-Kapitel 7-

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**Celine's POV**

Unbeholfen schmiss ich mich auf mein Bett, welches mit blauer Bettwäsche bezogen war und atmete seit einer langen Zeit erst mal richtig aus.

Leise hörte ich den Regen, der an mein Fenster plätscherte. War es Zufall dass wir uns ständig begegneten? Völlig entgeistert realisierte ich, dass ich tatsächlich Interesse an einem Jungen hatte.

Einen echten Jungen der nicht nur in meinen Fantasien lebte und meinen sogenannten Prinz Charming darstellte. Jedoch gehörte er zu den unwichtigen Sachen, welche ich so schnell wie möglich verdrängen sollte.

Er kannte schließlich nicht einmal meinen Namen. Es war nicht schwer zu erkennen zu welcher Sorte von Jungen er gehörte.

Unerreichbar...So würde ich es zu mindestens beschreiben.

Ich hob meinen Kopf und erblickte sogleich das kleine silberne Buch welches mich vom Schreibtisch aus her anlächelte.

„Na mein alter Freund. Es wird definitiv Zeit, dass wir mal wieder miteinander reden."

Mit dem Fakt zu ignorieren, dass ich gerade tatsächlich mit einem Gegenstand geredet habe, sprang ich von meinem Bett auf und setzte mich auf den schwarzen Lederstuhl.

Ich wusste nicht genau, wieso ich ganz aus der Kälte auf einmal das Verlangen hatte wieder in meinem Tagebuch zu schreiben. Es sind gefühlte Jahrzehnte Vergangen, als ich es zuletzt benutzt hatte.

Um genauer zu sein der 11.04.2013. Ein Tag vor Mutters Verschwinden. Man konnte sagen, dass ich den kompletten Ablauf des Tages verdrängt hatte und mich somit an nichts erinnern konnte.

Ohne genauer den Eintrag zu inspizieren blätterte ich auf die nächste freie Seite und fing an über meinen Schultag zu berichten. Es war leichter als gedacht meine Gedanken und Gefühle niederzuschreiben.

Mir war bewusst, dass sehr unschöne Sachen Inhalt dieses Tagebuchs waren. Sachen, welche ich wahrscheinlich nie wieder nachlesen werde. Rausreißen und verbrennen wäre auch eine Option aber dafür war mir das süße kleine Buch zu schade.

„Chan.."

Auch wenn ich es nicht zugeben wollte. Er war der einzige an den ich gerade denken konnte. Doch hatte ich mich in ihn oder in das Klavierspiel verguckt?

Wer genau war eigentlich diese Person, welche sich 'Bang Chan' nennt? Im Prinzip haben wir nur 2 Sätze miteinander gewechselt. Ein kurzer Blick nach unten verriet mir, dass meine Tagebuchseite bereits vollgeschrieben ist.

**Chan's POV**

Eindeutig viel zu früh stand ich vor dem kaputten grauen Gebäude. Unsicher ob ich meinen Weg fortsetzen sollte, stand ich an der Straße gegenüber meinem sogenannten 'Zuhauses'.

Um ehrlich zu sein hatte ich gehofft mich so sehr zu verlaufen, dass ich niemals an diesem grässlichen Ort ankommen würde. Ich malte mir bereits die wildesten Fantasien aus, wer oder was mich wieder im Wohnzimmer erwarten würde.

Ich kenne meinen Vater mittlerweile gut genug um zu wissen, dass er bereits eine Neue aufgerissen haben muss. Wenn er Glück hatte, war es diesmal keine Prostituierte, die er im letztem Eck aufgegabelt hatte.

Mit dem Ziel einfach direkt in mein Zimmer zu laufen, ging ich über die Straße und sogleich die Treppen hoch zum Appartement, wenn man das überhaupt als eins bezeichnen konnte.

Wie für gewöhnlich war die Tür bereits offen, sowie es bei unserem alten Haus auch oft der Fall war. Wenn jemand einbrechen würde, würde er sowieso nichts wertvolles finden.

Der furchtbare Geruch von Nikotin stieg mir in die Nase, sodass ich fast nicht mehr richtig atmen konnte.

„Chan!"

Verdammt sie haben meine Anwesenheit bemerkt.

Ohne eine andere Wahl schlich ich Richtung Wohnzimmer und lehnte mich am Türrahmen an. Tatsächlich befand sich heute keine Frau an seiner Seite. Ich sah nur einen abgemagerten alten Mann, der umringt von Vodka und anderen Glasflaschen war.

In seinen Mund steckten zwei glühende Zigaretten. Ich räusperte mich leise um ihn zu signalisieren, dass ich nun seinen Worten zuhören konnte.

„Sei so gut und kauf mir noch eine Schachtel Zigaretten unten an der Tankstelle."

Danach setzte sein gewöhnliches Husten ein. Ich warte immer noch sehnsüchtig auf den Tag bis er an seinen Husten verreckte. Aber dies laut auszusprechen wäre mein persönliches Todesurteil.

Mein Vater ist seit knapp 3 Jahren Alkoholiker mit keiner Tendenz der Besserung.

„Ich muss meine Hausaufgaben machen. Ich werde sie später kaufen gehen."

Keine Antwort kam aus seinem Mund. Er setzte nur wieder seine Zigarette an und inhalierte kräftig den Rauch.

„Was stehst du denn noch da! Geh deine Aufgaben machen und beeil dich gefälligst!"

Nicht wirklich schockiert über seine Worte drehte ich mich um und öffnete die gegenüberliegende Tür, welche zu meinem kleinen Zimmer führte.

Ich machte drei große Schritte um über die Unzugskartons zu steigen. Wie zu erwarten hatte Vater sich nicht um den Aufbau der verschiedenen Räume gekümmert.

Ich setzte mich auf das kleine Ausklappbett, auf welchem ich die letzten zwei Nächte geschlafen habe und richtete meinen Blick Richtung Wand. Ein kleines Bild hing schräg von der Wand herunter.

Fünft lächelnde Personen waren auf dem alten Photo abgebildet. Es ist wahrscheinlich der wertvollste Gegenstand den ich besaß und jemals besitzen werde. Doch aus dem kleinen Hoffnungsschimmer entwickelte sich schnell wieder die zuvor herrschende Traurigkeit.

„Warum hast du mich mit diesen Junkie allein gelassen? Ich bin doch nur derjenige der dafür sorgen muss, dass er sich nicht umbringt."

Voller Hoffnung sprach ich zu dem Bild nur um wieder fünf lächelnde Gesichter als Antwort zu bekommen.

"Er schafft es alleine nicht und das weißt du genau. Bitte bleib bei ihm"

,schwirrten mir die Worte miner Mutter durch den Kopf.

Sie hatte recht.

Er war hoffnungslos ohne mich und, weil er es nicht einmal ertragen konnte im selben Land zu leben wie meine Mutter, stehe ich nun hier, in seiner Geburtsstadt Seoul, in einer Wohnung mit sehr geringen Mietkosten.

Jedoch konnte das nicht der einzige Grund sein, warum wir uns in Südkorea befanden. Wahrscheinlich kann er hier am besten seine Drogen verticken.

Vielleicht wird er endlich mal bei seinen Schandtaten erwischt und kommt in den Knast. Man könnte sagen, dass ich diesen Menschen aus tiefster Seele hasste.

Ja zum einen hatte er mir das Leben geschenkt, aber nie existiert zu haben wäre wahrscheinlich die bessere Option gewesen als dass man jetzt einen kranken Alkoholiker seinen Stoff besorgen musste.

Die Hausaufgaben waren nur eine erfundene Ausrede, um mich wenigstens für ein paar Minuten ausruhen zu können. Nachdem ich meinen letzten Gedanken beendet hatte, schlief ich augenblicklich ein.

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