Wunder

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Alec hatte mich gebeten, mein Auto fahren zu dürfen, aber da blieb ich hart. Niemand außer mir (und vielleicht Jasper und Bella) dürfte mein Auto fahren! Dieses Auto war mir fast so wichtig, wie meine Schwester und die beschützte ich mit meinem Leben! Am Flughafen musste ich mich dann auch von Bella verabschieden. Das fiel mir schon sehr schwer. Es wurde besser, als wir den Flieger betraten, denn dann gewann die Frage, wo wir hinfliegen würden. Alec hatte mir dafür sogar vorübergehend die Sicht blockiert. Und auch das Gehör. Er hatte das alles wirklich gut durchdacht... Aber meine Nase funktionierte noch und als wir das Flugzeug nach der Landung wieder verlassen hatten, roch irgendwo Böhnchen mit roter Sauce, Speck, Spiegeleier und extrem buttrigen Toast. ,,Sind wir in England?", fragte ich deshalb meinen Freund. ,,Woher weißt du das?", fragte er amüsiert. ,,Meine Nase funktioniert noch prächtig", erwiderte ich mit einem kichern und stellte fest, dass auch meine Ohren wieder funktionierten. Er griff plötzlich meine Hand und lotste mich in eine andere Richtung. Wäre ich noch ein Mensch, hätten mich meine Schuhe bestimmt umgebracht und ich wäre in Jogginghose rumgelaufen und nicht im Kleid von der Hochzeit. Ich hatte das angezogen, was ich ursprünglich zum Schulball hatte anziehen wollen. Als wir das Flughafengebäude mit unseren Koffern verlassen hatten, klärte sich irgendwann auch wieder meine Sicht und ich erkannte den Flughafen von London Stansted. Ich war dort einmal auf Klassenfahrt. ,,Willst du mich nach London entführen?", fragte ich deshalb und konnte ein Strahlen nicht verhindern. ,,Nicht ganz", gab Alec jedoch mit einem Grinsen zurück und hielt weiterhin meine Hand, ,,Noch sind wir nicht am Ziel." Wir liefen eine Weile durch London, bis wir einen der Häfen erreicht hatten. Dort ging er mir voraus an Bord eines kleinen Bootes. Keine Ahnung, wie lange wir damit übers Meer brausten, aber ich genoss den Wind und die salzige Luft, die mir in die Nase wehte. Dabei fühlte ich mich auch ein bisschen wie in Titanic. Plötzlich tauchte mitten im Nirgendwo des Ozeans eine Insel vor uns auf. ,,Das ist Janes und meine Insel", erklärte mir Alec von hinten, ,,Wir sind dort geboren und aufgewachsen." ,,Endlich mal was aus deiner Vergangenheit", rief ich über die Schulter zurück, fragte mich aber gleichzeitig, woher Vampire dieses ganze Geld nahmen. Mögliche Erklärung: Die vielen vergangenen Lebensjahre boten Zeit zum sparen. 

Dann betraten wir die Insel. Meine Schuhe hatte ich lieber mal ausgezogen. Der Sand war so angenehm an den Füßen, wie eine Massage. Die Sonne ging gerade erst überm Wasser auf. Es war einfach nur herrlich. Glücklich drehte ich mich um meine eigene Achse, bis ich plötzlich keinen Boden mehr unter meinen Füßen spürte und mich in Alecs Armen wiederfand. So trug er mich bis zum einzigen Haus, dass weit und breit zu sehen war. Hinter dem Haus hörte der Strand auf und es ging in einen Wald mit Wiese und allem. Erinnerte mich ein bisschen an zu Hause. ,,Es ist wunderschön hier", sagte ich nur, als er mich hinter der Schwelle wieder abgesetzt hatte. ,,Nur das Beste für meine Königin", säuselte er mir ins Ohr. Allein durch diese Worte wurde mein halber Körper zu Wackelpudding. Und es wurde nur noch besser. Im Schlafzimmer angekommen entdeckte ich als erstes das Bett und meinte etwas verwirrt: ,,Vampire schlafen doch nicht." ,,Nicht jedes Bett ist zum schlafen gedacht", erwiderte Alec und umfasste von hinten meine Hüften. Halleluja, dass jagte mir einen ordentlichen aber angenehmen Schauer durch den Körper. Erst recht, als er anfing, meinen Nacken zu küssen. Und schon wurde das Bett in Angriff genommen. Doch ich spürte sein zögern, als ich den Reißverschluss meines Kleides langsam nach unten zog. Ich löste meine Lippen von seinen, um ihn ansehen zu können und sagte: ,,Hey, was auch immer es ist, du kannst es mir sagen." ,,Es ist nur", druckste Alec etwas rum, ,,Wenn ich mich nicht kontrollieren kann, dann kann ich auch meine Gabe nicht kontrollieren und ich will nicht..." ,,Schon gut", unterbrach ich ihn, ,,Hakuna Matata. Ich vertraue dir." ,,Hakuna Matata?", fragte mein Freund verwirrt. ,,Es heißt keine Sorgen", erwiderte ich sanft und fuhr damit fort, ihn zu küssen, ,,Es gibt noch so einige Filme mehr als Herr der Ringe, die man gesehen haben muss." Und was dann zwischen uns war, dass war einfach unbeschreiblich. Diesen Tag würde ich in tausend Jahren nicht vergessen. 

Als ich dann in der Nacht einfach nur in Alecs Armen lag, an ihn gekuschelt, war ich einfach nur glücklich. Aber trotzdem wünschte ich mir, er würde mir etwas mehr über seine Vergangenheit erzählen. Er schien plötzlich auch Gedanken lesen zu können, denn mit einem mal fing Alec an, zu erzählen: ,,Geboren bin ich am 14. Februar 800 nach Christus. Die Dorfbewohner hielten Jane und mich und schon für sonderbar, da konnten wir kaum laufen. Aro zeigte bereits früh Interesse daran, uns in seinen Zirkel aufzunehmen, aber wegen seines Gesetzes, welches die Erschaffung unsterblicher Kinder verbietet, war er gezwungen zu warten. Ich ließ Jane nur einen Moment allein, aber das reichte den Dorfbewohnern. Sie nahmen uns gefangen und banden uns auf einen Scheiterhaufen. Sie haben uns der Hexerei beschuldigt. Unsere Mutter haben sie zu Tode geschlagen, während wir verbrennen sollten. Aro hat uns gerade noch rechtzeitig da runter geholt, nachdem er das Dorf nieder gemetzelt hatte und er hat uns verwandelt. Nur deshalb bin ich so lange bei ihm geblieben. Er hat mir damals das Leben gerettet." ,,Wow", war alles, was ich dazu sagen konnte, ,,Jetzt verstehe ich, wieso du mir nie von deiner Vergangenheit erzählen wolltest. Aber wieso hast du deine Meinung jetzt geändert?" ,,Hakuna Matata", war die Antwort, ,,Ich hatte Angst, dass du mich dann anders sehen würdest. Das du mich sehen würdest, wie die Dorfbewohner es taten. Aber du hast recht. Sich dauernd nur Sorgen zu machen oder Angst zu haben, dass bringt uns nicht weiter. Ich vertraue dir." Das ließ mich dahin schmelzen und ich küsste ihn erneut auf diese perfekten Lippen,

Die Zeit flog nur so dahin. Schneller als ich gucken konnte, waren zwei Wochen vergangen. Es war ein verregneter Tag. Ich saß in kurzer Jeans und einer weißen Bluse auf der Couch des Hauses vorm Fernseher und wählte im Filmmenü von König der Löwen Film abspielen aus. Alec kam nur eine Sekunde später dazu und fragte: ,,Was läuft heute?" ,,König der Löwen", erwiderte ich fröhlich und schmetterte natürlich gemeinsam mit Elton John Circle of life. Ein wunderbares Lied! Doch am Ende des Films wurde mir eine der schönsten Szenen versaut. Simba erklomm gerade nach seinem Sieg über Scar den Königsfelsen, als ich schon wieder so ein Schreckensbild von Bella vor Augen hatte. Eigentlich sah ich sie nicht, ich hörte sie nur sagen: ,,Ich denke ich bin schwanger." ,,Ach du heilige Scheiße", fluchte ich und schaltete erschrocken den Fernseher aus. ,,Was ist los?", fragte Alec besorgt, als er meinen schockierten Blick bemerkte. ,,Mein Zwilling", gab ich nur als Antwort zurück und suchte zwischen den Sofapolstern verzweifelt nach meinem Handy. Als ich es endlich gefunden hatte, wählte ich sofort Bellas Nummer und war mehr als nur erleichtert, als sie ran ging. ,,Eli?", fragte sie. ,,Bella", stieß ich erleichtert aus, ,,Halleluja, du weißt gar nicht, wie sehr du mich gerade erschreckt hast. Wo bist du?" ,,Wir fahren gleich wieder rüber nach Rio, zum Flughafen", gab meine Schwester etwas verwirrt zurück. ,,Dann treffen wir uns in Rio am Flughafen", schloss ich das Gespräch. ,,Alec", fing ich dann an und überlegte verzweifelt, wie ich es ihm erklären könnte. ,,Geh schon", sagte er jedoch nur, ,,Zwillinge über alles." Und ich rannte so schnell, wie ich noch nie zuvor gerannt war. Nicht übers Wasser, ich bin ja nicht Jesus, sondern über den Grund des Atlantiks. Wobei mir ein zwei Haie verwirrt hinterher schauten. Ich hielt erst an, als ich eine sichere Schattenecke am Flughafen von Rio erreicht hatte. Ein schwarzer Wagen fuhr gerade neben die Landebahn und ich erkannte den Herzschlag meiner Schwester. ,,Bella!", rief ich ihr entgegen, als ich in menschlichem Tempo zu ihr rüber joggte. Sie stieg aus dem Luxusschlitten aus und fragte mich etwas verwirrt, angesichts meiner nassen Klamotten: ,,Eli, wie bist du so schnell hier her gekommen?" ,,Hab eine kleine Abkürzung durch den Atlantik genommen und vielleicht hab ich auch hier in Rio bei ein oder zwei Blitzern die Sicherungen durchbrennen lassen", erwiderte ich sofort und zog sie in meine Arme. Tatsächlich spürte ich die kleine Wölbung des Babybauches. ,,Willst du mein Baby auch töten?", fragte mich Bella plötzlich und wirkte wütend. ,,Gott, nein!", widersprach ich ihr sofort, ,,Ich will dein Baby beschützen. Genauso, wie ich dich beschütze. Bella, ich könnte dir niemals weh tun. Auch nicht deinem Baby." Das schien sie zu beruhigen, denn sie drückte mich ganz fest und ich spürte eine warme menschliche Träne auf meiner Haut. Es stimmte, was ich gesagt hatte. Ihr Baby war ein Wunder und allein deswegen würde ich es schon beschützen. Aber noch vielmehr würde ich es beschützen, weil ich meinen Zwilling über alles liebte und ihr niemals wehtun könnte. Nicht mal dann, wenn es um ihr Leben geht.


Bis(s) zum Ende der Nacht What if...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt