4. Kapitel

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»Tut mir leid, aber sie sind nicht das, was wir für die Rolle als Jenna suchen«, wimmelten sie schon mindestens den zehnten Bewerber ab.

Es war schwieriger, als Summer gedacht hatte, eine Besetzung für die Hauptrolle zu finden. Bei jedem einzelnen hatte mindestens jemand etwas auszusetzen gehabt. Die Bewerberinnen waren zwar alle mehr oder weniger gut gewesen, aber noch keiner hatte es geschafft den Charme rüberzubringen, nach dem sie strebten.

»Mittagspause. Wir sehen uns um halb zwei wieder«, beendete der Regisseur das Casting für diesen Morgen.

Summer war froh endlich aus ihrer Kluft rauszukommen, denn allmählich wurde es unter dem grünen Umhang, den sie trug, wirklich heiss. Als sie den Raum verlassen hatte, zog sie zuerst die Kapuze des Umhangs herunter. Die feine, grüne, mit gold verzierte Maske, die zuvor ihr Gesicht verdeckt hatte, fiel ebenfalls.

»Komm her, ich werde dein Make up entfernen«, sagte Sandra, ihre Stilistin während sie auf den Stuhl unmittelbar vor ihr wies. Summer setzte sich hin und genoss es, sich um nichts kümmern zu müssen. Mit mehreren Tüchern wurde alles Unnötige abgewischt. Eine zusätzliche Sicherheitsmassnahme war gewesen, all ihre Sommersprossen abzudecken, sodass ihr ein wenig grösserer Laubfleck an einer Ecke ihres Auges direkt neben ihrer Nase, welcher nicht von der Maske verdeckt worden war, sie nicht verriet. Auch das Haarband, das ihre roten Haare in einem strengen Pferdeschwanz zusammengehalten hatte, wurde entfernt, sodass ihre langen Locken wie gewohnt auf Summer herab fielen. Schwarze Hosen, die ihr sozusagen aufgezwungen worden waren, harmonierten gut mit dem hellgrünen Hemd, welches wiederum ausgewählt wurde, da der Umhang, den sie darüber getragen hatte, dieselbe Farbe hatte, nur dass diese um einige Farbtöne dunkler war.

»Ich bin dir so dankbar, dass du das alles für mich tust. Vor allem aber bin ich froh, dass du mein Geheimnis für dich behältst«, sagte Summer, als sie wieder völlig enthüllt vor ihrer Stilistin stand. 

»Schätzchen, dafür musst du dich nicht bedanken. Immerhin sind meine Arbeitszeiten weniger als halb so lang, wie wenn ich für einen anderen Star arbeiten würde und dennoch bekomme ich mindestens doppelt so viel an Gehalt wie normalerweise. Unter diesen Umständen würde ich es sogar geheim halten, wenn du jemanden umgebracht hättest«, antwortete Sandra, welche nicht nur im Schminken erste Sahne war, sondern jede Tätigkeit ihres Job bis ins kleinste Detail beherrschte. Sie hätte für viele arbeiten können, hatte sich jedoch ausgerechnet für Summer entschieden. Summer wusste nicht, wie viel Sandra dafür bekommen hatte, dass sie ihr Geheimnis für sich behielt, konnte sich jedoch vorstellen, dass es nicht gerade wenig war gewesen war. Sie fragte sich auch, ob Sandra es wohl ausplaudern würde, wenn jemand ihr nur genug Geld gäbe. Aus ihren Worten konnte Summer nämlich nichts wahrnehmen, was darauf hinwies, dass ihre Stilistin ihre Arbeit auch wirklich gerne tat.

»Und ausserdem mag ich dich. Du bist wie die kleine Schwester, die ich nie hatte. Ich darf dich schminken, ankleiden und deine Haare machen. Und ausserdem kennen wir uns schon ein Leben lang. Als du geboren wurdest, war ich zehn Jahre alt und da ich das Mädchen von nebenan war, wurde ich später zu deiner Babysitterin. Ich weiss noch genau, wie du immer zu mir herübergekommen bist, weil du deine Fingernägel lackiert haben wolltest oder jemand brauchtest, der mit dir deine Barbiepuppen frisierte. Du warst einfach zum Knuddeln. Damals warst du fünf Jahre alt, aber es kommt mir so vor, als wäre es Gestern gewesen. Und jetzt bist du neunzehn, hast einen Bestseller herausgegeben und bist gerade dabei Schauspieler zu deiner Buchverfilmung auszuwählen. Du hast für Leute Songs geschrieben, von denen die Meisten nur davon träumen können, sie mit ihren Texten zu erreichen. Du berührst die Menschen mit allem, was du tust aufs Neue. Du bist noch so jung, hast aber dennoch mehr erreicht, als es andere je tun werden. Und dabei bleibst du sogar du selbst. Niemand kennt diejenige, die hinter den Werken steckt. Dennoch sind alle von dir begeistert«, fügte Sandra zu ihren Worten hinzu, sodass Summer ihren eigenen Gedanken keinen Glauben mehr schenken konnte. Sie blickte zu ihrer ehemaligen Nachbarin hoch, die eben gerade aufgehört hatte ihr rotes Haar zu kämmen. Eine hochgewachsene, blonde Gestalt blickte sie mit hellblauen Augen freundlich an. Ihre Haare trug sie Stets in einem lockeren Dutt, damit diese ihr nicht immer ins Gesicht hingen, sie selbst jedoch nicht streng wirkte. Ein königsblaues Hemd liess ihre Augen nur noch mehr hervorstechen, wobei hellblaue Jeans nur eine Nebensache an ihr waren. Ohne jegliches Make up ging sie meistens ausser Haus, während sich an ihrem Ringfinger ein zierlicher Verlobungsring befand.

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