Kapitel 5

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Ich japste nach Luft, als ich den Strand zur Straße entlanglief. Der Sand erschwerte meinen Lauf und brachte meine Beine zum Schmerzen. Doch hielt ich weder an noch verlangsamte ich mein Tempo. Wenn meine Mutter vor mir zu Hause wäre, würde ich nie wieder mit der Außenwelt Kontakt haben.

Meine Beine trugen mich bis zu einer Laterne, die den Anfang des geteerten Fußweges markierte. Ich taumelte leicht und hielt mich an der kalten Metallstange fest. Die Welt drehte sich leicht und ich wünschte mir, ich hätte den Alkohol nie angenommen. Ich zwang meinen protestierenden Körper weiterzulaufen und hoffte, dass meine Luft dafür reichen würde. Dieses Mal lief ich an der Hauptstraße entlang, da dieser Weg viel kürzer und einfacher zu laufen war.

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich noch genug Zeit hatte um nach Hause zu gehen und so verlangsamte ich mein Tempo, traute mich aber nicht ganz locker zu gehen. Ich holte mein Handy heraus, doch bevor ich es anschaltete, sah ich eine dunkle Gestalt im spiegelnden Bildschirm vorbeilaufen. Ich drehte mich blitzschnell um, doch hinter mir lag nur die friedliche, menschenleere Hauptstraße. Kopfschüttelnd setzte ich meinen Weg fort. Was man sich nachts allein nur so alles ausdachte...

Ich bekam eine Gänsehaut als mich das Gefühl, beobachtet zu werden, nicht losließ. Meine Arme verschränkten sich automatisch und ich beobachtete alles vor mir genau, aus Angst es könnte jemand hervorspringen und mich verletzen. Der Alkohol lässt mich ganz schön viel Unsinn ausdenken, ich bin sicher, dachte ich. Die Büsche am Rand der Straße raschelten verräterisch und kalter Schweiß rann über meine Stirn. Es brannte kein Licht in den Häusern um mich herum, ich war ganz allein. Wieder raschelte es. Vielleicht war ich doch nicht so allein.

,,Hallo? Wer ist da?'', rief ich in die Dunkelheit. Als Antwort erhielt ich jedoch nur ein leises Fauchen, dass mich zittern ließ. Meine Schritte verschnellerten sich, aber das die leisen Geräusche kamen immer näher und das Fauchen stieg langsam zu einem lauten, bedrohlichen Knurren an. Mein Herz schlug wild in meiner Brust, als ich um eine Ecke bog. Ich war nicht mehr weit von meinem Ziel entfernt und doch fühlte es sich so an als würde es noch eine Ewigkeit dauern, ehe ich zu Hause ankommen würde.

Ich setzte gerade meinen Fuß auf die Straße, als sich eine kalte, scharfe Klaue um meine Fußgelenk legte und mir meinen Fuß entriss. Ich fiel unsanft auf den Boden und zitterte am ganzen Körper. Es hat mich eingeholt, dachte ich panisch. Nur langsam traute ich mich meinen Kopf umzudrehen und was ich sah, raubte mir den Atem. Zwei rot glühende Augen stierten mir emotionslos entgegen und der Körper des Lebewesens schien aus einer schwarzen, wolfsähnlichen Wolke zu bestehen. Es kam langsam auf mich zu während sich ein triumphierendes Lächeln auf sein Gesicht schlich.

Ich war erstarrt, konnte mich nicht bewegen. Ich ließ zu, dass das Wesen mir immer näher kam. Dann schnappte es plötzlich nach mir und rammte seine scharfen Klauen in mein Bein. Der Schmerz breitete sich explosionsartig in aus und ein schriller Schrei entwich aus meiner Kehle. Ein Rumpeln erklang von dem Wesen, es ähnelte einem Lachen, doch war es verzerrt und dumpf. ,,Bitte lass mich gehen.'', flehte ich und schloss die Augen. Fauler Atem schlug mir entgegen und Flüssigkeit tropfte auf mich herab.

Das Klingeln meines Handys ließ mich meine Augen wieder aufreißen und ich rollte mich blitzschnell herum. Einen Herzschlag später schloss sich das Maul des Wesens. Ich nutzte den Moment und sprang auf. Meine Beine trugen mich die Straße hinunter und ich glaubte, so schnell wie noch nie in meinem Leben zu sein. Mit einem Knurren folgte mir das Wesen und seine Klauen flogen mit einem ätzenden Kratzen über den Teer. Dann nahm ich mein Handy in die Hand und sah die Nummer meiner Mutter auf dem Bildschirm.

,,Mom!'', schrie ich atemlos in das Handy. ,,Lucia, was ist los?! Wieso bist du nicht zu Hause?!'', in der Stimme meiner Mutter schwang eine gewisse Schärfe und Besorgnis mit. Tränen rannen über mein Gesicht. ,,Hilf mir... ich werde verfolgt. Seine Augen sind so... so...'', weiter kam ich nicht, denn meine Stimme brach. ,,Lauf Lucia. So schnell es geht.'', mit diesen Worten legte sie auf. Ich wimmerte erbärmlich.

Ich traute mich nicht über die Schulter zu blicken als ich weiterlief. Es war klar, dass ich keine Chance gegen das Wesen hatte. Mit Hoffnung, es doch etwas abhängen zu können, bog ich in eine schmale Gasse ab. Aber ich stolperte über eine am Boden liegende Mülltonne und fiel. Bevor mein Gesicht den Boden berühren konnte, bohrten sich die Klauen in meinen Rücken und warfen mich auf die andere Straßenseite. Mein Rücken brannte höllisch, jede Bewegung ließ mich unkontrolliert nach Luft japsen.

Ich war unfähig mich zu bewegen und damit wehrlos dem Wesen ausgesetzt. Der faule Atem schlug mir ins Gesicht als das Wesen seinen deformierten Kopf zu mir runterbeugte. Seine Augen glühten in einem feurigen Rot und zum ersten Mal sah ich Emotionen in ihnen: Belustigung und Mordlust. Die kalten Klauen fuhren von meinen Beinen nach oben bis zu meiner Kehle. Die Kälte ließ mich Zittern, doch die scharfen Klauen ließen es mir kalt den Rücken hinunter laufen. Das Wesen holte aus und innerlich hatte ich mich schon damit abgefunden zu sterben.

Plötzlich wurde es hell und mit einem Krachen wurde das Wesen von mir geschleudert. Ein grauer Wagen hielt vor mir und augenblicklich stand meiner Mutter neben mir. Sie zog mich in ihre Arme und half mir beim Aufstehen. ,,Oh Lucia, du weißt doch, dass du nicht allein rausgehen sollst.'', ihre Stimme zitterte. Ich konnte nicht antworten. Die letzte Stunde hatte zu sehr an meinen Nerven gezerrt und mein ganzer Körper schmerzte.

,,Bitte... bring mich hier weg.'', flüsterte ich mit gebrochener Stimme. Ich spürte nur noch wie meine Mutter mich an sich zog und leise antwortete: ,,Keine Sorge meine Kleine, ich werde dich immer beschützen.''.

Danach wurde alles schwarz.

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Da bin ich ja wieder :D

Es ist zwar etwas spät, aber ich wollte noch das neue Kapitel hochladen bevor ich schlafe :)

Nun haben wir sie endlich: Lucias erste Begegnung mit einem mehr oder weniger freundlichem, magischen Wesen :)
Ich hoffe dieses Kapitel war mal spannender als die anderen ;)

Ansonsten nochmal vielen Dank für eure Kommentare ( besonders an die liebe sanya_rauch , schaut mal bei ihr vorbei ;) ), Votes und besonders die Motivation, überhaupt dieses Buch zu lesen :)

Eine gute Nacht wünsche ich euch! :D

Eure goodsidebadside

The lost guardian - Die verborgene WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt