Sie verließen den Keller durch einen Aufzug, der direkt in den Eingangsbereich des alten Backsteingebäudes der Polizei von Woodhaven führte. In dem hohen Raum befand sich eine Vielzahl von Leuten, Polizisten sowie Bürger, die dicht gedrängt und emsig erledigten, was auch immer sie zu erledigen hatten. Ein wahres Gewimmel, denn die Stadt Beschäftigte viele Polizisten. Doch trotz dieses dichten Gedränges fiel eine Person der jungen Ermittlerin sofort ins Auge. Es war eine Frau, ungefähr so groß wie Karina, mit makellos schöner, porzellanfarbener Haut und elegant schimmernden, rabenschwarzen Haaren. Diese Frau passte in die Menschenmenge wie ein schwarzes Loch in einer Tüte Kaubonbons. Ihre gesamte Ausstrahlung war so unglaublich einzigartig, imposant und schlichtweg beeindruckend, dass alle anderen Menschen um sie herum einfach Aussagen wie blasse Schatten. Sie trug einen langen, schwarzen Trenchcoat, schwarze Strumpfhosen, einen schwarzen Faltrock, elegante, schwarze Stiefel mit hohen Absätzen und schwarze Lederhandschuhe. Um die Schwärze noch abzurunden, hatten ihre Augen, die von makellos langen, dichten Wimpern umrandet waren, die dunkle Farbe von frisch aufgebrochenen Basaltsteinen.
Als die makellose Frau erblickte, wie Karina und ihr Kollege den Raum betraten, stöckelte sie mit ihren perfekt geformten Beinen in den wunderschönen Stiefeln auf die Ermittler zu.
Karina wusste nicht, ob sie diese Frau vor Neid erwürgen, oder vor ihr auf die Knie gehen und sie anbeten sollte. Der leichte Parfümgeruch, der sie umschwebte, weckte in Karina eine blasse Erinnerung an Lavendel und Totenschädel. Als die Frau ihren perfekt geformten Mund mit den zarten, hellen Lippen öffnete und mit glasklaren Glockenstimme sprach, für die sich manche Menschen freiwillig in den Tod gestürzt hätten, kam die junge Ermittlerin schlagartig zurück in die Wirklichkeit.
"Guten Tag, Miss May, Mister Fraud. Mein Name ist Annabell Late, ich komme vom MI5."
Sie zog einen Ausweiß aus ihrer schwarzen Designertasche und hielt ihn den Polizisten hin.
"Meine Zeit ist knapp und ich habe extra den langen Weg aus London auf mich genommen. Mister Fraud, wenn es ihnen nichts ausmacht, würde ich gerne Miss May hier für ein paar Stunden entführen."
Ein zartes Lächeln lag auf ihrem Gesicht, als sie ihren Ausweis zurück in die Tasche gleiten ließ und James erwartungsvoll ansah.
Dieser nickte nur perplex. Der MI5 war für ihn sicherlich kein Schock, aber das ungeheure Charisma dieser Frau Graf ihn mit der Wucht eines Vorschlaghammers. Bevor er einen ganzen Satz bilden konnte, hatte sie Karina bereits am Arm gepackt und war mit ihr auf die Straße verschwunden.
"Miss Mary, ich möchte sie bitten, jetzt ganz ruhig zu sein, ja? Bitte stellen sie keine Fragen zu meiner Person oder meinen Absichten, bevor wir nicht angekommen sind."
raunte sie mit gesenkter Stimme.
"Es ist nicht weit, haben sie einfach ein wenig Geduld."
Die Tonlage der Frau hatte etwas beschwörendes, also gehorchte Karina und blieb stumm.Keine Fünf Minuten später standen sie vor einem kleinen, unauffälligen Laden, der ein Schild mit der Aufschrift "Café Noir" trug. Zielstrebig zog die Agentin ihre Begleitung in das niedrige Gebäude und setzte sich dort mit ihr an einen Zweiertisch.
"Also, Miss May,"
seufzte sie etwas gelassener und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück "haben sie vielleicht eine Ahnung, wieso ich sie sprechen will?"
Karina überlegte einige Sekunden. Dass die Frau von einem Geheimdienst war, stand mit ziemlicher Sicherheit fest, immerhin wusste sie genau, wer Karina war- etwas zu genau, bemerkte sie. Sie hatte die beiden Polizisten inmitten des Menschengedränges sofort bemerkt... Karina Tat diesen Gedanken als irrelevant ab, vielleicht hatte die schwarzhaarige Schönheit einfach nur ein gutes Gedächtnis für Gesichter. Sie dachte wieder über die Frage nach und stellte eine Liste von Möglichkeiten in ihrem Kopf zusammen. Sollte Karina etwa für den MI5 rekrutiert werden? Sicher, sie war eine gute Polizistin, aber diese Möglichkeit Tat sie trotzdem als unrealistisch ab. Nein, wenn der Security Service irgendwo auftauchte, dann ging es um Spionage, Politik und die Gefährdung der Staatssicherheit. Und eben jene wurde in der Regel durch Unruhen in der Bevölkerung bedroht.
"Es geht um die Woodhaven-Mordserie, nicht? Aber warum reden sie ausgerechnet mit mir darüber? Ich bin erst seit ein paar Wochen hier, ich-"
Die Agentin unterbrach sie abrupt.
"Ich möchte sie bitten, mir erst einmal zuzuhören, ja? Einige Informationen, die sie in diesem Gespräch erhalten werden, könnten sie vielleicht schockieren, dennoch entspricht alles der Wahrheit. Ist das in Ordnung für sie?"
Karina schwieg einige Sekunden. Dann Strich sie sich ihre hellen Haare zurück und nickte zögerlich. Die Agentin lächelte sanft.
"Gut. Dann muss ich ihnen wohl gestehen, dass ich bei meiner Vorstellung nicht ganz ehrlich war..."
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Black Coffee
Mystery / ThrillerDie junge Polizistin Karina May wird in eine neblige Hafenstadt versetzt- ohne zu wissen, dass ihr neuer Job dort eine Mordserie ungeheuren Ausmaßes für sie bereit hält. Ihre Kollegen sind ihr bei der Aufklärung keine große Hilfe, bis die mysteriöse...