Farbeimer

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Stellen wir uns einmal vor, Gefühle wären in Farbeimern ohne Deckeln aufbewahrt. Diese Eimer stehen in einem Raum in deinem Kopf, dessen Boden nur für die Farbe durchlässig ist. Unter dem relativ kleinen Raum befindet sich ein sehr hoher Raum, genannt 'Gefühlsraum'. In diesen Raum werden, je nach Situation, Farben bzw. Gefühle von dem oberen Raum geschüttet. So werden die Gefühle kontrolliert; wenn du wütend bist wird eben etwas von dem Wut-Eimer runtergeschüttet, aber immer nur ein bisschen! Im Schlaf wird dann ein Abfluss freigelegt, sodass alle Gefühle am nächsten Tag nicht stören. Hast du die Vorstellung?
Gut. Jetzt stell dir vor wie eine dunkle Gestalt, kaum zu erkennen, den Raum betritt. Die Gestalt ist menschenähnlich, allerdings ist ihr Körper dünner, in die Länge gezogen und besteht aus Dunkelheit. Sie hat kein Gesicht und absorbiert das Licht. Aber vor allem ernährt sich diese Gestalt von Gefühlen. Früher hat sie die Tür nie öffnen können und ist dementsprechend umso hungriger als sie die Tür endlich öffnen kann. Sie schaut sich um und sieht die Farbeimer, nach denen sie sich so verzehrt, ganz hinten im Raum stehen. Da die Figur so ungestüm und hungrig ist, achtet sie nicht darauf wo sie hintritt; sie stößt Farbeimer um und lässt sie liegen. Die betroffenen Eimer enthalten die Emotionen Trauer, Wut, Einsamkeit, Verzweiflung und Verbitterung. Diese Eimer, die sich bis zu einer gewissen Fülle noch selbst auffüllen, liegen also umgekippt auf dem Boden rum und ihr Inhalt fließt in den Raum. Der Raum füllt sich rasch. Die Gestalt hat unterdessen die Objekte seiner Begierde erreicht; es sind die Eimer gefüllt mit Hoffnung und Freude. Er kippt die Freude regelrecht in sich hinein, ein kleines Rinnsal fließt aber in diesen einen Raum. Das gleiche geschieht mit Hoffnung, hier bleiben allerdings nur ein paar Tropfen übrig, die in den Gefühlsraum fließen. Die Hoffnung mischt sich mit der Verbitternung und sinkt in Brocken der Hoffnungslosigkeit auf den Boden, genau dort wo der, noch blockierte, Abfluss sitzt. Die Freude vermischt sich unterdessen mit der Trauer und wird zu einem Fleck Leere. Der Fleck wächst und schrumpft, besteht aber und wird ab jetzt immer da sein. Der Raum füllt sich mittlerweile beängstigend schnell, aber gut das du mittlerweile schläfst, denn so wird der Abfluss betätigt und die komplette Farbe wird abfließen. Oder? Man sieht den Abluss sich bewegen, es entsteht ein Strudel und die Farben fließen ab. Stopp. Nein. Die Brocken haben sich jetzt auf den Abfluss gesetzt, so dass die Leere nicht gehen kann. Der Abfluss schließt sich und Hoffnungslosigkeit und Leere bleiben in dem Raum. Du wirst sie so schnell nicht mehr los.
Und was ist mit der Gestalt? Die ist verschwunden, die Farbeimer sind nicht mehr umgekippt und es sieht alles so aus wie vorher. Freude und Hoffnung sind wieder aufgefüllt und nichts erinnert an die Person, war sie vielleicht nur Einbildung? Nein, die Tür steht noch einen Spalt breit offen und ich bin sicher, falls du raus schauen würdest, würdest du die Person sehen. Vielleicht mit einem hämischen Lächeln auf ihrem, eigentlich, gesichtslosen Gesicht.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 24, 2019 ⏰

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