31. Dezember 2015Es war nach sieben Uhr abends, als ich eine Nachricht von Jace bekam. Meine Nummer hatte ich ihm noch vor Weihnachten gegeben. Seitdem war Funkstille gewesen. Jetzt schrieb er, dass er mich in einer Stunde abholen und zu einer Silvesterfeier mitnehmen wollte. Offenbar stimmte, was er über seine Familie erzählte, sonst würde er diesen besonderen Tag bestimmt zu Hause verbringen wollen. Nach einem prüfenden Blick in die Küche, wo meine Mom seit Stunden ein Festmahl zubereitete, schrieb ich Jace zurück.
Ich kann nicht. Tut mir leid.
„Wurdest du eingeladen?" Dad kam lächelnd auf mich zu. Konnte er Gedanken lesen?
„Nein, das ... war nur Vicky. Ich soll euch grüßen.", log ich und bemühte mich ebenfalls um ein Lächeln. Dad sagte, ich solle Vicky auch von ihm grüßen, und stellte sich neben mich vor den Glaseinsatz in unserer Haustür.
Schweigend betrachteten wir die vielen Lichter, mit denen unsere Straße geschmückt worden war. Von gegenüber schaute uns ein Santa Claus in rot-weißem Mantel an. Bei jedem Windzug bewegten sich seine luftgefüllten Plastikarme. In dem Haus daneben glitzerten Lichterketten in den unterschiedlichsten Farben am Tannenbaum, den wir durch die Sprossenfenster sehen konnten. Im Garten prangte ein Krippenspiel in menschlicher Größe, und übertrumpfte wie jedes Jahr unsere spärliche Dekoration. Früher hatte sich Dad einen riesengroßen Spaß daraus gemacht, unser Haus festlich zu schmücken und sich einen regelrechten Wettkampf mit unseren Nachbarn zu liefern, aber da Mom's Familie aus Europa kommt, kam das irgendwann nicht mehr infrage. Mein Leben lang hatte ich fest daran geglaubt, eine Beziehung müsste ein Plus darstellen, kein Minus, durch das man ständig eingeschränkt wurde. Zumindest war meine Definition von Glück, dass ich es teilen konnte. Ich wollte gemeinsam lachen, Arm in Arm weinen und niemals aufhören zu genießen. Aber vermutlich kamen die weniger schönen Momente nicht nach einer ausführlich diskutierten Entscheidung, sondern schlichen sich langsam in den Alltag ein. Also wie sollte ich ihnen entfliehen?
Dad legte einen Arm um mich und platzierte seine Hand auf meiner Schulter. Ich konnte noch die Farbe riechen mit der er vorhin gemalt hatte, und ich erkannte ausgewaschene Flecken auf seiner, durch den Winter, merklich blasseren Haut.
„James, bist du da?", rief Mom aus der Küche.
„Ja, Schatz. Ich komme gleich." Er drehte den Kopf in ihre Richtung, ehe er mich noch einmal fest an sich drückte und mich liebevoll anlächelte. „Triff dich doch spontan mit Vicky oder unternimm etwas mit anderen Freunden. Es ist Silvester."
„Mom hat den ganzen Nachmittag gekocht, da—"
„Bella", unterbrach mich Dad. „Wir haben einen Kühlschrank, in den wir die Reste stellen können. Außerdem hat deine Mom wahrscheinlich sowieso wieder für eine ganze Footballmannschaft gekocht, von daher wird es auch nicht auf die Anzahl derer, die am Tisch sitzen, ankommen. Mach dir keine Sorgen."
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Einhundert Meilen von dir entfernt
Novela JuvenilBella fällt es schwer, ihren Schwarm Ethan für sich zu gewinnen. Jace soll die zehnte Klasse wiederholen. So entsteht ein einfaches Tauschgeschäft. Doch kann das wirklich gut gehen? © lostinthedawn Alle Rechte vorbehalten