X: London

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"Ich sach's ihn' zum letzten Mal, Maddam, ohne Genehmigung komm'se hier nich rein." schnaubte der missmutige Zwerg verächtlich. Karina musste fast schluchzen. Sie konnte es nicht mit Gewissheit sagen, aber sie war sich ziemlich sicher, dass sie das hier nicht verdient hatte. Selbst Helen konnte nichts gegen diesen gerade mal 1 Meter großen, verhutzelten, alten Mann ausrichten. Selbst wenn sie ihn erschossen hätten, was Karina mittlerweile als eine mehr als nur attraktive Option ansah, würden sie nicht aus dem Raum heraus kommen, wie Helen ihr erklärt hatte. Laut ihrer Aussage war die Tür so stabil, dass man sie nicht einmal aufsprengen konnte und der garstige Gnom war als einziger in der Lage, sie zu öffnen. Im Augenblick hatte Karina nicht die nötige Willensstärke, diese Behauptung anzuzweifeln. Selbst die schwarzhaarige Inspektorin schien ein wenig ratlos, obwohl sie allem Anschein nach bereits an derartige Situationen gewöhnt war.
"Ich bitte dich, Lawrence, ich bin Chefinspektorin. Mir steht es durchaus zu, Begleitung mit in das Gebäude zu nehmen."
Der Zwerg, Lawrence, musterte Karina schnaubte der von Kopf bis Fuß.
"Keine Zivilisten reinlassen, hamm'se gesacht, keine Zivilisten nich. Für Leute wie die brauchs'te 'ne Genehmigung, sach ich dir." Etwas leiser fügte er hinzu: "Die Schnalle posaunt's am Ende alles rum, sach ich dir, solche kenn ich."
Helen seufzte resigniert und schien ein wenig zu überlegen. Karina hatte den Raum in Zwischenzeit genauer untersucht. Alle Wände schienen glatt, fast schon reflektierend, aber dennoch weiß. Sie konnte keine Lampe erkennen, obwohl der Raum immer noch von dem hellen Licht durchflutet wurde. Wirklich bizarr war allerdings, dass der Raum, der anscheinend als eine Art Rezeption diente, nur eine einzige Tür aufwieß, vor der Lawrence hinter einem Tisch saß. Die Tür hatte weder eine Klinke, noch einen Drehkauf und ließ sich nur an ihrer hellgrauen Farbe erkennen, die sich dezent von dem weißen Hintergrund abhob. Um ehrlich zu sein war Karina sich nicht einmal sicher, ob es sich bei dem Rechteck in der Wand wirklich um eine Tür handelte. Helen hatte ihre Diskussion anscheinend beendet, denn der Rezeptionist stand von seinem Drehstuhl auf und watschelte auf das Rechteck zu. Missmutig legte er seine Handfläche an die Wand, woraufhin die Tür lautlos zur Seite glitt.
Karina zog verwundert eine Augenbraue hoch und fragte Helen mit gesenkter Stimme "Was haben sie ihm gesagt, dass er uns doch noch reinlässt?"
Die Inspektorin lächelte.
"Ich habe ihm einfach nur ihren Nachnamen gesagt."
Ohne weiteren Platz für Fragen zu lassen, trat sie durch die Tür, gefolgt von Karina. Sie hätte es niemals zugegeben, aber was die Ermittlerin hinter der Tür erblickte war irgendwie... enttäuschend. Sie hatte sich insgeheim eine hohe, mit Gold verzierte Halle vorgestellt, durch die emsige Kobolde eilen. Stattdessen erstreckte sich vor ihnen nur ein langer, grauer Korridor, von dem in regelmäßigen Abständen Türen abgingen. Das Einzige, dass dieses Gebäude von einem gewöhnlichen Verwaltungsapparat unterschied, waren die Personen, die sich in überschaubarer Anzahl auf dem Gang tummelten. Die meisten der Anwesenden waren menschlich, ein paar von ihnen allerdings offensichtlich nicht. Karina konnte eine dicke Frau mit eben so dicken Make-up entdecken, die neben einem spindeldürren, pechschwarzen Wesen schwebte, direkt gegenüber kauerte ein blasser Mann mit Hörnern auf einem Stuhl. Inzwischen hatte sie nicht mehr die nötige Energie, um sich zu wundern. Seit sie Helen gefolgt war, verwandelte sich ihr Leben mehr und mehr in einen Alptraum. Einer von der Sorte, der nichts gruseliges in sich trug, dessen Gesamtbild jedoch ohne Zweifel durch seine Realitätsnähe von Grund auf verstörend war.
Das wirklich beängstigende an dieser Situation war, dass Karina's gesamtes Weltbild gerade in sich zusammenbrach und sie es einfach so hinnehmen musste. Was hätte sie schon tun können? Helen hatte von Anfang an die Wahrheit gesagt. Natürlich lehnte Karina die Idee des Paranormalen nicht grundsätzlich ab, aber die gegenwärtige Situation hätte wahrscheinlich selbst fanatische Verschwörungstheoretiker verwirrt. Sie folgte Helen weiter durch den Gang. Schließlich blieb die Inspektorin vor einer Tür stehen und trat zielstrebig in den Raum.  Karina musterte das schmale Schild, das vor der Tür angebracht war: "Verwaltungsbüro 203". Sie atmete tief ein und schöpfte neuen Mut. Wie schlimm konnte ein Verwaltungsbüro schon sein?

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 08, 2019 ⏰

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