Just Fun

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Ich trat einen Schritt zurück und betrachtete zufrieden den Schriftzug, den ich an die Wand gesprayt hatte.
Just Fun.
Mein Lebensmotto.
Ich pustete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und warf meine Spraydose in den Rucksack, der neben mir lag.
Die Sonne ging langsam unter. In der Ferne hörte ich den Feierabendverkehr. Ich zerrte den Reisverschluss meines Rucksacks zu. Wurde Zeit, dass ich hier wegkam. Wenn es dunkel war, krochen in dieser Gegend ziemlich finstere Gestalten aus ihren Löchern. Ich schnappte mir mein Skateboard, das an einem Baum lehnte, und lief über einen schmalen Trampelpfad zurück zur Hauptstraße. Dort war wie jeden Abend die Hölle los. Hupende Autos rasten an mir vorbei, gestresste Passanten hetzten umher und an jeder Ecke standen ein paar rauchende Teenager, die wie ich das Treiben beobachteten. Ich wartete, bis die Straße kurz frei war, dann lief ich schnell auf die andere Seite und sprang dort auf mein Board. Ich rollte langsam den Gehweg entlang und wich ab und zu den entgegenkommenden Leuten aus. Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass es kurz vor halb neun war. Ich beschleunigte und bog schließlich in die Straße ein, in der das Haus stand, in dem meine beste Freundin Brooke und ich eine Wohnung hatten. Als ich die Haustür aufsperrte, erwartete mich Brooke schon im Flur. Mit verschränkten Armen sah sie mich an.
„Wo warst du so lange?"
„Ich war am Skateplatz"
„Und warum ist dann Farbe an deinen Händen?"
Mist.
Brooke war strikt dagegen, dass ich Graffitis sprayte. Sie machte sich immer Sorgen, dass ich von der Polizei erwischt wurde. Und die ging mit Sprayern nicht gerade zimperlich um.
Brooke seufzte.
„Alex, das ist illegal. Du kannst hier nicht herumfahren und überall deine... ähm..."
„Tags", half ich ihr.
„Genau, deine tags setzen. Du weißt-"
„Ich muss mich umziehen", wimmelte ich Brooke ab, bevor sie mir einen ihrer Vorträge hielt.
Verglichen mit mir war Brooke ein Engel. Während ich auf meinem Board durch die Gegend rollte und
überall meine Schriftzüge hinterließ, las sie zuhause brav irgendein literarisch wertvolles Buch.
Zum Sterben langweilig. Wo blieb denn da der Adrenalinkick? Es gab nichts Besseres als die ständige Gefahr von der Polizei erwischt zu werden. Aber nein, stattdessen schaute sich meine liebe Freundin lieber Tierdokus im Fernsehen an.
Ich schmiss den Rucksack und das Board auf mein Bett und verschwand unter der Dusche. So sehr ich auch schrubbte, die Farbe an meinen Händen ging nicht ab. Also gab ich auf und widmete mich meinen Haaren, aus denen ich ein paar kleine Zweige zupfen musste. Ich war auf meinem Streifzug vorhin an den Ästen eines Baumes hängengeblieben und da ich keine Lust hatte, mir sämtliche Haare auszureißen, hatte ich die Zweige einfach abgeknickt.
Als ich später in einem Handtuch eingewickelt vor meinem Kleiderschrank stand, überlegte ich, was ich heute Abend anziehen sollte. Ich ging zum dritten Mal in dieser Woche weg und natürlich zog ich kein Outfit zweimal an. Nach langem Überlegen entschied ich mich schließlich für eine schwarze, enge Leggins und ein weißes Oberteil. Ich schminkte mich, dann betrachtete ich mein Werk im Spiegel. Zufrieden lächelte ich mich an.
„It's Showtime"


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