11. ASHER

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Nachdem Grayson sich von seinem Lachanfall erholt hatte, waren wir weiter geschlendert. Jetzt mussten wir nur noch um eine Ecke biegen und würden sein Haus erreichen, doch er blieb stehen und lehnte sich an eine Mauer. Ich hielt ebenfalls und stellte mich vor ihn.

Mir war klar, dass er das Wiedersehen mit Spasti hinauszögern wollte und ich konnte es verstehen. Ich würde nichts anderes tun. Naja, wenn mein Vater mich so zugerichtet hätte, hätte ich wahrscheinlich geheult wie ein kleines Mädchen, aber Grayson hielt es aus. Er war stärker als er es überhaupt wusste und ja, ich bewunderte ihn dafür.

„Wenn du willst, mache ich Spasti eine Ansage“, schlug ich dann vor.
Ich wusste, dass Grayson mindestens genauso stark war wie ich, also körperlich, aber ich konnte mir vorstellen, dass er sich nicht traute, etwas zu unternehmen. Sonst hätte er es ja schon längst getan.
Ich würde Spasti echt gerne die Fresse polieren, allein dafür, weil er einfach lebte, aber ich wollte mich nicht in Graysons Angelegenheiten einmischen.

„Spasti?“, fragte er aus zusammengezogenen Augenbrauen.
„Alias Stiefvater“, erklärte ich und er lächelte leicht.
„Ja, Spasti passt echt besser zu ihm. Aber nein, ich komme schon klar.“
„Sicher?“, hackte ich nach, da er nicht wirklich überzeugt geklungen hatte.

„Warum interessiert es dich überhaupt?“ Er klang nicht angreifend, sondern ehrlich interessiert. Ich zuckte nur mit den Schultern und vergrub meine Hände weiter in den Taschen meiner Lederjacke. „Ich mag keine gewalttätigen Leute“

Grayson fing laut an zu lachen und musste sich an der Mauer festhalten, damit er nicht umkippte. Sein Lachen war wunderschön, es entblößte eine Reihe weißer Zähne und der raue und zugleich hohe Klang seiner Stimme lies irgendetwas in meinem Bauch passieren. Auch ich musste lächeln, weil ich dieses Gefühl genoss.
„Du bist selbst gewalttätig, Ash.“, erklärte er den Grund für seine Lache. Ja, ich wusste, dass ich sehr impulsiv war, aber irgendwie musste man ja in der Welt zurechtkommen.

„Du bist auch nicht grad ohne“, gab ich zurück. Er war mindestens genauso schlimm wie ich. „Ohne was? Sexappeal?“, fragte er und wackelte mit den Augenbrauen. Dank seines schmerzhaften Zusammenzuckens danach, bereute er es aber sofort. 
„Karma“, kommentierte ich bloß, woraufhin ich einen bösen Bick kassierte.

Dann lehnte ich mich zu ihm an die Mauer. „Wirst du morgen in die Schule kommen?“, wollte ich wissen. Immerhin war er ziemlich schlimm zurichtet. Ich wollte gar nicht wissen, was er für Schmerzen haben würde.
„Klar. Denkst du, ich verbringe Zeit in diesem Haus, wenn es nicht sein muss? Außerdem muss ich die Anzahl meiner Fehltage kleinhalten, sonst werde ich aus dem Team geworfen.“
„Basketball oder?“, fragte ich. Natürlich wusste ich, dass er Kapitän des Baskettballteams war, immerhin konkurrierten wir miteinander. Naja, dieses Jahr würde das ausfallen, da das Footballteam aufgelöst worden war und wir uns jetzt in andere Clubs verteilen mussten.

„Kommst du zum Probetraining?“, wollte er wissen, nachdem er bestätigt hatte, dass er zum Team gehörte.
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, ob Basketball was für mich ist. Beim Football kann man die Gegner zum abreagieren nutzen und wenn man eine Schlägerei beginnt, wird man nur angefeuert, statt abgepfiffen, aber bei eurem Mädchensport darf man den Gegner ja nicht mal berühren“ Ich hatte tatsächlich ein Problem, denn Basketball war die einzige noch freie Sportart für Jungs auf der Schule und wenn ich nicht in die Werken oder Schach AG wollte, musste ich zum Basketball.

„Du willst deine Gegner berühren?“, fragte Grayson dann belustigt und verwundert zugleich. Ich lachte kurz. „Du weißt schon wie ich das meine“ Ich verdrehte die Augen. Dass er immer gleich so anzüglich dachte!

„Ich mache dir einen Vorschlag:“, meinte er dann, nahm mein Bandana von der Stirn, drehte sich zu mir und legte einen Arm hinter mir ab, sodass er mir ziemlich nah war. Ich sah ihn abwartend an, er grinste.
„Wenn du ins Team oder zumindest zum Probetraining kommst, darfst du mich berühren“

Niemand kennt uns wirklich (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt