Chapter 6 - Normalität?

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Ich komme an der Gasse an, in der ich vor wenigen Wochen zusammengebrochen bin. Ich sehe eine Gestalt dort zusammengekauert sitzen. Ich nähere mich ihr und sehe ein junges Mädchen, was leise schluchzt.
''Hey, was ist passiert?'', frage ich besorgt.
Sie schaut zu mir hoch und ich sehe, dass ihre Schminke verschmiert ist vom Weinen. Sie erinnert mich an mich selbst als ich so jung war wie sie.
''Ich...dort...waren Männer...und..''
Auf einmal fängt sie an stark zu weinen. Ich zögere nicht und setze mich neben sie, um sie in den Arm zu nehmen.
''Shh...ich weiß, wie du dich fühlst. Ich weiß auch, dass du denkst, dass es dir nicht mehr gut gehen wird und du dich für immer so dreckig fühlen willst, aber vertraue mir. Es wird besser.'', rede ich einfach weiter.
Sie hört langsam auf zu weinen und schluchzt noch leise.
''Danke...'', flüstert sie leise.
Ich muss etwas lächeln.
''Ich sollte jetzt nach Hause gehen.'', fährt sie fort und lächelt erzwungen.
Sie steht auf und ich frage sie, ob ich sie begleiten soll, doch sie lehnt ab. Jetzt bin ich wieder allein. Ich muss daran denken, wie mir das Gleiche passiert ist. Ich schüttele meinen Kopf, um diese Gedanken aus meinem Kopf verschwinden zu lassen. Als ich gerade aufstehen will, stehen fünf Männer vor mir. Sind das die Männer, die das Mädchen misshandelt haben? Ich bekomme Angst. Jetzt kann ich meine Gedanken nicht mehr kontrollieren. Die Männer kommen näher und ich versuche zu rennen, doch werde von zwei festgehalten. Ich atme schneller und versuche mich zu wehren, ohne Chance. Ich will mein Handy rausholen und Jay zu Hilfe rufen, doch werden meine Arme festgehalten. Ich werde ausgezogen und ab dem Punkt, lasse ich alles über mich ergehen.
Ich werde zu Boden geworfen, nachdem sie fertig sind. Ohne Sachen. Einfach in die Gasse. Ich starre ins Nichts und bleibe auf dem Boden legen. Ich mache mir nicht die Mühe aufzustehen. Die Männer lachen. Plötzlich höre ich einen Schuss. Die Männer schreien und rennen weg. Ich spüre zwei Arme, die mich hochheben. Ich will ihn wegdrücken, doch bin zu schwach. Meine Müdigkeit überkommt mich und ich bin an die Brust von meinem Retter gelehnt. Tränen fließen über meine Wange und ich zittere. Ich höre eine Stimme und bemerke, wie ich in die Arme von jemand anderes gelegt werde. Ich öffne meine Augen und sehe ihn. Jay.
''Jay, es tut mir leid...'', flüstere ich leise und schließe meine Augen wieder.
''Du kannst nichts dafür.''
Er zieht seine Jacke aus und legt sie um mich. Er setzt mich ins Auto und fährt mit mir nach Hause. Dort angekommen, laufe ich schwach ins Bad und mache die Dusche an, um mich unter den warmen Wasserstrahl zu setzen und zu weinen. Die Bilder vom ersten Mal kommen wieder hoch. Ich fühle mich dreckig. Wäre ich doch bloß nicht aus dem Haus gegangen und hätte auf Jay gehört.
Durch ein Klopfen werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Jay betritt das Bad. Er hat einen Pullover und eine Jogginghose in der Hand.
''Geh bitte raus. Ich will nicht, dass du mich so siehst.'', flüstere ich, doch er macht nicht mal eine Andeutung das Bad zu verlassen.
''Ich gehe nicht. Ich lasse dich jetzt nicht allein, Hani.''
Ich seufze. Durch das heiße Wasser ist die Scheibe der Dusche schon beschlagen und er kann meinen Körper nicht sehen.
"Dann gib mir bitte eine Handtuch.", antworte ich etwas eingeschüchtert.
Er gibt mir das Handtuch und dazu die Sachen, die er mitgebracht hat. Ich trockne mich ab und ziehe mich an. Dann steige ich aus der Dusche und Jay umarmt mich. Ich spüre wie mein Körper aufgibt und ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten kann. Ich fange an zu weinen und halte mich an ihm fest. Er hebt mich wieder hoch und legt sich mit mir auf die Couch. Er zieht eine Decke über uns. Normalerweise würde ich mich nicht von jemanden berühren lassen, aus Angst und Ekel. Doch mit ihm ist es anders. Seine Berührungen lassen mich den Schmerz, die Angst und den Ekel zumindest für einen kurzen Moment vergessen.
Erst jetzt bemerke ich, dass auf dem Tisch ein Kakao steht. Ich muss lächeln. Jay streichelt meinen Bauch sanft.
"Danke, dass du mich gerettet hast."
"Ich bin zu spät gekommen...ich habe dich nicht gerettet, Baby."
Ich drehe mich zu ihm und schlinge meine Arme um ihn. Trotz dem Vorfall bin ich auf einmal glücklich. Er kümmert und sorgt sich um mich. Endlich ist er für mich da. Einen kurzen Moment fühle ich mich...besonders.
"Ohne dich hätten sie wohl noch viel mehr gemacht."
Er streicht eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. Ein Lächeln schleicht sich auf sein Gesicht.
"Ich liebe dich, Jung Hani.", flüstert er leise und vergräbt sein Gesicht in meiner Halsbeuge.
Einen so intimen Moment hatten wir lang nicht und er sagt selten, dass er mich liebt.
"Ich dich auch."
Zum ersten Mal seit langem fühle ich mich endlich wieder geliebt von ihm. Dass er sich um mich kümmert.
Vielleicht können wir ja doch noch ein normales Paar. So normal, wie es eben geht, wenn beide in illegale Sachen verstrickt sind.

Dangerous LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt