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Während wir warteten, breitete sich in unserer Gruppe merkliches Unbehagen aus. Wie hätte der scheiß Mutant hier runterkommen können? Es waren alle Zugänge zur Metro versiegelt. Man konnte natürlich hoch, doch machte das keiner außer ein paar Militär, die in der Nacht gingen und durch bestimmte Klopfzeichen wieder von anderen Militär reingelassen wurden. Kein anderer würde es wagen, die Verbindung zur Welt über uns zu öffnen.

Wir schwiegen größtenteils, es wurden nur ein paar Worte gewechselt. Nach etwa einer Stunde kehrten Boris und Putin zu uns zurück. Boris sah genervt aus. Aber so sah er immer aus, also dachte ich mir nichts dabei. Sein Arm war ordentlich bandgiert, sodass seine Wunde nicht mehr zu sehen war. Aber auch Putin sah unglücklich aus und dieser Ausdruck schien nicht nur eine Reaktion auf die scheiß Situation hier unten zu sein, die durchgehend in der Metro herrschte.

„Was ist los? Alles ok?", fragte Anastasia.

„Nein, Dimitri hat uns dazu beauftragt, dieses Viech zu töten und die Stelle zu finden, durch die es reingekommen ist", antwortete Putin verdrossen. Es war ihm eindeutig anzusehen, dass er diese Idee nicht allzu guthieß. Dimitri und ich sprangen auf, denn es war natürlich unsere militärische Pflicht, diesen Auftrag zu befolgen.

„Gut, dann auf", meinte mein Genosse mit kräftiger Stimme und voller Tatendrang. Ja, auch ich war motiviert. Nach Jahren der Ausbildung und weniger spannenden Ereignissen im Zentrum wollten wir beide natürlich mehr Erfahrungen sammeln. Richtigen Erfahrungen, die uns auch in Zukunft nützen würden. Natürlich vorausgesetzt, dass wir überleben würden. Doch ich hatte keine Angst zu sterben. Es gab keine Hoffnung auf ein besseres Leben und Sterben würde immerhin bedeuten, aus diesem Drecksloch zu entkommen. Die anderen der Gruppe waren nicht so begeistert.

„Wirklich? Sollen wir da jetzt wirklich rein?", fragte Anastasia ängstlich.

„Lebt da nicht deine Familie", fragte Putin.

„Ja, du hast Recht... ok lass uns gehen."

Zögernd standen die anderen auf. Alle hatten ihre Gründe, weiter zu gehen und das trieb sie an. Wladimir schien gefasst, dessen Gründe kannte ich aber nicht, fiel mir ein. Doch hatte er vorhin gewusst, dass es sich nur um einen Welpen handelte, jedenfalls zu Beginn. Er musste mehr wissen oder vielleicht sogar Fähigkeiten besitzen, die unserer Gruppe insgesamt sicher auch helfen würde. Je mehr ich darüber nachdachte, desto sympathischer wurde er mir. Im Gegensatz zu dem Drecksköter, den Anastasia nun in den Armen hielt.

„Den Hund lassen wir hier", meinte ich missgelaunt zu ihr.

„Nein, vielleicht nützt er uns ja noch etwas", meinte sie mit ihren Kleinmädchenaugen. Ich spuckte demonstrativ vor ihr auf dem Boden, ließ dann aber von ihr ab. Solange er mir nicht im Weg war, solle es mir recht sein.

„Was ist mit mir, soll ich etwa auch mit?", fragte Jegor.

„Dimitri meinte, eigentlich schon, du kannst aber auch hierbleiben, wir brauchen dich nicht", sagte Boris.

Jegor tat so, als ob er eigentlich nicht mitwollte. Man sah ihm aber an, dass er insgeheim auf jeden Fall dabei sein wollte.

„Doch, wenn Dimitri meinte, ich solle mitkommen, werde ich das Wohl oder Übel tun müssen", nuschelte er.

Wir ließen ihn mitkommen und stellten uns möglichst geschickt auf. Im Tunnel war nur Platz für zwei Personen nebeneinander, deshalb ging ich natürlich vor, diesmal aber mit Wladimir an meiner Seite, da Boris Anastasias Lampe halten wollte. Boris meinte, es würde nichts bringen, das Licht so weit hinten zu haben und Anastasia traute sich nicht, weiter vorne zu laufen. Sie war ohnehin so winzig, dass sie nicht hätte weit leuchten können. Ich stimmte Boris auf jeden Fall zu, sowas wie gerade eben brauchten wir auf keinen Fall erneut, auch, wenn das bedeutete, dass er nicht seine Waffe gezogen halten konnte. Doch er war sowieso verletzt, insofern war es so gut. Er stand hinter uns und leuchtete zwischen Wladimir und mir durch.

Weshalb Wladimir vorne laufen wollte, war mir unklar, denn er sah nicht wie ein sehr guter Kämpfer aus, doch hielt er mutig seine Stechkin nach vorne gerichtet. Mir war es egal, solle er machen, was er für richtig hielt. Hinter Boris liefen Jegor und Putin, dahinter Ivana und zum Schluss Anastasia und Dimitri. Sie alle hatten eine Stechkin in Händen, dies mehr oder – in Anastasias Fall – weniger gut, außer Dimitri, der seine große Kalaschnikow schussbereit hielt. Dass er uns nach hinten hin absicherte, war meines Erachtens eine sehr gute Idee. Der Köter blieb glücklicherweise bei Anastasia.

In dieser Formation machten wir uns auf in die Richtung der nächsten Station. Woikowskaja.



Hart aber UngerechtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt