Chapter 39

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"Wieso weckst du mich nicht? Wie lange bist du schon wach?" fragte ich Leo, der an meinem Schreibtisch saß und was malte. "Du hast so süß geschlafen und da wollte ich dich nicht wecken." sagte er und wechselte den Stift. "Ich bin auch erst seit einer halben Stunde oder so wach." fügte er noch hinzu und beendete sein Kunstwerk. "Ich geh mich dann mal fertig machen." sagte ich, stand auf und schnappte mir eine Jeans, ein Top und einen Strickpullover aus dem Schrank. Im Bad duschte ich ausgiebig und zog mich dann an.

Für heute hatten wir noch nichts geplant und mir ging es wesentlich besser, wofür ich sehr dankbar war.
Als ich in der Küche Frühstück machen wollte, bemerkte ich dass wir fast nichts Essbares mehr im Kühlschrank hatten. Und somit stand der erste Punkt auf der Tages Liste schon mal fest: Einkaufen. Ich fand noch ein paar Eier und Schinkenwürfel und machte daraus Rührei. "Hier riecht es aber gut." sagte Leondre und kam zu mir um mir über die Schulter zu schauen. "Wir haben praktisch nichts mehr im Kühlschrank, deswegen muss ich nachher einkaufen gehen. Möchtest du dann mitkommen?" fragte ich ihn und schaltete die Herdplatte aus.
"Klar, von mir aus gerne. Ich hab nichts vor." lächelte er und suchte in der Küche nach Tellern, während ich Besteck und Gläser holte. Wir aßen das Rührei auf und machten uns dann zum Einkaufen fertig.

Als wir im Laden ankamen, öffnete ich meine Jacke, damit ich nachher nicht frieren würde. Es war in den letzten Tagen sehr kalt draußen geworden. Schließlich ist schon Anfang September. Wir liefen entspannt durch die Gänge und nahmen uns das was wir brauchten. "Ähm... Hanna, richtig?" sagte eine weibliche Stimme hinter mir. Ich drehte mich um. "Ja?" Hinter mir stand Meggy. Die aus meiner Klasse. "Geht es dir wieder besser? Man sieht dich nie. Mir wurde viel von dir erzählt, aber wirklich kennen lernen konnte ich dich nicht." sagte sie. "Wer redet denn von mir? Ich bin den meisten doch voll egal. Manchmal hab ich sogar das Gefühl, dass manche gar nicht wissen, dass ich überhaupt existiere..." dachte ich laut. "Oh. Ne Menge Leute reden von dir. Die einen neidisch und die anderen eher begeistert. Liselotte meinte, dass du gelähmt warst und jetzt nichts mehr davon übrig ist und das sie dich sehr sympathisch findet und hofft, dass... Ich sollte vielleicht weniger reden." redete Meggy drauf los und lachte. Jetzt wo ich so direkt vor ihr stand, bemerkte ich, dass sie eigentlich mega hübsch war. Ihre grau gefärbten Haaren gefielen mir sehr. Und ihre dünne Figur passte zu ihrem Style. "Ja, ich war hüftabwärts gelähmt, aber das ist jetzt Vergangenheit. Holst du ein paar Tomaten?" fragte ich an Leondre gewandt, welcher nickte. "Also das was ich bisher von dir gehört habe ist sehr positiv. Viele finden es erstaunlich, dass du jetzt wieder laufen kannst. Aber Mal ehrlich... Wie geht das bitte? Ich meine eigentlich ist das doch unmöglich." sagte sie. "Oh ja. Das frag ich mich immer noch. Obwohl ich weiß, dass es nicht unmöglich ist, sondern einfach nur extrem selten. Es ist fast normal, dass sich Lähmung ausbreiten oder zurückgehen kann, aber komplett verschwinden tut sie vielleicht einmal von tausend Fällen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man auch nur irgendein gutes Wort über mich sagen könnte. Die meisten kennen mich nur vom sehen her. Die mit denen ich mal mehr zutun hatte haben mir irgendwann den Rücken gekehrt, weil es ihnen zu anstrengend war mir zu helfen." Ich weiß nicht, warum ich ihr so viel erzählte, aber ich hatte das Gefühl, dass man ihr vertrauen kann.
"Also die einzige die schlecht von dir geredet hat, war dieses blonde Mädchen... Wie hieß sie noch gleich? Ähm... Ach ja Lily! Die war ziemlich fies." Ich lachte. "Du musst dich irren. Lily ist meine beste Freundin, die redet nicht schlecht über mich." Meggy schweigt. Würde Lily wirklich schlecht über mich reden? "Sie hat Recht. Ich wollte es dir nicht sagen, weil ich dich nicht verletzen wollte, aber Lily hat während deiner Abwesenheit quasi der ganzen Schule erzählt wie kacke du bist." sagte Leo der plötzlich wieder hinter mir stand. Ich schluckte. "Aber hör nicht auf sie. Sie ist bestimmt nur neidisch." fügte er noch schnell hinzu. Meggy schaute sich um. Sie fühlte sich gerade sichtlich unwohl. "Äh. Ich geh dann Mal wieder. Tschüss." sagte sie und verschwand hinter dem nächsten Regal. Ich schaute Leo an und er nahm mich in den Arm. Nach kurzer Zeit schob ich ihn weg, blinzelte um die sich anbahnenden Tränen zu unterdrücken und murmelte ein: "Darüber zerbreche ich mir später den Kopf." Und lief weiter. Wir holten noch die ein oder andere Sache und gingen dann zur Kasse.

Als wir wieder daheim waren und den Einkauf in die Schränke räumten, dachte ich darüber nach was ich erfahren hatte. Ich wollte mich selbst davon überzeugen. Ich wollte mir erst Gedanken darüber machen, wenn ich mir wirklich sicher sein kann und vielleicht auch einen Grund erfahre. Ich wollte Lily darauf ansprechen. Irgendeinen Grund muss es ja geben.

Es war 17:48 Uhr und Leondre und ich saßen auf der Couch und schauten uns irgendeinen Rotz im Fernsehen an und machten uns darüber lustig. Ich hörte mein Handy irgendwo vibrieren, suchte kurz und fand es dann in der Sofa-Ritze neben Leondre. Ich lag quer über seinen Schoss, halb verrenkt und ging ran. "Ja?" sagte ich und rekelte mich so umher, dass es halbwegs bequem war. "Sag Mal, was hast du heute noch so vor?" fragte Lukas direkt am anderen Ende. "Ähm nichts, wieso?" sagte ich. "Lust auf ein Date mit deinem Freund?" fragte er. Ich runzelte die Stirn. "Äh... Liebend gerne, aber..." "Mach die Tür auf." unterbrach er mich. Ok? Ich stand auf, lief zur Haustür und öffnete sie.
Vor mir stand Lukas mit einem Strauß roter Rosen. "Überraschung!" sagte er noch ins Handy und legte dann auf. Ich konnte den Mund gar nicht schließen so überrascht war ich. "Was machst du denn hier?" fragte ich überrascht. "Ich hab die paar Termine die ich hatte verschoben und das was ich eh von zu Hause aus gemacht hätte, kann ich auch hier bei meiner bezaubernden Freundin machen." lächelte er und gab mir einen Kuss. Ich schob mein Handy in die Hosentasche und nahm ihm die Blumen ab. Das ist so ein Moment, von dem man als kleines Mädchen geträumt hat. Rote Rosen. Ich stellte sie in einer Vase in die Küche. "Leondre ist im Wohnzimmer. Du kannst ihm ruhig hallo sagen. Ich bring dein Zeug weg." sagte ich zu Lukas und nahm ihm seinen Rucksack ab. Er nickte und wandte sich zum Gehen. "Ach Lukas!" sagte ich noch und er drehte sich nochmal um. Ich lief zu ihm und küsste ihn leidenschaftlich. "Schön das du hier bist. Ich hab dich vermisst." Dann drehte ich mich um und ging in mein Zimmer. Dort musste ich erstmal durchatmen.
Ich stellte den Rucksack ab und ging ins Bad um mich frisch zu machen. Ich hoffe Leo und Lukas verstehen sich. Ich ging wieder ins Wohnzimmer und fand die beiden lachend auf dem Sofa. Scheint ja gut zu klappen. "Hanna, der ist genehmigt. Der gefällt mir. Meinen Segen hast du." sagte Leo als er mich bemerkte. Ich lachte. "Schön. So leid es mir tut, aber wenn du jetzt das Gegenteil behauptet hättest, hätte ich mich nicht von ihm getrennt."
Wir redeten noch eine Weile und dann verabschiedete sich Leondre von uns um unsere Zweisamkeit nicht zu stören.

"Also was meinst du mit Date? Ein schick-ins-Restaurant-gehen-Date oder ein knutschend-auf-der-Couch-kuscheln-Date?" fragte ich. "Lass es uns raus finden!" grinste Lukas und spätestens als er mich auf das Sofa drückte, wusste ich die Antwort.



Kiss me (Lukas Rieger FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt