Blood, Sweat And Tears

★ Kapitel 7 ★

Tae starrte auf das rote glibberige Etwas auf seinem Teller. Garniert war es mit zwei Basilikumblättern, was das Essen irgendwie so harmlos aussehen ließ. Aber es war und blieb Menschenfleisch, egal wie viel Dekoration man darum häufen würde. Er sah sich unschlüssig nach einer Beilage um, einer Schüssel Reis oder ähnlichem. Aber da war nichts, und als er Hoseoks Essen betrachtete, stieg ihm etwas Galle hoch, und er schluckte nervös.
Da lagen Eingeweide. Eklige blutige Fetzen von einem Gehirn, wie Nudeln aussehende Darmstücke und andere Sachen, die er nicht benennen konnte.
Hoseok bemerkte seinen Blick erst, als er sich bereits eine volle Ladung in den Mund geschoben hatte: "Willst du probieren?" "Nein nein", sagte Taehyung schnell und griff nach seinen Stäbchen, um sich ein Stück Fleisch zu genehmigen, denn er hatte einen riesengroßen Hunger. Einen Zentimeter vor seinem Mund stockte seine Hand jedoch.
Rohes kaltes Fleisch, blutig, wabbelig und überhaupt wahnsinnig unappetitlich anzuschauen, aber er verspürte einen Heißhunger auf genau dieses ekelhaft Futter. Kurz beobachtete er Jimin, der eine Art Tomatensuppe löffelte, zumindest von der Farbe her war es Tomatensuppe, die Zutaten waren wohl nicht minder verstörend wie das, was da auf Hoseoks Teller lag.
Langsam öffnete er den Mund und legte sich den Brocken auf die Zunge, was seinen Magen zum Knurren und sein Gehirn zum rebellieren brachte. Irgendwie wollte er es essen, aber irgendwie auch nicht. Verstohlen versuchte er einen Blick auf das Essen der anderen Gäste zu erhaschen, doch was er dort sah, versetzte ihn in komplette Verwirrung. Die aßen ja ganz normale Sachen. Kein blutiges Fleisch, keine menschlichen Überresten, sondern komplett normales Zeug! Ein Mädchen genoss gerade seine Pancakes, die unglaublich lecker aussahen, selbst aus der Entfernung.
Das Stück Fleisch in seinem Mund wünschte sich gegessen zu werden, und er kaute darauf herum und stellte sich einfach vor, es wäre ein Pancake. Fast würgend schluckte er, und damit kam die Sucht.
Sein Kopf fing plötzlich an, Gefallen an diesem Essen zu finden, und Tae kam kaum hinterher, seinen Magen zu füllen, wie sein Gehirn es ihm verlangte. Innerhalb weniger Minuten war sein Teller leer, und er fühlte sich gut. Satt und zufrieden.
"Hat's geschmeckt?", Jimin wischte sich manierlich mit der Serviette über den Mund. Taehyung nickte stumm, und er blickte wieder zu dem Mädchen mit den Pfannkuchen. Diesmal allerdings stieg Ekel in ihm auf. Der dicke, wabbelige Teigfladen, wie er in der Marmelade schwamm, sah aus wie ein gestrandeter, angenagter Wal, der in seinem Blut vor sich hin faulte.
Es schüttelte ihn innerlich, und schnell sah er wieder Jimin an: "Warum essen wir sowas... komisches?"
"Willst du was anderes?"
"Nein das nicht, aber davor habe ich eigentlich kein rohes Fleisch gegessen."
Hoseok grinste: "Du kannst dir auch nen Teller Sushi holen oder Brötchen. Probiers ruhig."
Das Grinsen in Jung-sans Gesicht verunsicherte Tae etwas, aber er wollte es dennoch testen. Nur bloß keine Pancakes. "Geh einfach zum Buffet und hol dir was", Hoseok machte eine auffordernde Handbewegung, und der rothaarige Koreaner stand auf und lief auf das Buffet zu.

"Wir sind echt böse Hobi-chan", Jimin sah Tae nach, "wir hätten echt sagen können dass er sich wahrscheinlich danach übergeben muss." Hoseok zuckte mit den Schultern: "Wir können uns ja nicht sicher sein, dass sein Magen gar kein menschliches Essen mehr verträgt, ich meine im Gegensatz zu uns ist er ja noch halb Mensch."
"Wir werden ja sehen", Jimin betrachtete seine Hände, "wieso bin ich so klein, huh?"
"Na bist eben mein kleiner Jiminie", Hoseok lachte.
"Ach, das hab ich dir zu verdanken?"
"Klar. Du bist auch nur meinetwegen so hübsch."
Park-san vergrub sein Gesicht in den Händen, bevor er Hoseok fragend anschaute: "Was ist eigentlich aus dem Werwolf im Park geworden?" Der Größere war erst etwas verwirrt durch den plötzlichen Themawechsel: "Huh? Keine Ahnung, ich denke er wurde gefangen und verhört, wieso?"
"Nur so. Werwölfe sind Rudeltiere und ich befürchte, dass da noch mehr kommen. Wir sollten auf jeden Fall den Park mal gründlich durchkämmen."
"Ja stimmt schon, aber ich mache mir eigentlich mehr Gedanken über das Dämonenkind vorhin, im Gang. So nah am Hauptquartier, und es hat uns reingelegt. Ich meine, warum sollte ein Dämonenkind Angst vor einem Dämonen haben, das ergibt doch keinen Sinn."
"Hm", Jimin lehnte sich zurück und ließ seinen Blick über Hoseoks Gesicht wandern, als könnte er da die Antwort finden, "Wir sollten auf jeden Fall mit Kim-hakase darüber reden." Jung-san nickte, und wandte sich dann an Taehyung, der sich eben wieder zu ihnen an den Tisch setzte. Auf seinem Teller waren unterschiedliche Sachen gestapelt, aber Hoseok hätte nicht einmal Appetit empfunden, wenn er noch nicht komplett satt gewesen wäre. "Na dann, lass es dir schmecken, Tae."

Taehyung hatte zwar keinen Hunger mehr, aber er hatte das dringende Bedürfnis eine dieser Speisen zu probieren, einfach nur um sicherzugehen, dass er sie noch essen konnte. Dass sich etwas an seinem Körper verändert hatte, war ihm mittlerweile klar geworden.
Unter den neugierigen Blicken seiner Tischgenossen begann er zu essen. Anfangs schmeckte es noch ziemlich normal, nur ein bisschen fad, aber je mehr er aß, desto weniger gefiel es ihm. Obwohl sein Magen nicht übermäßig voll war, hatte er einfach nicht den Wunsch, sich Reis oder Gemüse in den Mund zu schaufeln. Seine Gedanken schweiften immer wieder zu dem weichen kalten Fleisch ab, dass er davor gegessen hatte.
Irgendwann schob er den Teller von sich: "Irgendwie nicht so lecker wie das davor." Jimin nickte: "Hab ich mir gedacht. Aber das ist wahrscheinlich komplett normal, mach dir nichts daraus."
Diesmal beschloss Tae nicht einfach im Ungewissen herumdümpeln zu wollen: "Und warum ist das so? Was ist passiert als der Werwolf mich angefallen hat?"
Jung-san verschränkte die Arme vorm Körper und versuchte es dem Neuen zu erklären: "Der Werwolf hat dich gebissen, und somit infiziert. Ja man könnte sagen es ist eine Krankheit, also wie auch immer du trägst nun auch dieses Gen in dir. Kann man nicht ändern, man kann sich höchstens darüber ärgern."
"Also bin ich jetzt ein Werwolf."
"Jap."
"Einfach so."
"Joar."
"Ohne dass ich es wollte und ohne dass es ein Heilmittel gibt?"
"Hai. Aber du hast ja jetzt uns, wir helfen dir da schon."
Taehyung musste unwillkürlich an Jungkook denken, war das nicht ähnlich? Und eine solche Hilfe wie sie ihm waren, wollte Tae garantiert nicht.
"Kann ich auch einfach nach Hause?"
"Nein."
"Und warum? Ich habe Familie!"
"Ja, wir haben ihnen gesagt du wärst verstorben."
"WAS?", Taehyung wurde bleich, "aber warum denn! Ich lebe doch noch!"
"Ja schon, aber es besteht ansonsten die akute Gefahr, dass du noch mehr Menschen beißt, die dann bei Vollmond zu Wölfen mutieren."
"Was soll der Scheiß! Ihr seid doch verrückt, ich würde niemals Menschen anfallen!"
"Du vielleicht nicht, aber er schon."
"Er?"
"Na das Monster mit dem du jetzt deinen Körper teilst."
Nach einer Pause, in der Taehyung krampfhaft vrsucht hatte das Erfahrene zu verarbeiten, gab er auf: "Wahrscheinlich esse ich deshalb gern rohes Menschenfleisch?"
"Du hast es erfasst, genau das ist der Grund. Du wirst niemals wieder etwas anderes zu dir nehmen wollen, was in unserer normalen Bevölkerung sehr schnell eine Panik auslösen würde. Man würde dich wahrscheinlich als Kannibale abstempeln und erschießen."
"Nur dass du wieder aufstehst", warf Jimin ein.
"Naja ewig geht das nicht gut", wandte sich Hoseok an seinen Freund.
"Aber eine Zeit lang schon. Also auf jeden Fall länger, als bei handelsüblichen Kannibalen."
"Okay", Taehyung unterbrach die Diskussion, "seid ihr auch Werwölfe?"
"Nope, ich bin ein Guhl", sagte Hoseok und fügte dann hinzu, "und Chimchim ist ein Vampir."
"Sonst noch was", Tae fuhr sich durch die Haare. Sein Gehirn war nicht ganz fähig, dass alles aufzunehmen, es war viel mehr so, als bekäme er irgendwelche irrelevanten Alltagsdinge geschildert.
"Naja, Yoongi ist ein Phantom, Jungkook ist ein Dämon, und unser lieber Chef und Arzt Namjoon ist ein Hexenmeister."

"Okay. Gibt es hier irgendwo eine Toilette? Mir ist übel."