Prolog

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Das Gesicht eines Mannes, erscheint vor meinen Augen, Ich kann ihn nicht erkennen, ein Schimmern verzerrt die Züge und macht sie undeutlich, doch ein Lächeln umspielt seinen Mund. Der Mund öffnet sich, doch kein Ton dringt an meine Ohren. Er dreht den Kopf, so dass ich sein Ohr schemenhaft erkenne. In ihm steckt ein schwarzer Knopf, von dem ein dünneres Stück bis auf die Wange ragt. Es schert mich nicht. Ich will meine Arme nach ihm ausstrecken, etwas hindert mich daran, etwas außerhalb meines Sichtfeldes.

Ein kinderschrei, zeternd, unzufrieden dringt aus meinem Mund und hallt in meinen Ohren wider. Das Gesicht kehrt zurück. Ein warmer Finger drückt mir etwas rundes in die kleinen Hände. Es fühlt sich warm, vertraut und glatt, mit Erhebungen und Vertiefungen darin an. Ich

drehe den Kopf und Blicke auf meine Hand. Etwas goldenes Schimmert darin. Ich fahre wie so oft die feinen Linien nach, die im Metall eingearbeitet sind, während ich den Kopf hebe und an die braune Decke starre.

Das Gesicht erscheint erneut vor mir, dieses Mal besorgt, ich erkenne den Unterschied genau, selbst durch den Schleier hindurch. Er spricht immer noch, während er mich von den Fesseln befreit, die meine Arme und Beine festhalten. Die Runde Scheibe entgleitet meiner Hand. Ein weiterer Schrei hallt in meinen Ohren Nach, doch dieses Mal vor Frust, ich mag das Gefühl des Warmen etwas zwischen meinen kleinen Fingern.

Ich werde von schlanken Händen gepackt und hochgehoben, das von schwarzen Haaren umrahmte Gesicht einer Frau taucht vor meinen Augen auf, den Mund geöffnet und einen unhörbaren Ruf auf den Lippen. Ich sehe nur das Verschwommene Gesicht, doch mein Gefühl sagt mir, dass wir laufen, schnell und abwärts.

Mit einem Mal, spüre ich Hitze, nicht wie von einem Feuer, sondern einem Glühenden Draht. Ein Draht der sich auf meine Hat legt, langsam heißer werdend, als wollte er sich durch mich hindurch brennen. Noch immer höre ich nichts außer meinen eigenen Schreien. Schmerzensschreie!

Ich Reiße die Augen auf, abrupt endet er, der hohe Schrei, der immer gleich kling und mich seit Jahren immer wieder aus dem Schlaf reißt.

Schnell atmend drehe ich mich auf den Rücken und blicke auf die Digitalanzeige meines Weckers: 4:13 Uhr. Ich atme tief ein und aus und drehe mich wieder auf die Seite, diesen Traum träume ich öfter aber er erschreckt mich immer und immer wieder aufs Neue. Mittlerweile bin ich: Serina Dracuis, aufgewachsen bei den Freunden meiner Eltern, die in meinem Traum sterben, Seelenwandlerin und ein Schlangenzahn 13 Jahre alt. Lea und Samael haben mich damals aufgenommen und sind bis heute meine Eltern geblieben. Meistens kann ich nach dem Schrecken wieder einschlafen, aber heute nicht, ich stehe auf und gehe in das an mein Zimmer angrenzendes Bad, schalte das Licht ein und sehe mich an, meine schwarzen rücken langen Haare muss ich erst mal kämmen, dann wasche ich mir das Gesicht. Meine dunkel bis hellgrünen Augen, mit dem verwirrenden Muster darinnen, schauen mich im Spiegel an. Ich betrachte sie immer voller staunen, weil sie sich in meiner menschlichen Form von tiefem dunklem Grün zu strahlend Hellem wandeln könne, ohne dass ich Kontrolle darüber hätte. Sie sind eine meiner vielen Besonderheiten. Die nächste ist eine leicht schwarz gefärbte Narbe, die sich um meinen Hals zieht und die Form einzelner, kleiner Kettenglieder hat. Genau dort, wo sich die Kette damals, an dem Tag, von dem ich immer wieder träume in meine Haut gebrannt hat.

Es ist das genaue Abbild der goldenen Kette, die darüber liegt und an dem immer noch das Plättchen hängt, das ich damals in Händen gehalten hatte. Ich fahre über die Im Fleisch eingebrannten Linien, die stetige Erinnerung an den Tod meiner biologischen Eltern.

Meine Adoptiveltern stört es nicht, wenn ich schon früh wach bin, sie schlafen immer sehr fest. Ich mag Lea und Samael, sie kannten meine richtigen Eltern und sie haben mir nie verheimlicht, dass ich nicht ihre leibliche Tochter bin – Als ob das möglich gewesen wäre –. Mein Vater Samael ist kein Seelenwandler, dafür aber meine Mutter, sie ist Löwe, wie ihr Name schon sagt. Lea arbeitet im Bereich Landwirtschaft bei der SPK. Und Samael ist Anwalt in seiner Kanzlei.

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