Kapitel 4

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Nervös musterte ich mich im Spiegel. Ich hatte mit eine schwarze Jeans und eine helle Bluse übergezogen und meine Haare zu einem Dutt gebunden. Ich wusste nicht ob das das richtige Outfit für ein Fest war. Aber woher sollte ich es denn auch wissen, wenn ich sonst nie außer Haus gehen durfte? Mein Puls ging schneller als sonst, die Aufregung schien mir quasi ins Gesicht geschrieben und es war ein Wunder, dass meine Mutter noch nichts von meiner Nervosität mitbekommen hatte.

Ich blickte kurz auf die Armbanduhr an meinem Handgelenk. 17:30. Gleich würde sich meine Mutter verabschieden und Paul würde zu uns kommen, um auf mich aufzupassen. Ich würde es schon irgendwie schaffen an meinem Aufpasser vorbeizukommen, denn Paul betrachtete sich viel zu gern stundenlang im Spiegel und gab sich selbst Komplimente als auf mich aufpassen zu können.

Ich musste dafür aber auch zugeben, dass Paul nicht gerade hässlich war, nein, er war ein attraktiver Mann mit dunklem Haar und trainiertem Körper. Er neigte gerade dazu viele Frauen abzuschleppen. Dafür wunderte es mich umso mehr, dass er seine Abende mit mir verbrachte und seine wertvolle Zeit verprasste.

,,Lucia, kommst du bitte kurz runter?'', rief meine Mutter von unten. Ohne zu antworten ging ich aus meinem Zimmer und polterte die Holztreppe hinunter. ,,Was gibt's?'', fragte ich an meine Mutter gewandt als ich die letzte Stufe hinabsprang. Sie sah mich ernst an. ,,Paul kommt heute später, der Verkehr hält ihn auf. Ich kann aber auch nicht bei dir bleiben, ich muss heute pünktlich bei der Arbeit sein. Bleib bitte hier und verhalte dich brav bis Paul kommt. Ich vertraue dir mein Schatz.'', sagte meine Mutter und gab mir einen Kuss auf die Wange. Dann lächelte sie mir noch einmal zu bis sie aus der Tür verschwand.

Die Tür war kaum zu, als ich freudig in die Luft sprang und sich ein breites Grinsen auf meinem Gesicht ausbreitete. Noch eine bessere Chance auf das Seefest zu gehen hatte ich nicht, also packte ich schnell die nötigsten Sachen in eine schwarze Umhängetasche und verschwand dann selbst nach draußen. Vorsichtig blickte ich mich um, von Pauls Auto war noch keine Spur zu sehen. Um jedem Risiko aus dem Weg zu gehen, nahm ich die schmalen Schleichwege um die Häuser herum und hoffte, dass keiner meiner Nachbarn meinen Weg verfolgt hatte, denn sonst würde mich Paul ganz schnell wieder einholen.

Meine Sorge entdeckt zu werden, verflog jedoch schnell und nach einigen Minuten fand ich mich am hellen Sandstrand der Ostsee wieder. Ich schlüpfte aus meinen Schuhen und setzte meine Füße in den rauen Sand. Die Kälte, die von dem Sand ausging, ließ mich leicht frösteln und ich fragte mich augenblicklich, ob ich nicht eine dickere Jacke hätte mitnehmen sollen. Da es tagsüber ziemlich warm war, hatte ich meine Winterjacke im Haus gelassen und nur die dünnere Übergangsjacke mitgenommen. Hoffentlich wird sich das nicht in einen Fehler verwandeln.

Ich genoss auf meinem Weg das Rauschen des Meeres, das gleichmäßig durch die Stille hallte. Ich richtete meinen Blick auf den hölzernen Steg vor mir und konnte schon vom Weiten den kleinen, von Lichterketten erleuchteten Aufbau sehen, der heute als unser Festzelt galt. Einige meiner Mitschüler strömten schon zu dem Aufbau am Steg und ich suchte nach Ella unter ihnen, doch die kleine Brünette war nicht zu finden.

,,Hey Lucia, schön, dass du es doch geschafft hast.''. Ich zuckte kurz zusammen, als Susanne ihre Hand auf meine Schulter legte. ,,Natürlich halte ich mein Wort.'', erwiderte ich freundlich und lächelte sie an. ,,Da wird Paula aber ganz schöne Augen machen!'', sie lachte und zwinkerte mir dann zu. Ich lachte mit ihr meinte dann: ,,Ach, die ist doch viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.''. Susanne prustete. ,,Da hast du den Nagel auf den Kopf getroffen.''. ,,Da wäre ich mir nicht so sicher, Weber.'', Paula erschien hinter uns und sprach Susanne abwertend mit ihrem Nachnamen an. ,,Ach ja? Du redest höchstens mit anderen wenn sie etwas für dich tun sollen oder über dich reden.'', ich verschränkte die Arme und stierte dem blondierten Mädchen entgegen.

The lost guardian - Die verborgene WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt