How To Be A Heartbreaker

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Ich schlenderte gutgelaunt neben Brooke durch die Straßen Londons. Alles war von den Lichtern der Discos und Restaurants hell erleuchtet. Ich spürte, wie die Vorfreude in mir hochkam und grinste wie blöd. Brooke hingegen sah nicht besonders begeistert aus.
„Wir gehen zum dritten Mal in dieser Woche aus. Ich hab langsam echt keinen Bock mehr auf diese stickigen Diskotheken, in denen lauter durchgeknallte Besoffenen in die Ecken kotzen und jeder mit jedem auf der Toilette rummacht", nörgelte sie. „Hätten wir zur Abwechslung nicht mal in ein Restaurant gehen können?"
„Da muss man sich benehmen. Und außerdem kann man da schlecht hübsche Jungs aufreißen", meinte ich bestimmt und schielte dem blonden Typen hinterher, der gerade an uns vorbeilief.
„Du wirst ja wohl mal eine Nacht alleine im Bett überleben", brummte meine Freundin.
„Überleben werde ich's. Hab aber keine Lust drauf"
„Tagsüber sprayst du Graffitis und fährst Skateboard und nachts ist kein Junge vor dir sicher. Du hast eindeutig eine dissoziative Identitätsstörung"
„Nein, Frau Professorin. Ich bin einfach eine Verwandlungskünstlerin"
Wir liefen schweigend weiter und während Brooke missmutig auf den Boden starrte, sah ich mich neugierig um. Lachende Jungs und Mädels kamen an uns vorbei, vor den Discos standen plaudernde Freunde. Alle wollten nur eins: Ihren Spaß.
Naja, alle bis auf Brooke.
Ich stupste sie an.
„Komm schon, lächle mal. Sonst bekomm ich auch schlechte Laune"
Brooke verzog den Mund zu etwas, das mich eher erschreckte als das es nach einem Lachen aussah.
„Okay, lass es lieber"
„Nimm's mir nicht übel, Alex. Aber ich bin heute einfach nicht so gut drauf"
„Dann müssen wir das ändern! Wann hattest du das letzte Mal was mit einem Jungen?"
Brooke wurde rot.
„Was weiß ich denn? So was merke ich mir nicht"
„Einigen wir uns darauf, dass es schon lange her ist?"
Brooke zuckte mit den Schultern.
„Na, dann wird's Zeit! Heute Nacht wirst du dir auch jemanden angeln!"
Meine Freundin lächelte leicht.
„Lieber nicht. Das überlasse ich dir"
Ich grinste und legte ihr einen Arm um die Schulter.
„Das ist eine gute Idee. Und jetzt komm"

Als wir in meiner Lieblingsdisco ankamen, brauchten meine Augen einen Moment, um sich an das dämmrige Licht zu gewöhnen. Die Musik dröhnte in meinen Ohren, es roch nach Zigaretten und Alkohol. Brooke und ich gaben unsere Jacken an der Garderobe ab, dann bahnten wir uns einen Weg durch das Gedränge, bis wir an der Bar ankamen. Wie erwartet arbeitete Rory hinter der Theke und lächelte mir fröhlich entgegen.
„Hey, Alex! Sag bloß, du bist schon wieder auf Beutezug"
Ich grinste.
„Was dachtest du warum ich hier bin?"
„Keine Ahnung. Vielleicht, weil du mich sehen wolltest?"
Ich lachte.
„Das natürlich auch"
Ich kannte Rory seit seinem ersten Arbeitstag hier. Abend für Abend hatte ich mich an die Bar gesetzt,
ihm beim Gläserspülen zugesehen und mit ihm geredet.
Mittlerweile kannten wir uns fast ein Jahr und verstanden uns richtig gut.
Brooke setzte sich auf einen Hocker.
„Eine Cola, bitte"
„Mit Rum?", fragte Rory.
„Nein! Natürlich nicht"
Rory sah erst Brooke, dann mich schräg an.
Ich verdrehte nur die Augen.
„Und was willst du, Alex?", wollte Rory wissen.
„Einen Strawberry Flames. Wie immer"
Rory nickte und machte sich an die Arbeit. Ich setzte mich neben Brooke.
„Nur eine Cola? Ist das dein Ernst?"
Brooke guckte etwas verwirrt.
„Ja? Was ist daran falsch?"
Ich seufzte.
„Schätzchen, wir sind hier in einer der angesagtesten Discos Londons. Man ist hier um zu tanzen, zu
flirten und Alkohol zu trinken. Aber doch nicht, um eine Cola zu bestellen!"
„Ich trinke keinen Alkohol. Das weiß du auch"
„Mann, Brooke. Du bist langweilig!"
„Du solltest Langeweile von Vernunft unterscheiden können"
Ich stöhnte und vergrub mein Gesicht in den Händen.
Rory stellte uns die Getränke vor die Nase und ich nahm erst mal einen großen Schluck von meinem Cocktail.
Sofort spürte ich, wie der Alkohol wirkte. Im ersten Moment wurde mir etwas schwindelig, dann machte sich Gleichgültigkeit in mir breit.
Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Da es rappelvoll war, war es nicht gerade einfach, jemanden zu erkennen. Aber nach kurzer Zeit blieb mein Blick an einem allein an der gegenüberliegenden Wand stehenden Jungen hängen. Ich checkte kurz sein Aussehen. Groß, blond, lässiger Look. Ich nickte zufrieden.
Der Typ spürte meinen Blick und sah in meine Richtung.
Ich lächelte und strich mir langsam eine Haarsträhne zurück.
Brooke nippte an ihrer Cola und Rory trocknete ein paar Gläser, während die Beiden mich beobachteten.
Nach einer Weile unterbrach ich das Blickduell zwischen dem Jungen und mir, nahm mein Glas und nahm einen kleinen Schluck.
„Und was jetzt?", fragte Brooke.
„Jetzt wartet sie. Bis er zu ihr kommt", erklärte Rory.
„Warum sollte er das tun?"
Ich grinste.
„Er wird kommen. In drei... zwei... eins..."
„Darf ich dich auf einen Drink einladen?"
Brooke starrte mich ungläubig an.
Ich drehte mich zu dem Jungen und lächelte ihn an.
„Nur wenn du mir deinen Namen verrätst"
„Kevin. Und wie heißt du?"
„Alex. Also gut, du darfst mir einen ausgeben"
Kevin gab Rory ein Zeichen. Der grinste nur und machte sich an die Arbeit.
„Also, Kevin... Bist du öfter hier?"
„So gut wie jeden Abend"
„Komisch. Ich hab dich noch nie gesehen"
Kevin machte gerade den Mund auf, um zu antworten, als ich hinter mir eine Stimme hörte.
„Alex?!"
Ich drehte mich verwirrt um. Da stand ein braunhaariger Junge, der mir irgendwie bekannt vorkam.
„Ähm..?"
„Ich bin Austin. Wir waren zusammen auf dem College, schon vergessen?"
Mein Gehirn brauchte einen Moment, dann machte es klick.
„Natürlich! Austin Flynt, richtig? Alter, du hast dich total verändert!"
Austin lächelte schief.
„Positiv oder Negativ?"
„Positiv. Ich hab dich als kleiner Nerd mit der Hornbrille auf der Nase in Erinnerung"
Ich drehte mich wieder um.
„Austin, das ist Kevin und das ist Brooke, meine beste Freundin. Leute, das ist Austin"
Während Kevin Austin nur kurz musterte, rutschte Brooke von ihrem Hocker und streckte Austin die Hand hin.
„Hi. Ich bin Brooke"
„Austin. Freut mich dich kennenzulernen"
„Bist du auch so feierwütig wie Alex?"
„Oh Gott, nein! Ich bin eigentlich nur hier, weil mich ein Kumpel mitgeschleppt hat"
Brooke strahlte über das ganze Gesicht.
Tja. Sieht so aus, als würden sich die Beiden bestens verstehen.
Ich widmete mich lieber wieder Kevin, der etwas schlecht gelaunt neben mir stand.
„Was ist? Kannst du auch tanzen oder stehst du lieber in der Gegend rum?"
Ich wartete die Antwort gar nicht erst ab, sprang von meinem Hocker und zog Kevin in die hüpfende
Menschenmenge.
Nach ein paar Songs war Kevin etwas lockerer geworden. Zusammen machten wir einfach die Bewegungen der Anderen nach. Wenn's nach mir gegangen wäre, hätte das ewig so weiter gehen können. Aber ich hatte Brooke vergessen. Irgendwann kam sie zu mir und zupfte mich am T-Shirt.
„Alex, kommst du mal?"
Ich lächelte Kevin entschuldigend an, dann folgte ich meiner Freundin zur Bar.
„Was ist?"
„Ich bin ziemlich müde und Austin geht jetzt auch. Er hat gesagt, dass er mich nach Hause bringt. Wir
sehen uns dann morgen früh"
Sie umarmte mich kurz, dann drehte sie sich um und wollte gehen, als ihr noch etwas einfiel.
„Und Alex, pass auf dich auf, ok?"
Damit verschwand Brooke in der Menschenmenge.
Ich musste lächeln. Meine Brooke. Sie war vielleicht manchmal etwas langweilig, aber trotzdem bedeutete sie mir Alles.
Ich spürte, wie mich jemand von hinten umarmte.
„Was wollte deine Freundin?", hörte ich Kevins Stimme an meinem Ohr.
„Nach Hause"
„Und du? Willst du auch gehen?"
Ich drehte mich zu ihm um.
„Gehen schon. Aber nicht zu mir"
Kevin grinste, dann zog er mich zur Garderobe.
Gewonnen.

Ich öffnete langsam die Augen. Das erste, was ich sah, war ein blonder Haarschopf, der unter der Decke hervorlugte. Ich setzte mich auf und gähnte. Dann sah ich mich um. Ich war in einem großen, hellen Raum. Das Fenster war gekippt und von draußen drang der Verkehrslärm herein. Auf dem Boden lagen Zeitschriften, Zigarettenstummel und Klamotten. Ich schlug die Decke zurück und lehnte mich soweit aus dem Bett, bis ich an mein T-Shirt kam. Ich zog es mir an, dann stand ich auf, sammelte meine restlichen Sachen ein und verschwand im Bad, um mich umzuziehen. Als ich in den Spiegel sah, seufzte ich. Ich sah aus wie nach jeder Party. Blass, verschmierte Wimperntusche und eine Frisur, als wäre auf meinem Kopf irgendwas explodiert. Ich wusch mir das Gesicht und versuchte meine Haare zu bändigen. Dummerweise konnte ich nirgends eine Haarbürste finden. Also band ich meine blonde Mähne nach einigem Hin und Her einfach zu einem lockeren Zopf zusammen.
Leise schlich ich wieder ins Schlafzimmer und betrachtete Kevin. Eigentlich sah er ja ganz niedlich aus, mit seinen verwuschelten Haaren und dem leicht offenstehenden Mund. Aber ich hielt mich streng an mein Motto.
Nur Spaß.
Keine Gefühle oder so ein Mist.
Ich suchte kurz nach einen Zettel und Stift, dann schrieb ich ihm eine kurze Nachricht.
Hey Kevin.
Danke für den netten Abend, aber jetzt muss ich leider wieder zu meinem Freund.
Gruß,
Alex

Ich grinste kurz, dann legte ich den Zettel neben Kevin auf sein Kopfkissen, holte meine Jacke und verschwand.

Gutgelaunt schlenderte ich durch London. Zum Glück wohnte ich hier seit meiner Kindheit und da ich ja öfter mal weg war, kannte ich mich hier ziemlich gut aus. An einer kleinen Bäckerei machte ich kurz Halt. Ich suchte in meinen Taschen nach ein bisschen Kleingeld, um mir eine Semmel kaufen zu können. Brooke hatte wahrscheinlich schon gefrühstückt. Als ich die Tür öffnete, stieß ich mit einem schwarzhaarigen Jungen zusammen. Er trug eine Sonnenbrille und hatte sich die Kapuze tief in die Stirn gezogen.
„Oh, 'tschuldigung. Ich hab dich gar nicht gesehen", murmelte ich.
„Nichts passiert"
Der Typ machte einen Schritt zur Seite, damit ich an ihm vorbei kam. Ich nickte ihm noch einmal zu, dann quetschte ich mich in die Bäckerei. Kaum fiel die Tür hinter mir zu, hörte ich einen kleinen Aufschrei von draußen. Ich drehte mich um und sah, wie ein Mädchen auf den Jungen zurasten, der daraufhin fluchte und hastig die Flucht ergriff. Ich schüttelte den Kopf.
Verrückte gab's.
Ich kaufte mir ein belegtes Brötchen und einen Tee, dann setzte ich meinen Heimweg fort.
Brooke lag im Wohnzimmer auf der Couch und sah fern. Ich ließ mich neben sie fallen.
„Und, wie war's?", fragte sie.
„Ganz nett"
„Was hast du denn diesmal für 'ne Ausrede gehabt?"
„Ich hab gesagt, dass ich zu meinem Freund müsse"
Brooke grinste.
„Du bist unmöglich"
„Ich weiß. Und du? Was haben Austin und du denn noch so gemacht? Ich hab das Gefühl, dass ihr euch ziemlich gut versteht"
Brooke wurde etwas rot.
„Er hat mich nur nach Hause gebracht. Wir haben draußen dann noch ein bisschen geredet, dann ist
er auch gegangen"
„Du findest ihn süß, was?"
„Quatsch"
Aber weil Brooke noch röter wurde, wusste ich, dass ich Recht hatte.
Ich lächelte vor mich hin, als Brooke plötzlich losquietschte.
Ich zuckte zusammen.
„Was denn?"
„Da kommt eine Talkshow, in der die Jungs von One Direction zu Gast sind!"
Ich stöhnte und stand auf.
„Ohne mich! Wenn du mich brauchst, ich bin in der Dusche"
Aber Brooke reagierte nicht, sondern starrte gebannt auf den Fernseher.
Meine Freundin hatte einen ziemlichen One Direction-Fimmel. Ich konnte mit denen nicht besonders viel anfangen. Das lag nicht direkt an ihnen. Ich mochte einfach generell keine Boybands. Ich hörte lieber richtige Musik.
Ich nahm meinen IPod mit ins Bad, schloss ihn dort an die Boxen an und startete die Zufallswiedergabe.
Als das Wasser auf mich prasselte, ertönten die Ersten Takte von How to be a Heartbreaker.
Ich grinste.
Wie passend.


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