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Ich saß nun ein paar Wochen hier fest. Die gute Frau von der Kneipe erwies sich als eine gute Freundin. Sie hieß Gerda Schönberg, war 49 Jahre alt, für ihr Alter noch top in Form und Kettenraucherin. Sie half mir kurz nach meinem ersten Besuch ''meine Wohnung'' wiederzufinden. Allgemein half sie mir, etwas Orientierung zu finden. Fakt war, wir befinden uns in Berlin. Sogar nicht allzu fern vom Tor und dem Reichstagsgebäude. Der Krieg herrschte natürlich immernoch. Doch je länger er andauerte, desto mehr merkte man, in welche Richtung es auch die Leute zog. Vermehrt wurde die Ausgrenzung von Juden in die Öffentlichkeit getragen. Gerda, die selbst kein Problem mit dem jüdischen Volk hatte, war gezwungen, aus ihrer Kneipe einen ''Judenfreien Raum'' zu machen. Dazu gab es Zwei Hauptgründe. Erstens, ihre eigene Sicherheit. Die Männer der SA, SS und weiß Gott noch wer haben es mehr als deutlich gemacht. Zweitens, ist die Kneipe schon seit Jahren ein beliebter Anlaufpunkt für Soldaten und Veteranen gewesen.

Um mein eigenes Geld zu verdienen, half ich Gerda bei der Arbeit aus. Dabei entwickelte ich leider die Gewohnheit des Rauchens an. Nicht, dass es so viel war wie die gute Frau Schönberg wegrauchte. Ich tat es nur hin und wieder, um mich selbst zu beruhigen. Es fiel mir schwer, damit wieder aufzuhören. Neben der Arbeit, versuchte ich noch immer herauszufinden, was das Ganze jetzt sollte. Es gab nur eine logische Erklärung: Ein Traum. Allerdings hatte ich schon den Verdacht auf eine Zeitreise. Aber sowas war doch schlicht unmöglich. Zeitreisende gab es doch bisher nur in Filmen und Bücher... oder vielleicht doch nicht? Ich versuchte erst gar nicht wieder, mir den Kopf über Dinge zu zerbrechen, die ich eh nicht verstand. Früher oder später werde ich schon auf eine Lösung kommen. Die kleine Glocke über der Tür klingelte und eine Gruppe von SS-Männern betrat den Raum. Kurz gefolgt von anderen Mitgliedern der SS. Anhand der Kragenspiegel konnte ich erkennen, dass die Meisten zu dem Totenkopfverband gehörten. Solche Leute übernahm Gerda. Sie hatte einfach mehr Erfahrung und kannte hin und wieder einige der Männer. Ich bemerkte, dass sie sich nicht den Schnee von den Stiefel abgeklopft hatten und somit stand der halbe Gang unter Wasser und Schlamm. Da sind sich die Herren wohl zu fein für... Kurzerhand beschloss ich, mit ein paar Lappen die alten Dielen sauber zu wischen.

Als ich dann so auf dem Boden hockte und mit Geduld das dreckige Wasser aufwischte, stellten sich mir plötzlich zwei schwarze Stiefel in den Weg. Ich runzelte die Stirn und legte meinen Kopf in den Nacken, um die gewisse Person sehen zu können. Als der grimmig aussehende Mann nichts sagte, stand ich einfach auf und stellte mich einen Schritt zur Seite. Mit einem Schnauben sah er mich an und fuhr seinen Weg zu den Herrentoiletten fort. ,,Liebes, würdest du mir kurz bei den Getränken helfen?", hörte ich Gerda, welche an der Tür zur Küche stand. Ich nickte stumm und kam der Bitte nach. Während wir die fehlenden Gläser aus den Schränken holten und auf den Tabletts stellten, fragte ich sie: ,,Du, Gerda. Wie hieß denn der Mann eben? Der Untersturmführer der Totenkopfdivision." ,,Du meinst den Jungspund, der aussieht als würde er versuchen jedem überlegen zu sein?". Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. ,,Ja, so kann man ihn auch beschreiben." ,,Das ist Heinrich Röthke. Ein Name der viel Ärger bedeuten kann.", flüsterte sie mir leise zu, als sie das erste Tablett nach vorne zu den Männern trug. Das war also eine indirekte Warnung. Allein schon sein Name klang streng.

Ich holte drei Flaschen Schnaps aus dem Keller der Kneipe und stellte sie zu dem Gruppentisch der Männer. Alle saßen sie Beisammen, hatten ihre Schirmmützen über den Knäufen der Rückenlehnen ihrer Stühle gehängt. Die Freude war groß, als sie endlich mit dem Saufen anfangen konnte. ,,Auf's Wohl, meine Herren! Auf den Führer, den Krieg und auf das wir heile zu unseren Frauen zurückkehren können! Ein dreifaches - Sieg Heil!", einer hielt eine kurze Rede, die Anderen grölten ihm nach, geleitet durch ihren Hass auf alle nicht-arischen Rassen und national extremistischem Gedankengut. Einer der Soldaten stach einem jedoch ins Auge. Er war nicht so voller Elan wie seine Kameraden. Kragenspiegel und Schulterstück mit orangefarbenem Rand verrieten seinen Dienstgrad. SS-Unterscharführer, vergleichbar zu den heutigen Unteroffizieren. Als sich unsere Blicke trafen, erstarrte ich. Eisblaue Augen, leuchtend unter dem gedimmten Licht der Kneipe. Er schien wesentlich jünger als seine Begleiter. Sein braunes Haar war sauber gescheitelt und gekonnt nach hinten gekämmt. Ich rief mir in den Gedanken zurück, dass es wohl möglich kein guter Mensch war. Er war bei der Waffen-SS, dass hieß das man dort meist nur eintreten konnte, wenn man freiwillig die Ideologie des Führer durchsetzen kann und will. Das Verlangen nach mehr Bier eines anderen Kunden lenkte mich zurück auf die Arbeit.

Jaa, ein sehr kurzer Kapitel mit nur knapp 800 Wörtern. Dafür folgt in Kürze ein "Filler-Kapitel", beziehungsweise eine Vorstellung der Charaktere, die bisher aufgetaucht sind :)

Im Feuer der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt