Kapitel 24

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Die Zeit war gekommen. Die letzten Tage waren stressig. Überall Diener und Wachen. Die Krönung wurde vorbereitet. Netos wurde König ... und ich damit Königin. Naja Supportive Königin, er erhielt die Macht. Was auch ganz gut war. Noch mehr Magie in mir würde ich nicht aushalten - es war so schon zu viel. Ich merkte am ganzen Körper, wie ich langsam meine Grenzen erreichte. Wie Yoshi meinte, ich konnte viel Magie aufnehmen, aber auch nicht unendlich viel. In Gedanken versunken betrachtete ich die Diener, die vor mir herum wuselten. Neben mir saß Marissa in einer Decke eingekuschelt - sie frierrte nun unglaublich schnell. Hatte auch kein Fleisch mehr am Körper. Das Mädchen sah schrecklich aus, halbtot - aber sie meinte, mit viel Zeit würde sie es schaffen. Sie hatte mir versprochen zu kämpfen.

"Lass uns in den Saal gehen. Die Krönung beginnt gleich." Ich stand auf und schaute meine Freundin an.
"Du musst mich nicht behandeln, als würde ich zerbrechen." Ihre Stimme war rau und kratzig. Als wäre sie gerade mit einem Hangover aufgestanden.
"So siehst du aber aus." Ich kratzte mich am Haaransatz. Marissa schenkte mir ein schiefes, trauriges Lächeln. Es erreichte ihre Augen nicht, aber sie gab ihr Bestes.
"Du bist so ein Monster.", stellte sie fest während sie die Decke enger um sich zog. 
"Ich weiß. Sagen mir viele." Marissa steckte einen Arm aus ihrem Kokon und hackte sich bei mir ein.
"Versprich mir, mich nicht auch zu verlassen." Ich nickte. 
Ich legte meinen Kopf schief. "Ich werde mein Bestes geben." Zusammen gingen wir in den Thronsaal. Marissa setzte ich in vorderster Reihe ab, dann ging ich zur Dunklenkönigin. Sie lächelte mich sanft an.
"Wie geht es ihr?" Traurig schaute sie auf die zusammengekauerte Gestalt in erster Reihe.
"Schrecklich, aber sie schlägt sich gut." Ich stellte mich neben die Königin. Sie reichte mir ein Samtkissen. Auf diesem lag eine eindrucksvolle, schwarze Krone. Sie glänzte im goldenen Licht der Halle. Zarte Metallranken bildeten ein verschlungenes Muster und rahmte glänzende Edelsteine ein. Eine zweite, weniger verzierte Krone lag daneben. Auch diese wurde von zarten Ranken gebildet, aber nur drei Edelsteine befand sich auf der Krone. Diese thronten in der Mitte, wenn man sie aufsetzen würden die Steine eine Art Blume mittig über den Augen bilden. Diese Konstellation war auch auf Neros Krone, nur bei seiner zog sich das Muster einmal rum. Ich betrachtete die Kronen in meinen Händen weiter.
Kurze Zeit später begann Musik zu spielen. Das große Tor am Ende der Halle schwang auf und hervor trat mein Gefährte. Er hatte prächtige, dunkle Kleidung an. Mayestätisch schritt er in Richtung der unnötig großen Stühle. Als er vor uns Stand verstummte die Musik. 
Kaum öffnete die Königin den Mund, um für eine bestimmt sehr großartige, interessante Rede anzusetzen, begannen meine Gedanken zu wandern. Zu den vergangenen Ereignissen, den Göttern und der Zukunft. Noch so viele ungeklärte Fragen standen im Raum. Wie würde das hier enden? Alle tot? Naja wäre nichts neues ...

Plötzlich wurden meine Hände leichter. Verwirrt blinzelte ich. Die Königin hatte die Krone genommen und setzte sie nun meinem Geliebten auf. Ich lächelte ihn entschuldigend an, ich war an einem für ihn wichtigen Tag sehr unaufmerksam. Er lächelte zurück. 
Nazomi trat zurück und ich stellte mich nun neben meinen Gefährten. Seine Flügel thronten hinter uns. Meine halb- gesunden inneren Flügel hatte ich leicht geöffnet, um das Drama und die Wunden der anderen dahinter zu verstecken. Die größeren Flügel konnte ich nur noch anlegen und leicht öffnen. Netos Mutter kam wieder auf uns zu und setzte nun mir die Krone auf. Dann trat sie zurück und verbeugte sich. Alle anderen im Saal folgten ihr.
 Dann begann Netos zu sprechen. Wirklich zuhören tat ich ihm nicht - ich wusste, dass er von den vergangenen Tagen erzählte, wie er mich gefunden hatte und was wir durchgemacht hatten und naja, er bedankte sich und der andere typische Königskram. Mein Blick lag auf den Anwesenden. Ich musterte jeden einzeln und versucht, jedes Individuum einzuschätzen. Vorsichtig betrachtete ich Marissa - mit jedem Wort wurde sie trauriger und viel mehr in sich zusammen. Als Netos zu den Geschichten mit den Rebellen kam, wurde die Masse Wandler vor uns unruhig. Keiner verstand, warum er etwas mit Rebellen zu tun hatte. Netos schaute mich bittend an. Ich nickte leicht und trat einen kleinen Schritt nach oben. Gefühlt die nächste Halbe Stunde redete ich über meine Erfahrungen und Erlebnisse, was sowohl Lichte als auch Dunkle Unschuldigen angetan haben, wie Götter sich eingemischt hatten, wie wir mehrere Male dem Tod nur knapp entkommen waren. Ich war froh, dass meine Stimme bis zum Ende durchhielt.  Erschrockene Laute zogen sich durch die Zuschauermengen. Ich spürte immer mehr Entsetzen, welches sich durch die Reihen zog. Aber auch Zustimmung kam auf, dass die Lichtenkönigin gestoppt werden musste. Irgendwann kam ich zum Ende und Netos übernahm wieder das Reden. Ich trat schweigend zurück. Das war viel zu lange.
Mein Blick lag wieder auf Marissa. Auch sie schaute mich an und lächelte leicht. Sie war eine Kämpferin. Ich vermutete, dass sie die erste auf dem Schlachtfeld sein würde, um sich an der Königin zu rächen. Wahrscheinlich waren wir die Königin schneller los, als wir denken konnten. 

(Not) DIEDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt