Immer noch wie erstarrt stand ich im Türrahmen des Bades und blickte Seans älteren Bruder an, der sich mittlerweile ein Handtuch geschnappt hatte, um es sich schützend umzubinden.
„Kannst du jetzt mal aufhören zu starren?" brummte er und zog seine Augenbrauen zusammen, während er mich gerade mit seinen Blicken förmlich töten wollte.„S - sorry." stammelte ich, trat aus dem Türrahmen heraus und schloss die Tür mit einem Knall hinter mir. Geschockt hielt ich mir die Hand vor den Mund, da ich so langsam realisierte, wen und was ich da gerade alles gesehen hatte. Und was genau ich da nicht unbedingt sehen wollte.
Leise schlich ich mich in das Zimmer meines besten Freundes zurück und blies die Luft aus, als ich mich wieder zurück in sein Bett gelegt hatte. Sean jedoch zeigte keine Reaktion und tippte seelenruhig auf seinem Handy. Hatte er nichts mitbekommen?
„Gott, ist mir das peinlich." Ich versuchte auf die Situation von eben hinzudeuten und kassierte dafür einen verwunderten Blick von meiner linken Seite.
„Was?" kam es nur von ihm.
„Ehm - das.. eben?" fragte ich und er schien noch verwirrter zu sein als sowieso schon. Für einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich ihm diesen komisch und unangenehmen Moment erzählen sollte oder nicht.
„Was meinst du?" hakte er nach und ich schüttelte leicht mit dem Kopf. Er zuckte daraufhin die Schultern und konzentrierte sich wieder auf sein Handy.Mich interessierte es ehrlich gesagt schon, mit wem er da schrieb. Er war total abgelenkt und das Dauergrinsen auf seinen Lippen war unübersehbar.
Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter, um auf den Bildschirm linsen zu können, doch so schnell konnte ich nicht gucken, da hatte er schon ruckartig sein Handy weggezogen.
Verwirrt richtete ich mich auf.
Wir hatten nie Geheimnisse voreinander, vor allem durften wir immer gegenseitig auf den Bildschirm des anderen schauen.„Sei doch nicht immer so neugierig!" fauchte er mich schon fast an und von seiner für mich unerwarteten Reaktion zog ich die Augenbrauen skeptisch in die Höhe. Alles klar, Sean.
„Sorry." Ich erhob mich mit erhobenen Händen vom Bett und ging leisen Schrittes wieder durch die Zimmertür Richtung Flur. Es war besser so, wenn ich mal kurz auf den Balkon ging, um Luft zu schnappen. Naja, gezwungenermaßen. Ich wollte immerhin nicht den Herren bei seiner äußert wichtigen und streng geheimen Kommunikation stören.
Ich zog am Griff der Tür und trat im nächsten Moment auf die kalten Fliesen des Vorbaues. Direkt zog ich meine dünne Jacke schützend um mich, da der Wind das sonnige Wetter doch ein wenig frischer machen zu schien.
„Stress im Paradies?"
Ich erschrak und mein Kopf schoss sofort zur Seite.
„Gott, hast du mich erschrocken."
Meine Hand wanderte auf die obere Hälfte meiner Brust und nahm das immer noch schnell schlagende Herz von mir wahr. Das ich keinen Infarkt erlitten hatte, grenzte wohlmöglich fast an ein Wunder.„Ich weiß, bei meinem Anblick würde mir an deiner Stelle auch sofort warm ums Herz werden." sagte er und seufzte dabei theatralisch laut. Idiot.
Ich trat ein Schritt näher und nahm neben ihm auf einem der Stühle platz. Mit nassen Haaren, breitbeinig sitzend in Jogginghose und Tanktop, beobachtete ich den großen Bruder meines besten Freundes, wie er nach jedem Zug an seiner Zigarette den Rauch aus seiner Lunge entspannt ausblies.
„Willste' auch eine?" Er hielt mir die offene Schachtel Marlboro hin und wackelte damit vor meiner Nase herum. Dankend lehnte ich ab. „Ich rauche nicht." Er zuckte daraufhin gelangweilt die Schultern und lies die kleine Packung wieder in seiner linken Hosentasche verschwinden.
Gerade wollte ich mich wieder erheben und rein gehen, da mir die Anwesenheit von Jake, vor allem nach unserer Begegnung vor wenigen Minuten im Badezimmer, mehr als nur unangenehm war, da wurde ich auch schon abgehalten.
„Na los, erzähl mal. Was bedrückt dich?"
Nun, jedes Mädchen würde wohl dahinschmelzen, wenn der mit begehrteste Junge der Schule neben dir sitzt und dein persönlicher Seelsorger bei deine Problemen spielen möchte. Doch leider war ich alles andere als berührt, da seine Worte weder freundlich, noch ernst gemeint waren. „Geht dich gar nichts an."Mit einem Ruck stand ich wieder auf beiden Beinen, hatte die Klinke schon fast wieder im Griff, als Jake mich wieder einmal zum stoppen brachte. „Ava, jetzt sei nicht so." Wie bitte sollte ich denn sein?
Verwirrt drehte ich mich zu ihm und schüttelte fragend mit dem Kopf.Ich seufzte.
„Ich dachte, Sean und ich wollten nach langer Zeit mal wieder ein Filmabend zusammen machen. Doch anscheinend ist das Handy und die Person, mit der er zu schreiben scheint, wichtiger."
Ehrlich gesagt, konnte ich selber gerade nicht fassen, dass ich Jake, ich betone Jake Parker, gerade erzählt hatte, was mein Problem war. Ich meine, ich hätte immerhin auch einfach reingehen können.„Ach, das meinst du. Das geht schon eine Weile so." Er zuckte kurz mit den Schultern und drückte dabei die letzte Glut seines kleinen Zigarettenstummel im Aschenbecher aus. „Weißt du mit wem er schreibt?" Neugierig nahm ich wieder auf dem Stuhl neben Jake platz. Er schüttelte den Kopf.
„Sorry, Kleines. Ich glaube, mich interessiert das auch nicht sonderlich."Schade.
Aber was erhoffte ich mir auch. Das beste Verhältnis hatten die beiden noch nie so wirklich.
Dann musste ich das ganze wohl wieder selber in die Hand nehmen und Sherlock Holms spielen.
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The Brother Of My Best Friend
Fiksi RemajaSeit achtzehn Jahren waren Ava und Sean ein eingespieltes und unzertrennliches Duo, welches man nicht so einfach auseinander bekommen konnte. Lügen und Geheimnisse untereinander kamen für beide niemals in Frage. Schon als kleine Kinder beschlossen s...