Kapitel 1

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PoV: Naima

Schon als ich klein war, war Musik mein Leben. Ich lernte früh Gitarre spielen, schrieb sogar eigene Songs. Mittlerweile rückt dieses Hobby immer weiter in den Schatten meines Alltags. Nur noch selten am Wochenende oder in den Semesterferien, setzte ich mich ans Klavier oder greife zur Gitarre um ein bisschen zu spielen. Doch heute ist mal wieder so ein Tag, ein wunderbarer freier Samstag. Das Café in dem ich jobbe hat heute ausnahmsweise geschlossen und ich werde nicht von meinem Wecker sondern den warmen Sonnenstrahlen, welche durch mein Fenster rücken geweckt.

„Naima?" klopfte es und meine beste Freundin betrat das Zimmer. Ich sah sie schlaftrunken an, während sie sich auf meiner Bettkante platzierte. „Was ist den los ?" fragte ich und probierte das Nest aus braunen Haaren von meinen Kopf zu entrümpeln, ohne Erfolg. „Naja, ich wollte dich nicht wecken... aber ich würde dann jetzt fahren und wollte mich noch verabschieden," gab sie nun von sich und deutete auf die Koffer, welche im Flur standen. Ich schlug mir mit der Hand gegen die Stirn. Wie konnte ich nur vergessen das sie heute nach Neuseeland fliegt, für ein Auslandssemester. „Shit, sorry!", platzte es aus mir raus und ich sprang auf und lief zu mein Kleiderschrank. „Wann ist Abflug ?", fragte ich, während mein Kleiderschrank auf chaotischste Weise durchwühlt wurde. „Um 9:45", sagte sie und fügte hinzu: „in 10 Minuten wollte Ben kommen und mich abholen." Entgeistert blicke ich abwechselnd auf die blondhaarige auf meinem Bett und den Wecker welcher auf meinen Nachttisch stand. „Ähhh, ich mach mich schnell fertig. Ich fahre natürlich mit zum Flughafen. Sehe dich ja ein halbes Jahr nicht mehr," sagte ich und rannte mit den Klamotten unter meinem Arm ins Badezimmer.

Gerade als es an der Tür klingelte und Ben unsere Wohnung betrat, war ich fertig und begab mich mit den beiden zum Auto. Natürlich sitzt Julia vorne, was zum einen daran liegt das sie es schließlich ist, um die es heute geht und zum anderen, weil sie seit Jahren für Ben schwärmt. Die beiden würden auch echt gut zusammen passen, aber bisher haben sie nicht wirklich die Friendzone des anderen verlassen.

Wir sind da, nun heißt es Abschied nehmen. „Julia, ich erwarte, das du dich jeden Tag meldest! Und... Oh mein Gott, ich werde dich so vermissen," gab ich zu und umarmte sie so dolle, das man meinen könnte ich wolle sie umbringen. Auch Ben verabschiedete sich mit ein paar schönen Worten und einer sehr sehr langen Umarmung. Dann gingen wir wieder zum Auto. „Sie wird mir fehlen," sagten Ben und ich gleichzeitig, was für einige Minuten des Lachens sorgte. „Verhext," prustete ich. Ben sah mich gespielt geschockt an.

Nach einiger Zeit fragte er dann: „machst du eigentlich noch Musik?" Nachdem ich ihn mit einer hochgezogener Augenbraue anblickte, ergänzte er: „Naja ein Kumpel von mir macht zur Zeit ein bisschen Straßenmusik, bzw. ist das mehr so ein Filmprojekt und da wollte er Leute aufnehmen die in der Öffentlichkeit Musik machen und..." Bevor er weiter sprechen konnte, schnitt ich ihn das Wort ab: „Ich hab schon lange nicht mehr gespielt, aber ich bin dabei. Wo den genau?" „Im Körnerpark. Um halb zwei. Passt das bei dir ?", antwortete Ben und sah in mein strahlendes Gesicht. „Ja," kreischte ich schon fast. Woraufhin Ben nur sein Gesicht verzog und auf der Suche nach einer Parklücke aus dem Fenster schielte. Nach kurzer Suche hielt er zwei Häuser vor meinem Haus an und sah mich erwartungsvoll an. „Oh wir sind da, Ähm bis dann." sagte ich und verließ das Auto. Warum bin ich nur immer so verpeilt?

Um 13:00 Uhr machte ich mich frisch und Steig aufs Fahrrad. Der Park ist nicht so weit weg und in Berlin lohnt sich Autofahren sowieso nicht. Mit der Gitarre aufm Rücken, ging ich die letzten Meter dann doch zu Fuß. „Hallo, du musst Naima sein," grinste ein schwarzhaarige Mann und hielt mir die Hand entgegen. „Ja und du müsstest der Freund von Ben sein", lächelte ich und wurde rot, weil es mir doch unangenehm war seinen Namen nicht zu kennen. „Ich bin Jan," sagte er und nun schütteten wir uns die Hände. „Ben kommt gleich, du kannst dir ja schon mal ein netten Platz suchen und dich einspielen, wir kommen dann nach," sagte Jan und blickte auf sein Handy. Ich ging los und fand den perfekten Platz am Wegrand vor einem Baum. Ich setzte mich hin stimmte die Gitarre und spielte ein bisschen, irgendwann fing ich auch an zu singen. Es fühlte sich so gut an und ich war komplett in meiner Welt gefangen, schloss die Augen und vergaß glatt das ich nicht alleine in meinem Zimmer war.

Nachdem ich das Lied fertig gespielt hatte und meine Augen langsam wieder öffnete sah ich ein jungen Mann, er hatte braune Haare und einen Bart. „Das war wunderschön," lächelte er und stand von der Bank auf, auf die er sich gesetzt hatte. „Oh, äh Dankeschön," sagte ich während er sich nun zu mir runter beugte, den Gitarren Koffer neben mir griff, diesen vor mir aufklappten und ein 10€ Schein rein legte. „Du machst nicht so oft Straßenmusik oder ?", fragte er nebenbei. Ich lachte: „Nein eigentlich nie. Ist quasi das erste mal." „Dann darf ich mich wohl freuen dein erster Zuhörer gewesen zu sein," sagte der Mann und setzte sich wieder auf die Bank. „Wie heißt du eigentlich?", fragte ich ihn. „Lukas mein Name. Und die werte Dame heißt...?", antwortete Lukas. „Ich bin Naima, nett dich kennenzulernen," sagte ich und konnte mir ein lächeln nicht verkneifen. In den Moment kamen Jan und Ben. „So es kann los gehen," sagte Jan und holte aus seiner Tasche eine Kamera. Lukas sah mich fragend an. „Erkläre ich später sagte ich," sagte ich, beziehungsweise flüsterte ich, in der Hoffnung er würde es trotzdem hören.
Dann begann der Dreh und ich spielte wieder, wobei ich wieder in meiner Welt versank. Zwischendurch hört ich das klimpern von Kleingeld im Koffer vor mir. Nach dem ich das 3 Lied zu Ende gespielt hatte öffnete ich meine Augen und Jan sagte begeistert das er alles hat und bedankte sich bei mir. Auch Ben verabschiedete sich. Dann viel mein Blick auf die nun leere Bank, auf der Lukas gesessen hatte und mein lächeln verschwand für ein kurzen Moment aus meinem Gesicht.Wieso weiß ich selbst nicht. Enttäuschung konnte es nicht sein, immerhin kannte ich ihn ja nicht mal richtig.

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