Dezember 2015Ich war froh, als die Mittagspause begann. Viel länger hätte ich es nicht im Unterricht ausgehalten. Andauernd hatte ich an Ethan denken müssen und an den peinlichen Vorfall von vorhin. Das einzig Gute an der Situation war erstaunlicherweise genau das, was ich immer hatte ändern wollen: Meine Unscheinbarkeit. Heute war sie meine Superkraft und half mir erstaunlich gut dabei, nicht das Gesprächsthema Nummer eins an unserer kleinen Highschool zu werden.
„Hey" Vicky steuerte auf mich zu. Ihre Locken wippten auf und ab, und aus ihrer Tasche ragten die weißen Sportschuhe heraus.
„Ich dachte, du nimmst keine extra Schuhe mit?", begrüßte ich Vicky, als wir uns am Eingang der Cafeteria trafen.
„Bei so viel Schnee bleibt mir nichts anderes übrig. Hoffentlich kommt der Sommer schneller als gedacht, dann bemerkt kein Lehrer mehr, dass ich mit Straßenschuhen in die Sporthalle gehe." Vicky umarmte mich kurz, bevor ihr unruhiger Blick zu der Schlange an Schülerin schweifte, die sich bereits vor der Essensausgabe gebildet hatte. „Willst du Pläne in Sachen Ethan schmieden oder ... Pizza essen?"
„So frustriert wie ich aussehe, fragst du noch?", witzelte ich.
Vicky stieß mir freundschaftlich den Ellbogen in die Seite und ließ ihren fachmännischen Blick über meine dunkelblonden Haare gleiten, die ich zurückgebunden in einem einfachen Zopf trug. Freudestrahlend bemerkte sie auch die filigranen Ohrstecker aus echtem Silber, die ich zum Geburtstag bekommen hatte, und das weinrote Oberteil mit der schönen Knopfleiste am Ausschnitt, das wir vor zwei Wochen gemeinsam gekauft hatten.
„Ich leihe es dir gerne aus, wenn du das möchtest.", sagte ich schmunzelnd und hievte meinen Rucksack auf einen Tisch.
„Ja, bitte!" Vicky lachte munter. „Passt du auf die Sachen auf? Ich hole die Pizza."
„Jepp."
„Ich bin so hungrig." Sie schenkte mir ein Lächeln, legte ihre Tasche ab und lief los. In der Zwischenzeit öffnete ich den Reißverschluss meines Rucksacks und holte meinen Terminkalender heraus. Alleine bei dem Gedanken an die bevorstehenden Prüfungen wurde mir schon ganz schlecht. Dabei kannte ich den Stoff in und auswendig. Zu lernen war mir nie schwer gefallen, solange mich niemand mündlich abfragte. Seufzend zerrte ich das Biologiebuch aus dem Rucksack heraus, schlug es auf und klebte auf der Seite, die wir im Unterricht besprochen hatten, ein Post-It an den obersten Rand.
Plötzlich spürte ich, wie sich jemand von der Seite an mich heranschlich. „Normal oder vegetarisch?"
Ich zuckte vor Schreck zusammen. „Vicky!"
Sie hielt mir einen Teller mit Pizza vor die Nase. Ihre rosa lackierten Fingernägel glänzten dabei mit dem Besteck um die Wette. „Stell dir vor, wie Ethan und du zusammen Pizza esst. Ganz romantisch bei Kerzenschein ..."
DU LIEST GERADE
Einhundert Meilen von dir entfernt
Fiksi RemajaBella fällt es schwer, ihren Schwarm Ethan für sich zu gewinnen. Jace soll die zehnte Klasse wiederholen. So entsteht ein einfaches Tauschgeschäft. Doch kann das wirklich gut gehen? © lostinthedawn Alle Rechte vorbehalten