26. GRAYSON

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Ich war mal wieder zu spät zum Training, doch das interessierte mich nicht wirklich. Mir ging es die letzten Tage einfach nur schlecht und ehrlich gesagt war mir alles egal.

Trotzdem beschleunigte sich mein Herzschlag um ein vielfaches, als ich sah, wie Ash mich musterte.
Ich lächelte ihn an, doch er sah weg.
Ja, toll! Ich dachte immer, mein Lächeln wäre eher anziehend als abstoßend, aber für Ash war das wohl anders. Bei ihm war alles anders.

Ich stellte mich seufzend in die Reihe. Der Coach erzählte wieder irgendetwas, warf uns mit den Bällen ab, die die meisten auch fangen konnten. Dann sollte Daniel die Gruppe warm machen und der Coach rief Ash und mich zu ihm. Es war klar, dass er Ergebnisse sehen wollte, doch wir konnten nichts vorweisen.
„Wie geht es mit dem Training voran, Pisser?“, fragte er, als wisse er bereits,  dass wir nicht trainiert hatten.
„Ash war krank fast zwei Wochen lang, da konnten wir nicht trainieren“ Naja, eigentlich hatten wir abgemacht, am Dienstag zu trainieren, aber das war, bevor ich mit seiner Schwester rumgeknutscht hatte...
„Ash war krank...mimimi...“, äffte mich der Coach nach, sodass ich nur die Augenbrauen hochzog. „Es ist mir egal, was Ash war, ich will, dass er in Form kommt.“
Ash stöhnte genervt und verdrehte die Augen. „Ich bin in Form. In Footballform. Was kann ich denn dafür, wenn man bei eurem Sport wie ein Mädchen werfen muss? Außerdem müssen sie mich ja nicht spielen lassen, wenn sie mich für zu schlecht halten. Ich hätte eh kein Bock auf den Scheiß“ Ash war angepisst, das bemerkte man nicht nur an seinen verengten Augen oder seinen Worten, sondern auch an dem Ton seiner Stimme. Leider trieb dieser raue Klang mein Blut in die falsche Richtung, weshalb ich mich zusammenreißen musste.
„Jetzt hör mal gut zu, Junge. Ich will, dass du Körbe werfen lernst, weil du verdammt viel Potenzial hast. Das kann dir ein Stipendium einbringen, wenn du dich ein bisschen anstrengst.“ Ich zog überrascht die Augenbrauen hoch. Nicht, weil der Coach meinte, Ash hätte Potenzial, denn mir war auch schon aufgefallen, dass er ein Naturtalent war, sondern weil er ihn mit Junge und nicht mit Pisser angesprochen hatte.
Der Coach schien Ash zu mögen und sorgte sich sogar um seine Zukunft. Das tat er bei mir nicht, obwohl ich seit 5 Jahren in seinem Team war.
„Keine Sorge, Coach, wir machen uns ans Training.“ Der Coach sah mich zufrierenden an, dann zog ich Ash mit mir weg von ihm und näher zu den anderen, trotzdem so, dass beide Seiten uns nicht hören konnten.

„Hör zu, ich weiß, dass du nichts mit mir zu tun haben willst und vielleicht ist das auch besser so, also lass uns das mit dem Training einfach hinter uns bringen und dann musst du nie wieder ein Wort mit mir sprechen, okay?“
Ash sah mich die ganze Zeit bloß stumm an, nickte, als ich mit meinem Vorschlag fertig war und drehte sich dann zu den anderen um.
Ich sah ihm hinterher und beobachtete ihn eine Weile.
Wenigstens hatte ich einen Vorwand, Zeit mit ihm zu verbringen und vielleicht konnte ich ihm, wenn wir alleine waren, etwas näher kommen...

Nach zwei Stunden beendete der Coach das Training und rief uns alle nochmal zusammen. Er sagte jedem, was ihm an ihm aufgefallen war, Stärken, Schwächen und alles und endete bei Ash. Nicht einmal bei mir selbst hatte ich so genau zugehört wie bei ihm. Der Coach lobte ihn für die meisten Teilbereiche, jedoch meinte, er sollte nicht so aggressiv spielen und die Basketballregeln lernen, außerdem sprach er wieder das mit den Körben an. Ash nickte verstehend, der Coach sprach weiter. „Und da ist noch etwas. Entweder du legst dir ein Haarband zu, oder du lässt dir die Haare schneiden. Die Länge stört auf dem Feld nur.“
Ich sah etwas geplättet zwischen dem Coach und Ash hin und her. Das war doch jetzt nicht sein ernst. 1. Ashs Haare waren gar nicht soo lang, man konnte sie bestimmt nicht zu einem Zopf binden und 2. War das ja wohl Ashs Sache, wie er seine Haare trug. Außerdem mochte ich seine Haare, vorallem, wenn sie sich leicht lockten und dann in seine Stirn fielen.
„Was interessieren sie sich für meine Frisur?“, fragte Ash. Man merkte, dass er schon wieder angespannt war.
„Du hast Haare, wie ein Mädchen“, gab der Coach zurück. Ich wollte gerade einschreiten, als Ash antwortete.
„Lieber Haare wie ein Mädchen als gar keine Haare. Ich meine, wie machen sie das eigentlich im Sommer? Bekommen sie keinen Sonnenbrand auf der Platte? Oder laufen sie mit einem Hut rum? Auch nicht gerade männlich.“
Das ganze Team lachte, der Coach wurde ganz rot und begann zu Pfeifen bis wir ruhig waren. Ich lächelte Ash stolz an, doch der Streit war noch nicht beendet.
„Du läufst jetzt 50 Strafrunden und weil die anderen dumm gelacht haben, laufen sie mit“ Jetzt lachte keiner mehr alle stöhnten nur genervt, begannen zu laufen, doch Ash blieb stehen, also tat ich das auch. „Bewegt eure Ärsche, Clade und Sutton“
Ash warf mir einen kuren Seitenblick zu, verschränkte dann die Arme vor der Brust und sah den Coach herablassend an. Uh das gefiel mir.
„Jungs, hört auf zu laufen!“, brüllte Ash. Zwar zaghaft taten sie es, aber schließlich blieben sie stehen und sahen zwischen Ash und dem Coach hin und her.
Dann ging Ash langsam aber bedrohlich auf den Coach zu. „Also ich habe folgenden Vorschlag für sie: Entweder sie tun das, wofür sie bezahlt werden, nämlich trainieren uns, damit wir dieses Jahr den Titel holen, hören auf uns Pisser zu nennen, sich über meine Frisur zu beschweren und uns unnötige Strafrunden laufen zu lassen, oder ich gehe in den Schachclub und nehme die Jungs aus dem Footballteam mit“

Ich grinste, während ich beobachtete, wie der Coach nur verstehend nickte und uns dann in die Dusche schickte. Ash lächelte zufrieden und wollte an dem Coach vorbei gehen, doch dieser packte ihn am Arm, sodass er stehen bleiben musste. Ich stand noch immer etwas abseits, war mir nicht sicher, ob die beiden wussten, dass ich noch da war. „Du hast Glück, dass du so ein Talent hast, sonst würde ich dein Leben zur Hölle machen“, fauchte der Coach Ash an.
Er entriss ihm einen Arm und antwortet leise aber gut verständlich: „Das ist es jetzt schon“ und ging dann an mir vorbei in die Umkleiden.
Ich sah den Coach noch einen Moment an, folgte Ash dann, diesmal ohne die Bälle aufzuräumen, da ich keine Lust mehr hatte zu trainieren.

Ich konnte Ash gerade noch abfangen, ehe er den Flur verlassen und in die Umkleiden gegangen wäre. „Das war große Klasse“ Ich weiß, die Worte waren scheiße, doch ich musste irgendetwas sagen. Er sollte wissen, dass ich ihn für seinen Mut bewunderte.
„Wieso hast du dem Coach nie die Stirn geboten? Du hast doch selbst so ne große Fresse“
Ash redete mit mir! Freiwillig! Oh Gott mein Herz!
Ich zuckte möglichst cool mit den Schulten und versuchte mir nicht anmerken zu lassen wie schnell meine Pumpe arbeitete.

„Also wegen dem Training. Kannst du Montag?“, fragte er dann, wodurch ich automatisch grinsen musste. Wir würden uns treffen! Okay, es war kein Date, aber trotzdem freute ich mich darauf.
„Montag nach der Schule hier. Ich habe den Schlüssel“, meinte ich gelassen, er nickte und ging dann in die Umkleide. Ich musste sagen, ich hätte nie gedacht, dass ich mich jemals so auf einen Montag freuen würde, aber da wusste ich ja auch noch nicht, was mir am Wochenende bevorstand.

Niemand kennt uns wirklich (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt