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Nervös stand Oscar vor dem Büro seines Chefs und wollte am liebsten wieder verschwinden. Das Gespräch mit Sören hatte nichts geändert, er hatte noch immer Angst vor diesem Mann, obwohl er nicht viel älter aussah als er selbst.

„Herr Winter?" ertönte plötzlich und Oscar drehte sich zur Tür seines Chefs um. Dort stand sein er, der ihn mit einem finsteren Blick ansah.

„Hier." nervös sah Oscar zu dem deutlich größeren Mann hoch, der ihn mit seinen Grünen Augen intensiv musterte.

„Kommen Sie bitte mit!" damit drehte der größere Mann sich um und deutete Oscar an, ihm zu folgen, was dieser natürlich auch machte.

Der Raum war spärlich eingerichtet. In der Mitte stand nur ein Bürotisch und die Wände waren voller Regale, in denen nur Aktenordner zu finden waren.

Sein Chef, der so elegant in dem gut sitzenden Anzug aussah, setzte sich auf die eine Seite des Schreibtisches und deutete Oscar an, sich auf die andere zu setzten. Dies tat der junge Auszubildende auch gleich und starrte anschließend hinunter auf seine Hände.

„Haben Sie eine Ahnung, warum ich Sie zu mir gerufen habe?" fragte der Chef mit kräftiger Stimme und ließ Oscar kurz zusammenzucken. Schüttelte anschließend aber mit dem Kopf. „Wie Ihnen aufgefallen ist, wurden ja einige Änderungen vorgenommen, wie kommen diese bei den Kunden an?" noch immer verängstigt zuckte Oscar nur mit den Schultern. Er wusste genau, das die Änderungen nichts gutes waren. Die Kunden kamen nur noch ungern zu ihnen in den Laden und wenn kauften sie schnell ein und waren so schnell es ging wieder verschwunden.

Der Chef hingegen musterte skeptisch den blonden jungen Mann vor sich. Er konnte sich nicht erklären, warum dieser so schreckliche Angst hatte, schließlich tat er ihm nichts. Er wollte lediglich wissen wie das neue Konzept ankam und nach einer Mitarbeiterin fragen, die wirklich keine gute Arbeit ablieferte. Doch so eingeschüchtert, wie dieser Junge vor ihm saß, würde er nie etwas aus ihm herausbekommen.

Seufzend betrachtete er nochmals die Personalakte des jungen Azubis. Zweites Jahr, 21 Jahre und sein Name war Oscar. Das kam ihm doch sehr bekannt vor. Blonde Haare hatte er auch... es dauerte nicht lange, bis Sören kapierte, das der Oscar, mit dem er nun schon ein paar Wochen lang schrieb, da vor ihm saß. Wie klein die Welt doch war.

Doch er schien ihn nicht erkannt zu haben.

Und da fiel ihm auch das nächtliche Gespräch wieder ein, das der Blondschopf sich für sorgen gemacht hatte, er würde gekündigt werden. Und das er Angst vor seinem Chef hatte. Er bekam wohl mit, das die Angestellten nicht gerade jubelten, wenn sie ihn sahen, aber Sören hatte nie geglaubt, angsteinflößend zu sein.

„Oscar?" sprach er den jungen Mann also direkt an, vielleicht erkannte er ihn ja so, schließlich hatten sie telefoniert, die Stimme müsste er ja erkennen, oder?

„J...ja?" und zum ersten Mal sah Oscar ihn an, und Sören verlor sich gleich in diese wunderschönen blauen Augen.

„Wie soll ich sagen..." fing Sören an, doch was war, wenn er es ihm noch nicht sagen würde, wenn er Oscar weiterhin unwissend lassen würde, dafür aber Informationen erhalten würde, die ihm in seinem Job weiterhelfen würde. Ja, es war gemein und eigentlich wollte er dieses süßen Burschen nicht wirklich ausnutzen. Andererseits, Oscar würde sicher nicht mehr so offen mit ihm schreiben, sicher würde der Kontakt dann schnell kaputt gehen und das wollte Sören auf keinen Fall riskieren. „Ich werde Sie nicht kündigen, also entspannen Sie sich doch ein wenig."

Es war deutlich zu sehen, wie die angespannte Haltung etwas lockerer wurde und er sah auch etwas weniger ängstlich aus.

„Eigentlich wollte ich Sie nach der Frau Müller fragen, da mir zu Ohren gekommen ist, sie sei eher eine Belastung für das Team!" erklärte Sören nun, erwartet aber keine brauchbare Antwort.

„I...ich möchte ungern über Kollegen sprechen, ich will hier nicht als Petze gelten!" erklärte Oscar seinem Chef, der sich nun zu 100 Prozent sicher war, das es sich hierbei um seine Internet Bekanntschaft handelt. Diese Stimme würde er überall erkennen.

„Das respektiere ich, allerdings wenn ich diese Frau Müller weiter beschäftige, leiden alle unter ihrem Verhalten, oder?" fragte Sören einfach weiter. Er wollte das Gespräch irgendwie noch nicht beenden.

„Beobachten Sie sie einfach fünf Minuten, dann haben Sie all ihre Antworten!" meinte Oscar kleinlaut. Er konnte Frau Müller auch nicht ausstehen, sie war nervig und faul.

„Okay, dann werde ich das machen!" verkündete Sören seinem Angestellten.

„Darf ich dann zurück an die Arbeit?" kam unsicher vom Kleineren.

„Ja dürfen Sie!" damit stand Sören ebenfalls auf und schüttelte Oscar die Hand, irgendwie hatte er das Bedürfnis den anderen irgendwie zu berühren. Doch so schnell er konnte, war Oscar aus seinem Büro verschwunden.

Es war sehr merkwürdig. Die letzten Tage waren die Nachrichten mit Oscar seine persönlichen Highlights. Doch nun, wo er wusste, wer er war, veränderte sich seine Gefühlslage noch mehr. Er kannte die Person die gerade vor ihm gesessen hatte, besser als irgendwen sonst. Sie hatten sich so viele Geheimnisse anvertraut und Sören hatte nie ein Problem damit, denn er vertraute ihm blind.

Es war vielleicht besser so, das Oscar nicht wusste, wer Sören war. Er wollte wirklich um keinen Preis riskieren, ihn zu verlieren, dann genau das würde dann passieren. Oscar würde sich erst auffällig komisch benehmen und anschließend sich abwenden. Das taten sie Menschen immer, wenn sie erfuhren, aus welcher reichen Familie er stammte.

Eine Nachricht fürs HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt