„Das ist ja so was von oberkrass! Ich hätte NIE gedacht, dass ICH mal die Villa von One Direction von INNEN sehen darf!"
Brooke lief neben mir her und kriegte sich kaum noch ein. Ich hörte ihr gar nicht richtig zu, sondern hing lieber meinen eigenen Gedanken nach. Einerseits freute ich mich auch ein wenig auf das Treffen mit den Jungs. Andererseits hatte ich Bammel vor einer erneuten Begegnung mit Louis. Allein der Gedanke daran, ihn wieder zu sehen, sorgte dafür, dass mein Herz schneller schlug.
Was war verdammt nochmal los mit mir? Wieso war ich so nervös?
Ich hatte gestern Abend noch lange mit Harry telefoniert. Über zwei Stunden. Er hat sich ziemlich gefreut, dass ich anrief, das konnte ich in seiner Stimme hören.
Nachdem wir über alles Mögliche geredet hatten (Wir sind irgendwann auf Tütensuppen gekommen und haben diskutiert, welche Farbe die Packungen haben sollten. Letztendlich haben wir uns auf Pink geeinigt, obwohl ich eigentlich für Mintgrün war), schlug Harry vor, ich solle am nächsten Tag vorbeikommen. Natürlich mit Brooke.
Zuerst hatte ich gezögert. Ich mochte Harry zwar, und Niall, Liam und Zayn schienen auch ganz nett zu sein, aber ich verspürte wenig Lust auf Louis. Schließlich habe ich dann aber doch zugesagt, allein Brooke zuliebe. Ich hatte nämlich immer noch das Gefühl, ich schulde ihr was, und mit einem Besuch bei ihren Idolen würde ich das Desaster des Meet&Greets wieder gut machen.
Brooke schien das genauso zu sehen.
Als ich ihr beim Frühstück verkündet hatte, dass wir am Nachmittag gemeinsam eine Hausführung von Harry bekommen würden, ist sie mir überglücklich um den Hals gefallen und ignorierte einfach die Tatsache, dass sie dabei meine Müslischüssel auf den Boden schmiss.
Danach war sie wieder mal völlig in Panik was die Klamottenfrage betraf.
Ich durfte sie anfangs beraten, aber nachdem sie zu dem Schluss gekommen war, ich hätte keinen Geschmack, erlöste sie mich.
Während sie also den Kleiderschrank auseinander nahm, lackierte ich mir die Fuß- und Fingernägel, probierte im Bad vor dem Spiegel verschiedene Frisuren aus, brachte den Müll raus, führte ein nettes Gespräch mit Mrs Richards, in dem ich mich nochmal für meinen Ausraster entschuldigte, wimmelte eine Frau vom Telefondienst ab und ließ mich von meiner Mutter am Telefon zulabern. Sie erzählte mir, wie toll die Malediven doch waren und versuchte mich mal wieder zu überreden, zu ihr zu kommen.
„Mum, wie oft soll ich dir das noch sagen? Ich hab keinen Bock den ganzen Tag nur am Strand zu liegen. Außerdem versuche ich immer noch einen Platz bei dieser Australienreise zu bekommen"
„Wir könnten auch zusammen mit Dean nach Australien fliegen. Gleich nachdem wir uns hier ein paar schöne Tage gemacht haben"
„Aber bei dieser Australienreise geht es darum, dass ich als Au-Pair ein halbes Jahr bei der Gastfamilie lebe. Da kann ich noch ein bisschen Geld dazuverdienen"
„Schätzchen, wir haben doch genug Geld. Da musst du doch nicht bei einer schäbigen Familie leben, wenn du ein fünf-Sterne Hotel haben kannst"
„Ich bin fast 20! Ich will auf eigenen Beinen stehen und nicht immer von dir abhängig sein"
Meine Mutter stöhnte.
„Wieso hab ich eigentlich so eine Spießerin als Tochter? Das hast du von deinem Vater. Meine Gene sind es jedenfalls nicht"
Ich verdrehte die Augen.
Meine Mutter schwieg einen Moment.
Dann meinte sie vorsichtig:
„Aber du könntest doch trotzdem für ein paar Tage kommen. Brooke kann ja auch mit und dann-"
„Mum!"
„Ist ja gut, ist ja gut"
Nach diesem Telefonat war ich noch genervter und zählte die Minuten, bis es endlich halb drei war und wir los konnten.Jetzt spürte ich, wie ich mit jedem Schritt nervöser wurde. Brooke hingegen wurde immer aufgedrehter.
Als wir in die Allee einbogen, in der die Jungs wohnten, sah sich Brooke staunend um. Mich hingegen beeindruckten diese ganzen riesigen Villen kein bisschen. Ich bin so aufgewachsen. Aber für Brooke musste dieser Anblick überwältigend sein.
Wir konnten das Zuhause der Jungs gar nicht übersehen. Eine riesige Menschentraube scharrte sich um das imposante Gebäude. Das Gerede der Fans hörte sich an wie ein riesiger brummender Bienenstock. Mit jedem Schritt wurde es lauter. Ab und zu riefen ein paar etwas wie „Liam, ich liebe dich!" oder „Niall, du bist so schön!".
Ich schnaubte genervt. Wie blöd musste man eigentlich sein?
Innerlich machte ich drei Kreuzzeichen, dass ich mich vor ein paar Tagen für den Hinterausgang entschieden hatte.
Als wir bei den aufgeregten und gackerten Hühnern ankamen, drängte sich Brooke durch die Menge vor zum riesigen, schmiedeeisernen Tor. Ich blieb einfach dicht hinter ihr und ließ mir den Weg freischaufeln. Brooke war so was schon von Konzerten und Autogrammstunden gewohnt. Sie war also abgehärtet. Trotzdem überraschte es mich, wie die sonst so zurückhaltende und freundliche Brooke fast gewalttätig die anderen Mädels zur Seite schubste. Und wenn sich eines mal beschwerte, stierte sie es so lange böse an, bis das aufmüpfige Mädchen kleinlaut nachgab. Tja, wenn es um ihre Idole ging, war meine Freundin skrupellos.
Als wir schließlich ganz vorne ankamen, quetschten wir uns zwischen zwei andere Fans, die uns böse anschauten.
„Soweit, so gut. Und was jetzt?", fragte ich Brooke.
Die sah auch etwas ratlos aus.
Ich betrachtete die Villa genauer. Sie war wirklich groß. Vom Tor führte ein langer Kiesweg zur Eingangstür, die Platz für einen Bus bot.
Am Rand des Weges wuchs dunkelgrünes Gras. Ich konnte keinen einzigen Löwenzahn oder anders Unkraut entdecken.
Eingerahmt wurde das gesamte Grundstück von einer großen Mauer, an der ein paar Überwachungskameras befestigt waren. Um das Ganze ein bisschen schöner zu machen, schlängelte sich Efeu an der Mauer entlang.
Die schrille Stimme des Mädchens neben mir riss mich aus meiner Starre.
„Macht euch mal keine Hoffnungen. Ich stehe hier seit drei Wochen jeden Tag. Wenn Harry mich irgendwann sieht, merkt er, dass ich sein größter Fan bin, und wird mich heiraten"
„Ich habe gestern geträumt, dass Liam mir einen Heiratsantrag bei Kerzenschein auf der Terrasse meiner Eltern macht", erzählt ein anderes aufgeregt.
Neben Brooke stand ein etwas pummeliges Mädchen. Es quetschte sich näher an das Tor.
„In einem Interview hat Louis mal gesagt, dass er Mädchen, die etwas dicker sind, lieber mag, als so dünne Gräten", meinte sie und pumpte sich stolz auf.
Louis. Ich spürte wieder, wie mein Herz für einen Moment schneller schlug.
Wenn die Mädchen hier wüssten, dass er und ich...
Ich würde keine zwei Minuten überleben.
Irgendwie beunruhigte mich der Gedanke.
Ein blondes, stark geschminktes Mädchen warf theatralisch die Haare zurück.
„Zayn hat ja mal erwähnt, dass er blonde und vor allem natürlich Mädchen mag. Seitdem färbe ich mir die Haare und überdecke höchstens ein paar Pickel"
Ich zog eine Augenbraue hoch.
Brooke seufzte.
„Alex, so kommen wir nicht weiter. Willst du nicht mal Harry anrufen und sagen, dass wir da sind?"
Augenblicklich verstummten alle Gespräche um uns herum und gefühlte hundert Augenpaare starrten uns an.
Ich spürte, wie ich nervös wurde.
„Sie meint meinen Cousin, Harry. Er will uns ein paar One Direction Schlafsäcke vorbeibringen. Damit wir hier campen können"
Die Mädchen schienen mir noch nicht so zu glauben.
„Außerdem holt er mein Handy, damit ich den Jungs auf Twitter schreiben kann. DIRECTIONER FOR EVER!", brüllte Brooke.
„DIRECTIONER FOR EVER!", riefen die Mädchen im Chor und widmeten sich dann wieder ihren Gesprächen.
Oh Gott. Das wird ja immer skurriler.
Ich fischte mein Handy aus der Hosentasche und wählte mit zitternden Fingern Harrys Nummer. Brooke quetschte sich noch näher an mich heran und hielt ihr Ohr ebenfalls an mein Handy.
Nach ein paar Sekunden ging Harry ran.
„Ja?"
„OH MEIN GOOOOOOTT!"
Brooke quietschte wie am Spieß, sodass ich vor Schreck beinahe mein Handy fallen ließ.
Sofort waren wieder alle Augen auf uns gerichtet. Brooke hüpfte auf der Stelle und versuchte sich krampfhaft zu beruhigen.
„Ähm... DIRECTIONER FOR EVER!", rief ich.
"DIRECTIONER FOR EVER!", riefen die anderen und waren zufrieden.
Die sind alle krank.
„Alex? Hallo? Was ist denn da los?", fragte Harry verwirrt.
Ich presste mein Handy ans Ohr und flüsterte: „Die haben alle so einen Schlag. Die verfolgen echt jeden eurer Schritte. Das ist doch nicht normal"
Harry blieb gelassen.
„Das sind wir schon gewohnt. Wieso seit ihr eigentlich noch nicht da? Es ist schon nach drei"
„Wie sollen wir denn bitte zu eurer Tür klettern?", zischte ich.
„Wenn wir über die Mauer klettern, werden ja wahrscheinlich Giftpfeile auf uns geschossen!"
„Jetzt übertreib mal nicht. Tollwütige Hunde reichen völlig aus", lachte Harry.
Sehr witzig.
„Ich schicke euch Paul raus. Geduldet euch noch einen Moment, dann seit ihr erlöst"
Damit legte er auf.
Brooke sah mich fragend an.
„Irgendein Paul kommt gleich", meinte ich ausweichend.
Ich starrte auf meine Fingernägel. Wieder kroch die Nervosität in mir hoch.
Und das nur wegen eines Jungen.
Wieso?
Plötzlich ging ein Raunen durch die Menge. Ich schaute zur Villa und sah, wie die große Tür aufging. Die ersten Mädels fingen an zu kreischen. Doch als sie sahen, wer da auf uns zukam, hörten sie wieder auf. Enttäuscht sahen sie dem riesigen, ganz in schwarz gekleideten Mann entgegen, der zum Tor marschierte.
Erst als er direkt vor uns stand, erkannte ich ihn.
Entsetzt starrte ich ihn an.
Es war der Kerl, der Harry an jenem Nachmittag abgeholt hatte. Der, der dem Einen gedroht hatte, ihn neben mein Kunstwerk an die Wand zu klatschen. Und der, der MICH als Verbrecherin und mein Graffiti als MIST bezeichnet hatte.
Ich merkte wie ich wütend wurde.
Der Riese schob das Tor ein Stück auf und sah fragend in die Runde.
„Alex und Brooke?"
Brooke wurde blass. Sie schluckte, dann hob sie leicht die Hand.
„Wo ist deine Freundin?", fragte Paul.
Brooke deutete schüchtern auf mich.
Wiedermal starrte uns jeder an.
Wie ich es hasste, hasste, hasste! Mein ganzer Körper gribbelte unter den Blicken.
„Gut. Kommt mit"
Ich verschränkte die Arme und schüttelte den Kopf. Mit DEM DA ging ICH bestimmt nicht mit. Wer meine Arbeit nicht zu schätzen wusste, war unten durch.
Brooke zog an meinem Arm.
„Komm schon, Alex. Wir müssen uns beeilen"
Das sollten wir wirklich. Die erste Unruhe breitete sich aus. Die Fans witterten die Chance, in die Villa zu kommen und drängten sich zum Tor.
„Ich geh da nicht mit. Ich bleibe hier und-"
Weiter kam ich nicht. Paul packte mich einfach und warf mich wie einen lästigen Sack über seine Schulter.
Er schob Brooke durch das Tor und verschloss es sorgfältig wieder, während ich wütend auf seinem Rücken rumtrommelte und ihm alle Schimpfwörter an den Kopf schmiss, die ich kannte, und die Mädels auf der anderen Seite des Tores hysterisch anfingen zu heulen oder schimpfend irgendwelche Sachen nach uns warfen.
Paul interessierte das alles herzlich wenig.
Und Brooke war auch nicht besonders hilfreich. Sie stand nur da und beobachtete wie ein verschrecktes Kaninchen die wütende Fanmenge.
Paul marschierte auf die Eingangstür und Brooke lief schweigend neben ihm her.
Ich dagegen hatte einiges zu sagen.
„Lassen sie mich SOFORT runter! Ich lass mich doch nicht einfach entführen! Schon gar nicht von ihnen! Sie schätzen ja nicht mal Graffiti! Ja, ich weiß wie sie so drauf sind! Und ich schwöre ihnen, sollten sie jemals wieder Graffiti als MIST bezeichnen..." Bei dem Wort „Mist" kippte meine Stimme vor Empörung ein wenig, „...dann mach ich sie fertig! Sie haben ja keine Ahnung, was das für Arbeit ist! Und denken sie ja nicht, sie machen mir Angst!"
Ein Mädchen hinter dem Tor steckte ihre Faust durch das Gitter.
„DU SCHLANGE! DU HAST MIR MEINEN HARRY WEGGENOMMEN! UND GRAFFITI IST ILLEGAL!"
„HALT DIE FRESSE!", brüllte ich.
„SO KANNST DU NICHT MIT MIR REDEN!"
Ich zeigte ihr nur den Mittelfinger.
„Bist du jetzt fertig?", fragte Paul etwas gelangweilt.
„Ich bin noch lange nicht fertig!", schimpfte ich.
„Das solltest du aber. Wir sind nämlich da und dann kannst du jemand anderen beschimpfen"
Mit diesen Worten drückte er die Tür auf und ließ mich runter.
Brooke knetete nervös ihre Hände. Ich schaute Paul ein letztes Mal böse an und sah mich dann um. Verdammt, ich wollte nicht wissen, wie viel alleine dieser Flur gekostet hatte.
Da hörte ich ein Geräusch und im nächsten Moment stand Niall mit einem Sandwich in der Hand im Flur. Als er mich sah, strahlte er.
„Jungs! Alex und Brooke sind da!"
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Just Fun
FanfictionTagsüber Graffiti, nachts Jungs - aber bitte ohne Gefühle. Das ist Alexs' Motto. Sie will nur ihren Spaß, Emotionen sind tabu. Bis sie auf einen Jungen trifft, der sie an ihrer Einstellung zweifeln lässt - Louis. Denn anstatt ihn nie wieder zu sehen...