Eulenpost

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Zoe schlug die Augen auf und blickte geradewegs auf das sommergrüne Blätterdach eines uralten Baumes. Ein sanfter Wind strich über ihre Wangen und kitzelte ihr Gesicht leicht.

Sie richtete sich auf und saß nun mit dem Rücken zu dem dicken Stamm.

Die Sonne war kurz davor hinter der großen Gebirgskette zu verschwinden. Sie sah hinüber, zu dem kleinen Haus, das einige Hundert Meter abseits stand, und in dem Licht brannte. Der Anblick war für Zoe vertraut und ihr Herz wurde von einer wohltuenden Wärme umhüllt.

Hier war sie Zuhause.

Sie stand auf, weil es an der Zeit war, ohne sich den Schmutz von den Kleidern zu klopfen und trat den Heimweg an. Ihre Schritte waren ungelenk und seltsam fremd und es schien eine kleine Ewigkeit zu vergehen bis Zoe die offene Gartentür erreicht hatte. Im Rahmen blieb sie schließlich stehen und schaute ins Haus hinein. Aus der Küche kam ein verführerischer Duft. Das Mädchen erkannte ihn sofort: Ihre Mutter hatte offenbar einen Kuchen gebacken. Durch den Spalt unter der Küchentür leuchtete ein sanfter Lichtschein hervor und die vertrauten Stimmen, die sie hörte, waren eindeutig die ihrer Eltern. Zoe frohlockte: Endlich war sie Zuhause.

Mit unsicheren Schritten, steuerte sie die Küche an. Sie sah wie ihre eigene Hand, die Küchentür aufdrücken, sah, wie sich ihre Eltern liebevoll lächelnd zu ihr umdrehten und wie der Ausdruck auf ihren Gesichtern sich zu Entsetzen wandelte ...

Nach Luft schnappen schreckte Zoe aus ihrem Alptraum auf und starrte mit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit. Ihr Herzschlag raste und sie zitterte am ganzen Körper. Doch als sie den Atem anhielt und lauschte, da kam die Erinnerung nach und nach zurück: Sie war in Hogwarts. In ihrem eigenen Zimmer im privaten Bereich ihres Großvaters und nichts, von den Bildern, die sie aufgeschreckt hatte, war wahr.

Das stetige und monotone Surren der Instrumente im Schulleiterbüro beruhigten sie schließlich. Sie war in Sicherheit. In Hogwarts ‑ bei ihrem Großvater ‑ war sie in Sicherheit.

Gequält atmete Zoe tief durch. Gequält von den Bildern ihres Traumes und der Erinnerung an ihre Eltern. Langsam ließ sich Zoe wieder rittlings ins Kissen fallen, während sich ihre Augen mit Tränen füllten.

Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als ihre Eltern wieder zu sehen. Nichts so sehr, wie nach einem erfolgreichen Jahr in Hogwarts in ihr Zuhause nach Albanien zurück zu kehren. Die Fürsorge und die Liebe von Jim und Evelyn zu genießen. Doch Zoe wusste auch, dass dieser Wunsch vergeblich war.

Leise schniefend drehte sich die Dreizehnjährige auf die Seite und weinte sich wieder in einen wenig erholsamen und sehr kurzen Schlaf.


Es waren Stimmen, die Zoe am nächsten Morgen weckten. Verschlafen und noch immer müde öffnete sie die Augen, gähnte und streckte sich unter der warmen Decke, blieb noch einen Moment liegen und genoss das Gefühl von Geborgenheit. Durch die Tür, die eine Handbreit geöffnet war, fiel ein Streifen Licht und spiegelte sich auf dem gebohnerten Parkett.

Zoe zog die Daunendecke bis zum Kinn und schenkte den Stimmen Aufmerksamkeit. Die eine war die ihres Großvaters, doch auch die zweite kam ihr bekannt vor.

„Wie stellen Sie sich das eigentlich vor?", fragte Jemand und Dumbledore antworte ihm:

„Genauso, wie ich es Ihnen geschrieben habe. Darum habe ich gebeten, dass sie sich das Rezept ansehen und beurteilen, ob die Umsetzung für Sie möglich ist."

„Selbstverständlich", zischte die andere Stimme, die Zoe just in diesem Moment erkannte. „Ich kann nur nicht nachvollziehen, dass sie ein solches Risiko in Betracht ziehen!"

Zoe Dumbledore und der Gefangene von AskabanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt