Parallelwelten

Alte Freunde, neue Feinde

Die nächsten Tage verliefen eigentlich alle im gleichen Rhytmus. Hinata fuhr mit dem Fahrrad zur Schule, kämpfte sich durch den Unterricht (mit den obligatorischen schlechten Zensuren), verausgabte sich im Volleyballtraining und schleppte sich völlig erschöpft nach Hause. Die Pausen in der Schule verbrachte er meist mit Kindaichi, mit dem er sich nach wie vor gut verstand. Zwischen den beiden Erstklässlern hatte sich eine Art Freundschaft entwickelt, die Hinata sehr zu schätzen wusste.

Im Volleyballclub war er zwar mit keinem wirklich eng befreundet, aber er respektierte jeden Einzelnen von ihnen und durch seine freundliche, aufgeschlossene Art fiel es ihm auch nicht schwer, gemocht zu werden. Das Training hatte sich in den letzten Tagen noch verschärft, da in einer Woche schon das Inter High anstand und jeder von ihnen zumindest ein kleines bisschen nervös war.

Es war ein Donnerstag, an dem für Hinata einiges anders wurde. Er und seine Teamkollegen waren gerade im Clubraum beim Umziehen, als eine Diskussion über ihre zukünftigen Gegner beim Turnier entbrannte. Angefeuert wurde diese von Oikawa, der nach wie vor der Meinung war, dass sie sich vor allem auf die Shiratorizawa konzentrieren müssten.
"Du bist schön blöd. Es gibt außer der Shiratorizawa auch noch andere Mannschaften, die Qualität haben. Ich denke da nur an die Johzenji, die deinen Lieblingsgegner schonmal vernichtend geschlagen haben. Was ist mit denen?", empörte sich Iwaizumi. "Ach die...", winkte Oikawa ab, "Die waren mal gut, aber in letzter Zeit sind die doch komplett abgesoffen." "Da wäre ich mir nicht so sicher.", warf Hanamaki ein, "Ich hab gehört, sie sollen ihren Spielstil komplett geändert haben. Sonst hätten sie es wohl kaum letztes Jahr in die Top 4 geschafft." Ein Großteil des Teams (zumindest der Teil, der zuhörte), nickte bestätigend.

"Mensch Leute...", meinte Oikawa mit einem süßlichen Lächeln, "Ich mach doch nur Spaß. Ihr wisst doch, dass ich beim Turnier keinen unserer Gegner unterschätzen werde. Aber...", "Wenn du jetzt nochmal von der Shiratorizawa anfängst, hau ich dir eine rein.", "Du bist immer so brutal, Iwa-chan. Heb dir deine Energie lieber für's Turnier auf.", "Du bewegst dich auf ganz dünnem Eis, Assikawa." Auch zwischen den restlichen Spielern entstanden hitzige Diskussionen über ihre nächsten Gegner und so ziemlich alle Mannschaften der Präfektur wurden zumindest einmal erwähnt und dann besprochen, was beim Spiel gegen sie zu beachten war. Hinata beteiligte sich auch an dem ein oder anderen Gespräch, auch wenn er gegen die meisten der genannten Mannschaften noch nicht gespielt hatte, und ihm demnach die Erfahrungen fehlten.

"Was ist mit der Karasuno? Können die uns auch gefährlich werden?", warf Kunimi nebenbei ein und sofort hörten Oikawa und Iwaizumi auf zu diskutieren. Ein paar Sekunden lang war es komplett ruhig im Raum, bis Oikawa auf einmal anfing zu lachen. Iwaizumi warf ihm einen vernichtenden Blick zu und wollte schon ausholen, um ihm eine Ohrfeige zu verpassen, doch er hielt sich aus unklarem Grund zurück.
"Guter Witz, Kuni-chan.", sagte Matsukawa und zeigte ihm einen Daumen hoch, der daraufhin nur eine Grimasse zog. Hinata fühlte sich in dem Moment so, als hätte ihm einer in die Magengrube geschlagen.

"Wieso, was ist denn mit der Karasuno?", stellte Kindaichi die Frage für ihn, als hätte er seine Gedanken gelesen. Ja, was verdammt nochmal war mit der Karasuno, dass man sich über sie lustig machen musste?
"Ach Kindaichi-chan.", fing Oikawa an, "Du kennst die Karasuno vermutlich noch aus der Zeit als der kleine Gigant noch bei ihnen gespielt hat, hab ich recht? Das ist jetzt aber schon eine ganze Weile her. Weißt du, warum man sie auch die Krähen nennt, die nicht mehr fliegen können?"
"Naja, das Wort "Karasu" steht doch für Krähe oder etwa nicht?", fragte Kindaichi unschuldig und allgemeines Gelächter brach über seine Themenverfehlung aus.
"Sie heißen so, weil sie schlecht sind.", erbarmte sich Matsukawa schließlich. "Achso, ich dachte sie wären schon wieder besser geworden.", murmelte Kindaichi peinlich berührt.
"Du und Kunimi, ihr wart beim letzten Spiel gegen sie nicht dabei gewesen also könnt ihr es nicht wissen. Aber sie sind wirklich ziemlich schlecht.", erklärte Yahaba nüchtern und erhielt allgemeine Zustimmung für seine Aussage.