Blood, Sweat And Tears

★ Kapitel 16 ★

Zu zweit durchquerten sie die Lobby und betraten eine Art Krankenflügel. Eine Krankenschwester lief eilig an ihnen vorbei, und Tae zuckte etwas zusammen, weil er kurz dachte es wäre Mince-san gewesen.

"Min-san! Schön dass Sie meiner Bitte so eilig gefolgt sind", Kim-hakase kam freudestrahlend auf die beiden Nachtläufer zu, "und? Wie geht es Ihnen Kim-san?" Taehyung lächelte leicht zurück. Die Freude dieses Mannes war einfach ansteckend: "Schon viel besser. Ich muss mich nur an die Sache mit dem Essen noch gewöhnen." "Das wird schon mit der Zeit", der Hexenmeister führte sie in ein Büro, "wir werden jetzt mal deine lykantrophischen Fähigkeiten testen. Es ist ganz harmlos, keine Angst."
Tae nickte und folgte der Anweisung, sich auf einen Stuhl zu setzen. Kim-hakase verschwand durch eine schmale Tür.
Das Zimmer war groß und ziemlich voll. Die meisten Regale waren mit Büchern gefüllt, aber dort stand auch anderes Zeug, das den jungen Mann etwas aus der Fassung brachte. Totenköpfe, merkwürdige unterschiedlich lange Stäbe, Ampullen, Waffen. Wieso hatte ein Arzt Waffen? Und das waren keine Skalpelle oder ähnliches, das waren Schwerter!
Unruhe breitete sich in dem Koreaner aus, und er sah zu Yoongi: "Was meint er damit?" Das Phantom blickte den Rothaarigen nicht an und zuckte mit den Schultern: "Keine Ahnung, aber ich denke es wird spannend."

"Na dann wollen wir mal!", der Hexenmeister kam zurück. In den Händen lauter Utensilien, die Tae entweder nicht kannte, oder nicht genau erkennen konnte. "Fangen wir mit etwas leichtem an. Fang!", in seiner Euphorie, bekam Namjoon gar nicht mit, dass er den Jüngeren gar nicht mehr siezte.
Verwirrt schnappte Taehyung nach dem kleinen glänzenden Gegenstand, der durch die Luft auf ihn zuflog. Was sollte das werden? Leise landete die Münze in Taes Hand - und der junge Mann schleuderte sie auf der Stelle wieder von sich. Entgeistert blickte er auf seinen Handteller, auf den sich das Zeichen der Münze hineingebrannt hatte. Es schmerzte ungeheuerlich: "Was sollte das?!"
Kim-hakase schmunzelte: "Silber verbrennt Werwölfe, das habe ich testen wollen." Taehyung lehnte sich leise stöhnend in dem Stuhl zurück. Das konnte ja heiter werden, wenn die restlichen Tests auch so verliefen.

Zum Glück war dem nicht so. Tae durfte sich UV-Strahlung aussetzen, die ihm ebenso wie der Duft von Knoblauch nicht schadete. Dann musste er eine Hantel heben, was er nicht schaffte, und bekam daraufhin ein Leckerli. "Ich will keinen getrockneten Menschenfinger!", angewidert schob Tae den Teller von sich weg, "soweit... bin ich noch nicht denke ich." Der Hexenmeister lächelte aber nickte und zog das schrumpelige, konservierte Fleisch weg. Es sah aus als würde er gleich sagen: Ach komm schon Taehyung-kun, jetzt habe ich extra eine Dose mehr gekauft als sonst!

Einige merkwürdige und nervenaufreibende Experimente später, erklärte Kim-hakase: "So - es ist doch okay wenn ich Du sage? Gut - das Wichtigste zuletzt. Wie du vielleicht weißt, verwandeln sich Werwölfe nur bei Vollmond. Ich bin froh dass es da noch etwas hin ist, sonst wären wir vermutlich komplett aufgeschmissen, denn du musst wissen, dass wir noch nie einen Werwolf unter uns hatten..." "Namjoon, komm auf den Punkt", Yoongi schüttelte genervt den Kopf. "Na schön. Unserem Phantom zur Liebe erkläre ich weiter: Also. Werwölfe werden bei Vollmond zu grässlichen Bestien, bei starken Gefühlsausbrüchen wie Wut oder Trauer, UND wenn sie länger kein Menschenfleisch hatten. Die Frist beträgt in etwa 30 Stunden. Es kann aber auch sein dass...", der Mann zögerte kurz, "naja... dass man seiner wilden Seite verfällt. Dann hast du gar keine Kontrolle mehr, also im Grunde wie immer, aber kannst dich auch nicht wieder zurückverwandeln. Das ist im Grunde wie bei den Dämonen. Du könntest dich mit Jeon-san austauschen, womöglich kann er dir darüber etwas beibringen."
Taehyung nickte langsam. Er war sich nicht so sicher, ob er von Jungkook etwas lernen konnte. Schließlich hatte der sich auch nur schwer unter Kontrolle. Aber woran sollte das denn liegen? "Also wie ist das mit den Dämonen? Brauchen die auch Menschenfleisch?"
Kim-hakase schüttelte den Kopf: "Dämonen leben von den Gedanken und Gefühlen ihres Opfers. Man kann sie nur im Zaum halten, indem man sich selbst zu beherrschen lernt. Ansonsten verfällt man dem Monster unheilbar." "Aber mach dir keine Sorgen um Jungkook-san", sagte Yoongi und lehnte sich an die Wand, "er hat sich recht gut im Griff."
Tae zog eine Augenbraue hoch: "Und was war dann beim Frühstück..." "- Ja okay das war ein Ausrutscher. Aber ich habe mit ihm geredet und es ist wieder alles in Ordnung. Kim-hakase, wie lange dauert das hier noch?"
Der Arzt rückte seine Brille zurecht: "Wenn es nicht noch mehr Fragen gibt, dann wäre ich hier fertig."

Das Phantom nickte und nahm wieder eine gerade Haltung ein. Während er sein Hemd richtete, verabschiedete er sich bereits und öffnete die Tür: "Auf Wiedersehen Hexenmeister, danke für das alles." "Auf Wiedersehen Nachtläufer", äffte Namjoon den Weißhaarigen grinsend nach, "warum immer so kalt Yoongi-san? Bedrückt dich etwas?"
Taehyung stand auf und betrachtete den Hexenmeister, wie er einen Schritt auf das Phantom zuging. Yoongi aber verließ den Raum ohne ein weiteres Wort, und Tae blieb nichts anderes übrig, als ihm nach einer schnellen aber höflichen Verabschiedung zu folgen.

Nur schwer holte er das Phantom ein: "Warte doch! Yoongi-san!" Leicht genervt verlangsamte der Nachtläufer sein Schritttempo, und ließ es zu, dass Tae neben ihm herging.
Nach einem kurzen Schweigen räusperte sich der Werwolf: "Uhm... Yoongi-san? Wie... wie entstehen eigentlich Phantome?"
Das Gesicht seines Gegenübers blieb unbewegt, und Taehyung wollte sich schon für die Frage entschuldigen, als Min-san doch seinen Mund öffnete: "Sterben" er drehte dem Rothaarigen sein Gesicht zu, "ich bin ermordet worden, Tae. Und jetzt frag nicht weiter."
Dem gehorchte Kim-san ohne Protest.

Irgendwie fing er jetzt an, seine Mitbewohner anders zu sehen. Jungkook musste mit sich selbst kämpfen um seinem inneren Dämonen nicht zu verfallen. Er schaffte es aber wohl nicht immer, aber das wunderte Tae nicht. Der Jüngere schien sich große Mühe zu geben um perfekt zu sein, aber manchmal ging etwas schief. Tae dachte daran zurück, als Yoongi das mit den Werwölfen erzählt hatte. Jungkook war so niedlich gewesen wie er Min-san immer verbessert hatte. Zwischen den beiden schien es auch eine besondere Verbindung zu geben.

"Da sind wir", das Phantom öffnete die Tür zu ihrer Wohnung und schloss sie wieder als Taehyung ebenfalls reingegangen war.

"Oh, hi!", kam Jimins Stimme vom Sofa her. "Hi", erwiderte Taehyung, etwas aus den Gedanken gerissen guckte er zu Jihope rüber, die es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatten. Ganz offenbar waren sie bei etwas gestört worden, und Tae wandte sich lächelnd ab, als Hoseok Jimins Hals mit feuchten Küssen zu malträtieren begann.
Immerhin zwei schienen ein angenehmes Leben zu haben.

Yoongi stand in der Küche und tippte auf seinem Smartphone herum. Als Tae vorbeilief sah er ganz kurz auf. Ganz kurz. Ungefähr für eine halbe Sekunde.