Der Elefant im Raum

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Jeder Mensch hat mal Streit. Und jeder Mensch beharrt mindestens ein Mal in seinem Leben auf seine Meinung. Daraus entstehen dann logischerweise Diskussionen, in denen man versucht sich selbst zu rechtfertigen und zu erklären, damit der andere Teilnehmer es vielleicht versteht und sagt: „ Hey, ja stimmt, du hast recht."
Nicht wegen einer Genugtuung. Viel mehr als Grundbaustein für eine langfristige Lösung.
Wenn aber beide Teilnehmer sehr gute Argumente aufweisen können, dann entfernt sich das Licht am Ende des Tunnels auf eine surreale Weise immer weiter und weiter.
Und ich weiß, dass es gute Punkte sind, die mein Gegenüber mir sagt. Und ich weiß auch, dass wir beide an dieser Lappalien-artigen Situation schuld sind.
Aber irgendwann kommt man an den Punkt, an dem man sich wie eine zerkratzte Schallplatte mit Sprung einfach immer wieder im Kreis dreht; und da wieder rauszukommen ist schon relativ ätzend.
Um ehrlich zu sein, ist es ein Thema, welches in gleichmäßigen Abschnitten immer wieder auftaucht, und daran können wir nichts grundlegendes ändern, denn dieses Thema bin ich.
Die Rolle des Elefants, der normalerweise im Raum steht und darauf wartet, hinausgetragen zu werden, wurde an mich gegeben.
Der Star der Sendung!
Ich bin der Elefant und ich werde immer größer und größer, bis ich irgendwann als immer präsentes Problem dastehen werde.
Das traurigste an der Situation ist, dass ich weiß, dass es irgendwann so kommen wird. Es ist nämlich so, dass besonders empathische und besonders unempathische Personen meist sehr schlecht auf einen Nenner kommen.
Nennen wir doch die empathische Person Hannelore und die unempathischen Person Siglinde.
Siglinge kann also nicht nachvollziehen, was in Hannelore's Kopf vorgeht und warum es gewisse Themen gibt, von denen sie aus unbestimmten Gründen nicht ablassen kann. Nach Siglinde ist Vergangenheit vorüber und sobald etwas vorüber ist, schließt sie damit ab, macht einfach weiter mit ihrem Leben und kommt klar. Und darin ist sie sogar richtig gut. Hannelore hingehen fühlt sich immer mehr und mehr allein, denn durch das Unverständnis von Siglinde, bekommt Hannelore das Gefühl, ein Freak zu sein, auch, wenn ihr durchaus bewusst ist, dass das gar nicht stimmt. Selbstreflektion lässt grüßen.
Es ist eine Dilemma-Situation, die immer nur für den Moment gelöst wird. Und weil es keine richtige Lösung gibt, wird einfach die Fernbedienung genommen, auf ‚Pause' gedrückt und später , wenn man schon fast vergessen hat, dass es diese eine TV-Sendung gibt, wieder auf ‚Play'.
Ich will Siglinde nicht schlecht machen, sie hat auch irgendwo ihre Gründe, aber manchmal ist sie wirklich nicht sonderlich nett; und empathisch wie ein Toastbrot.
Und Unverständnis tut weh, auch, wenn Hannelore weiß, dass Siglinge nichts dafür kann und sie grundlegend auch immer so nimmt, wie sie nunmal ist.
Aber immer nach zu geben ist auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei. Und immer nur ‚Ja und Amen' zu sagen auch nicht.
Und ich weiß genau, dass Hannelore es leid ist, sich selbst immer hinten anzustellen. Sie möchte von Siglinde auch so hingenommen werden.
Aber was soll sie tun, damit sie alles weiterhin zusammen halten kann? Damit sie von der Rolle des Elefantens in die Rolle des Tesafilms kommt?

Und das ist das erste Mal, dass ich keinen Tipp habe.
Wie schon gessagt, das Licht am Ende des Tunnels entfernt sich und ich seh schon jemanden mit Spachtelmasse und Ziegelsteinen kommen.
Und mein Auftritt als Elefant ist leider noch nicht vorbei.

Was ich aber sagen kann, ist, dass es manchmal Probleme im Leben gibt, die ein bisschen länger brauchen, bis sie sich dazu entschließen, dass sie ihre Lösung verraten, die vielleicht auch ganz einfach gehalten sein kann.
Bis dahin aber ist Zähne zusammenbeißen angesagt.

Hochsensibel, oder: 50x mehr fühlen als der Durchschnitt.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt