Fakt 102: Body Farm in Knoxville

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Als Body Farm wird im Allgemeinen ein Gelände bezeichnet, auf dem wissenschaftliche Studien zu postmortalen Veränderungen an Menschen, also über Verwesungsprozesse von Leichen, an freier Luft erfolgen können. Weltweit gibt es bis heute nur vier derartige Einrichtungen, die sich alle in den Vereinigten Staaten von Amerika befinden. Die Anthropologin Shamshad (Roma) Khan plant die Einrichtung einer Body Farm in Indien unter der Bezeichnung Investigative Scientific & Anthropological Analysis Facility (INSAAF).

Im engeren Sinne ist mit dem Begriff  Body Farm ein zur University of Tennessee gehörendes Gelände gemeint. Offiziell trägt das etwa 12 000 Quadratmeter große Gelände den Namen Anthropological Research Facility (ARF). Das bewaldete Grundstück liegt einige Meilen vom Campus der Universität in Knoxville entfernt und wird vom Departement of Anthropology betreut. Dies hängt damit zusammen, dass in den Vereinigten Staaten Obduktionen von Fachärzten für Pathologie vorgenommen werden. Diese haben meist eine Zusatzausbildung in Rechtsmedizin, heißen deshalb forensic pathologist. Ein Rechtsmediziner in Deutschland muss dagegen nicht zwangsläufig auch Pathologe sein. Das gut gesicherte Gelände darf nur von Wissenschaftlern, in erster Linie Anthropologen und Kriminologen sowie freiwilligen Körperspendern betreten werden.

Das Gelände selbst war ursprünglich eine Mülldeponie, bis es 1971 von dem forensischen Anthropologen William M. Bass umfunktioniert wurde. Es war bis 2006 das einzige Freiluft-Labor weltweit, auf dem Wissenschaftler den Zerfall menschlicher Leichen untersuchen konnten. Untersucht werden beispielsweise Einflüsse von Todesart, Alter, Geschlecht, Witterung oder Leichenlagerung auf die Verwesungsgeschwindigkeit. Der Verwesungsprozess wird dazu dokumentiert, alle sechs Stunden werden die Leichen von Digitalkameras fotografiert, gleichzeitig werden Randbedingungen, wie Lufttemperatur oder Luftfeuchtigkeit, aufgezeichnet. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Oak Ridge National Laboratory werden Geruchsproben entnommen und anschließend gaschromatographisch und massenspektrometrisch auf ihre Zusammensetzung hin analysiert. Entomologen untersuchen die Besiedelung der Leichen durch Insekten. Das Gelände wird auch zur Ausbildung von Special Agents des FBI genutzt, die dort einen zu ihrer Ausbildung gehörenden Grundkurs in forensischer Entomologie absolvieren. Ursprünglich fand dieser Outdoor Recovery Course an der FBI-Academy in Quantico, Virginia, statt, fiel aber einer Budgetkürzung zum Opfer.

Auf der Body Farm liegen stets 40 Leichen in unterschiedlichen Verwesungsstadien. Trotz relativ restriktiver Bedingungen - keine ansteckenden Krankheiten, Übernahme der Transportkosten nur im Umkreis von 200 Meilen - übersteigt die Anzahl an Körperspenden den jährlichen Bedarf der Fakultät. Vollständig verweste Leichen werden in Rahmen einer einmal jährlich stattfindenden Clean Up Party vom Gelände entfernt. Die Skelette werden, in Abhängigkeit vom letzten Willen des Spenden den, bestattet oder der William M. Bass Donated Skeletal Collection, der weltweit umfangreichsten Skelettsammlung, hinzugefügt.

Erwähnung in Medien

Diese erste und lange Zeit einzige Body Farm wird in verschiedenen Sachbüchern beschrieben, in Romanen erwähnt, es gibt zwei Dokumentarfilme und sie war Drehort zweier populärer Fernsehserien:

- Im Buch Death's Acre (deutscher Titel: Der Knochenleser) beschreibt der Gründer William M. Bass zusammen mit dem Dokumentarfilmer und Autor Jon Jefferson in 20 Kapiteln ausführlich und detailgetreu die Entwicklung der Einrichtung und berichtet über spannende Fälle.

- Der in Deutschland bekannte Kriminalbiologe Mark Benecke besuchte die Body Farm im März 2002 und schilderte in dem Buch Mordmethoden. Ermittlungen des bekanntesten Kriminalbiologen der Welt. In seinem Newsletter schreibt Benecke: "Schwer staunen musste der Autor übrigens, als er eine der lockeren Leichen-Abdeckungen auf der 'Body Farm' wegzog. Zwar summte ein sehr beachtlicher Fliegenschwarm auf, statt des erwarteten Fäulnisstadiums lag aber eine fast unberührte, wächserne Leiche im Gras. Es handelte sich um einen 'einbalsamierten' (mit Konservierungsmitteln gefüllten) Körper"

- Die Dreharbeiten der CSI-Folge Burden of Proof - die Last der Beweise und der  Dead-Zone-Folge Coming Home - Im Wald der Toten fanden auf dem Gelände der Body Farm statt.

Wenn ihr wollt kann ich auch die anderen Body Farms vorstellen.

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