Tick

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Tick Tick Tick

Kein Tack oder gar ein Tock. Nur Tick. Die Uhr ist kaputt. Eine Sekunde vorwärts, eine Sekunde zurück.

Tick Tick Tick

Die Zeit in diesem Raum ist tot. Einfach weg.

Ich starre nichts Besonderes an, sondern starre einfach in die Luft.

Ich schließe kurz die Augen und versuche mich auf die Stimme zu konzentrieren. Als ich sie wieder öffne, trifft mich sofort ein strafender Blick.

Ich lasse meinen Kopf seitlich gegen die Fensterscheibe sinken. Der Vorhang ist zu und in einem dunklen Braun. Ganz schön hässlich.

Tick Tick Tick

Immer dieses Ticken. Ich kann es nicht mehr ausblenden.

Ich setzte mich wieder aufrecht hin.

Ich frage mich, ob es den Leuten um mich herum genauso ergeht wie mir.

Jetzt starre ich die Uhr an. Was ist die echte Uhrzeit? Existiert überhaupt noch etwas außerhalb dieses Raumes? Ist Zeit überhaupt noch real, wenn sie doch in diesem Raum hier tot zu sein scheint?

Im Geiste versuche ich die Uhr dazu zu zwingen, sich weiter zu bewegen. Nichts passiert. Doch dann – Tick TOCK

Die Uhr bleibt stehen.

Mein Kopf sinkt auf meine verschränkten Arme.

Ich will raus hier.

Es bringt ja doch nichts. Zumindest nicht gerade.

Tick Tick Tick

Das Ticken schleicht sich wieder in meinen Kopf. Bilde ich es mir nur ein? Ich widerstehe der Versuchung, aufzublicken, nur anfangs.

Dann schießt mein Kopf plötzlich nach oben. Die Uhr ist wieder losgegangen. Der Sekundenzeiger zittert, als er immer wieder auf die 45 zurückkehrt.

Ich stütze meinen Kopf auf meine Hände und beginne, innerlich bis hundert zu zählen. Bei sechsundsechzig bleibe ich stocken. Wie oft habe ich jetzt schon die sechziger durchgezählt? Nur einmal, oder schon öfter?

Ich weiß es nicht mehr.

Tick Tick

Ich starre zu dem Mann, der im Raum auf und ab läuft. Er bewegt seinen Mund, aber ich verstehe nicht, was er sagen will.

Mein Gehirn fühlt sich an wie Brei.

Ich habe Hunger, denke ich.

Vielleicht auch nicht.

Tick Tick Tick Tick Tick

Die Zeit hier drinnen ist kaputt gegangen.

Dann – ein lautes Klingeln.

Ich beginne, gewohnt meine Dinge zusammenzupacken. Wie ein Zombie.

Ich schlurfe aus dem Klassenzimmer, kaum bin ich draußen, krame ich meine Kopfhörer aus meinem Rucksack. Ich stecke sie in mein Handy, dann in meine Ohren.

Musik dröhnt durch meinen Kopf, vertreibt langsam das taube Gefühl.

Aber irgendwo – ganz tief in meinem Unterbewusstsein – tickt noch die Uhr.

Tick Tick Tick Tick Tick Tick Tick

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