschiedene Kugeln, Sterne und weitere Anhänger an die Tannen zu hängen. Die Arbeit tat mir gut. Ich dachte nicht an meine missliche Lage oder an Hope, obwohl ich ihr wahrscheinlich wieder so nahe war, wie schon lange nicht mehr. Schließlich hielten wir uns seit Jahren wieder in der gleichen Stadt auf und es war nur eine Frage der Zeit, bis wir uns das erste Mal wieder über den Weg laufen.

Zwischen Maddy und mir herrschte vorerst reges Schweigen. Wir hörten nichts weiter als unsere eigenen Gedanken. Alle anderen in diesem Haus schienen weiterhin zu schlafen. Weder Tessa noch Nick oder meine Eltern mischten sich unter uns. Ich betrachtete meine Schwester von der Seite, als ich mich daran machte, eine weitere Weihnachtsbaumkugel an irgendeine freie Tanne zu hängen. Sie hat sich in den Jahren verändert. Sie ist erwachsener geworden, doch ein Teil des Kindseins lebte in ihr weiter. Ihr langes welliges Haar wippte hin und her, als sie sich schwungvoll umdrehte und auf eine der Kisten zulief.

Adam & HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt