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Melina hat Beine.

Ich halte mir die Hand vor den Mund um nicht loszuschreien. Es dauert Sekunden, wenn nicht Minuten bis ich verstehe was passiert ist. Ist sie getrocknet und hat einfach so Beine bekommen?
Das ist gruselig und eine Sekunde lang denke ich darüber nach, einfach zu verschwinden.

Mein Blick fällt auf ihr friedlich schlafendes Gesicht. Sie ist immernoch genauso hübsch wie gestern. Es beruhigt mich wieder allmählich.

Das Meeresrauschen am Morgen ist total angenehm. Die salzige Meerluft steigt mir in die Nase und ich atme sie tief ein.

Ich hatte jetzt 2 Möglichkeiten:
Erstens: Ich verschwinden schnellmöglich und vergesse alles was passiert ist
Zweitens: Ich warte bis sie aufwacht und spreche sie darauf an.

Und irgendwas hält mich davon ab einfach zu verschwinden. Ich will wissen wie und warum. Ihre Erklärung ist mir außerordentlich wichtig. Es ist gruselig und gleichzeitig magisch und mysteriös. Es gibt so viel was ich nicht weiß. Und mir fällt auf, dass ich das Mädchen, dass so ruhig und friedlich neben mir schläft, eigendlich gar nicht wirklich kenne. Ich weiß so gut wie nichts über sie und ihr Meervolk.
Es müsste eine Art Handbuch geben, dass mir alle Fragen beantwortet.

Ich fahre mir etwas nervös durch meine verklebten Haare und stöhne etwas genervt auf. Warum muss das ganze so kompliziert sein? Da find ich tatsächlich einmal ein Mädchen interessant und dann passiert mir gleich sowas.

Plötzlich knackt das Stroh und mein Blick fällt wieder auf ihr Gesicht. Sie bewegt sich etwas. Ich glaube sie wacht auf. Zumindest wünsche ich mir das sie aufwacht, denn ich fühle mich gerade hilflos einer unangenehmen Situation ausgeliefert. Kann mir bitte einer erklären was hier los ist?

,, Morgen", höre ich den sanften Klang ihrer Stimme während sie lächelt.
,, Warum hast du Beine?" schieße ich los wie aus der Pistole geschossen. ,,Was?" sie sieht mich an als würde ich einen Scherz machen und ihr Blick wandert nach unten, wo sich ihre goldene glitzerne Schwanzflosse befinden sollte.

,, Ohnein!!", bringt sie hervor:,,W...was ist mit mir passiert??" stottert sie verzweifelt.
,,Was hast du gemacht??" schreit sie mich schon fast schockiert unter Tränen an.
,, Ich? Ich hab gar nichts gemacht!" streite ich sofort aufgebracht ab.

,,Wie soll ich jetzt jemals nach Hause kommen?" fängt sie plötzlich an zu weinen. Mein Männerinstinkt kommt zum Vorschein und ich habe das Verlangen sie beschützen zu müssen.
Ohne länger zu zögern rutsche ich zu ihr aber sie weicht sofort weg, als hätte ich sie verletzten wollen oder ähnliches. ,,Fass mich nicht an!" faucht sie: ,,du hast schon genug angerichtet."

,,Um mal eins klarzustellen: ich habe nichts getan, ich habe dich Nachts nicht einmal angefasst!" bringe ich aufgebracht hervor. Auch wenn ich sie vielleicht gerne in den Arm genommen hätte. Aber das hab ich nunmal nicht.
,,Und wer ist dann für das verantwortlich?": kreischt sie fast hysterisch und zeigt dabei auf ihre Beine. Einige Tränen rollen ihr wieder über ihre weiße Wange. ,, Wie soll ich denn jetzt nach Hause kommen?" Aber wenigstens scheint sie mir irgendwie zu glauben.

Wenn ich ganz ehrlich bin hat mich ihre abweisende Haltung vielleicht ein klitzekleinesbisschen verletzt. Und ich habe das Gefühl das meinem Herz plötzlich etwas fehlt. Wie in einem Puzzle, bei dem in der Mitte eine Teil fehlt.

,, Wirf die Flinte nicht gleich ins Korn."versuche ich verzweifelt sie aufzumunten. ,,Was?" fragt sie mich neugierig. ,, Ich meine du sollst nicht aufgeben,, , versuche ich ihr meinen Satz verständlicher zu machen ,, Achso", sie senkt traurig ihren Kopf.

Es ist dumm und trotzdem erwähne ich es. ,, Wenn du ins Wasser gehst kommt deine Schwanzflosse vielleicht wieder."Ich zucke mit den Schultern. Es ist nur ein kleiner Gedanke und selber glaube ich auch nicht mal daran. Aber einen Versuch ist es wert. Irgendwas muss ich ja sagen um sie aufzuheitern.

Ihr nachdenklicher Gesichtsausdruck bringt mich zum schmunzeln.,, Versuchen wirs." fährt sie fort. Etwas übereilig steht sie auf und fällt sofort wieder hin. Ich erhebe mich sofort und versuche ihr Hilfestellung zu leisten.,, Hast du dich verletzt?"erkundige ich mich fürsorglich. ,, Nein, ich denke es geht schon." teilt sie mir mit. Mit einem leicht schmerzverzogenen Gesicht versucht sie es unsicher nochmal und hält sich rechts am Gestein fest. Die ersten Schritte sind etwas wackelig. Auf der anderen Seite stütze ich sie. Sie ist etwas unsicher, aber ich bin stolz auf sie, dass sie das erste mal auf ihren Beinen läuft. ,, Ich kann dich auch tragen...."wende ich ein. Sie schüttelt nur den Kopf und erwiedert, sie wolle es alleine versuchen.

Es dauert einige Minuten, bis wir das Meer erreichen.
Vorsichtig und erschöpft setzt sie sich hin und legt ihre Beine ins Wasser, und plötzlich passiert es: das Wasser um sie herum beginnt zu blubbern, wie in einem Jacuzzi. Es dauert nur ein paar Sekunden und dann ist ihre goldene schimmernde Schwanzflosse wieder da. Eine Art Magie hat sie wieder in einen Fisch verwandelt.
Verdutzt starre ich ihre Schwanzflosse an, die gerade eben noch Beine gewesen waren. ,, So einfach war das?"fragt sie schon fast spottend.

Die Traurigkeit ist wie weggeblasen.,, Es tut mir leid das ich dir dafür die Schuld gegeben haben", ich nicke um ihr zu zeigen, dass ich ihr vergebe. ,, Aber irgendwas ist trotzdem anders, damals war das nicht so, ich habe hier schon so viele Stunden verbracht, und nie hat sich derartiges bemerkbar gemacht."Sie zuckt mit den Schultern und wirkt etwas nachdenklich.

Sie rutscht weiter in Richtung Wasser bis ihr ganzer Körper wieder mit dem Meer vereint ist...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 21, 2020 ⏰

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