45. Rory

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Zu Sony zu fahren, fühlte sich irgendwie so an, wie damals, als Louis zum Vorstellungsgespräch gefahren war. Er hatte nicht ganz gewusst, was auf ihn zukommen würde, war nervös und hibbelig gewesen und wusste nicht, wohin mit seinen Händen. Sogar verfahren hatte er sich damals mit dem Bus und wäre fast zu spät gekommen, was ihm heute nicht passieren würde, denn sie wurden gefahren und der Fahrer des Wagens wusste sicherlich ganz genau, wohin er sie bringen sollte.

Louis sah aus dem Fenster und dann aufs Handy. Die Followeranzeige seines Instagram Accounts sah aus wie der Wasserverbrauchszähler, wenn man duschte und stieg immer mehr an. Das war gruselig und weil er mittlerweile so bekannt war, war es ihm auch nicht mehr möglich, seinen Posteingang weiterhin deaktiviert zu halten. Er wurde automatisch geöffnet und Louis erhielt ständig neue Nachrichten, die ihn mit Fragen zu Harry bombardierten. Dazu kamen noch Anfragen von Firmen, die ihm Geld anboten, wenn er ihre Produkte trug und damit auf Fotos auftauchte, doch Louis wollte davon nichts wissen – obwohl es natürlich verlockend war, eine Jeans geschenkt zu bekommen und dann 2000$ zu erhalten, wenn man sie auf einem Foto erkannte. Doch er wollte aus Harry keinen Profit schlagen und reagierte deswegen nicht auf die Angebote. Stattdessen schaltete er das Handy wieder aus und sah aus dem Fenster, an dem gerade eine Allee aus Palmen vorbeizog.

„Muss ich einen Vertrag mit Sony unterschreiben?", fragte er in die Stille hinein, die im Wagen herrschte und Harry hob den Kopf: „Ich denke nicht. Zumindest keinen großen. Wenn doch, werden das dann nur so Verschwiegenheitsklauseln sein, nehme ich an. Mach dir nicht so viele Gedanken. Wir besprechen das heute mal und dann sehen wir weiter. Und wenn du was unterschreiben müsstest, dann muss das nicht an Ort und Stelle sein. Man wird dir Bedenkzeit geben und ich werde auch nicht zulassen, dass du Verträge unterzeichnest, ohne dass mein Anwalt da mal draufgeschaut hat." Wie es aussah, traute Harry seiner eigenen Plattenfirma nicht über den Weg. Vielleicht brachte das die Berufserfahrung mit sich. Man wurde misstrauisch.

Doch, wenn die Gerüchte stimmten, die Louis über das Management und die Plattenfirma von One Direction gehört hatte, dann waren das wohl ziemliche Knebelverträge gewesen und nach der Erfahrung war Harry mit Sicherheit vorsichtiger damit, was er unterzeichnete. Er lächelte, nahm seine Hand und drückte sie aufmunternd: „Die sind da alle sehr nett, du wirst schon sehen."

Wenig später fuhren sie eine Straße entlang, die mit hellen Gebäuden, die Lagerhallen glichen, gesäumt war. Hier sah es jetzt nicht nach einem Record Label aus, fand Louis. Irgendwie hatte er ein Hochhaus erwartet, vielleicht eines mit verspiegelten Fenstern und einem prunkvollen Eingang. Doch dem war nicht so. Stattdessen hielten sie vor einem flachen Gebäude, stiegen aus und gingen einige Stufen hinauf zum Haupteingang. Immerhin stand der Name auf einem kleinen Schild an der Seite.

„Das ist aber nicht sonderlich nobel", meinte Louis und ging durch die Tür, die Harry ihm aufhielt. „Naja, Sony hat den Hauptsitz in New York, der ist wesentlich schicker, als hier. Aber teuer ist es hier trotzdem." Harry trat an den Empfangstresen heran, wechselte kurz einige Worte mit der Dame dahinter, dann wurden sie in die erste Etage gebeten, wo man schon auf sie wartete.

Dass das Gebäude nicht dem seiner Vorstellung entsprach, erleichterte Louis enorm und er kam sich nicht mehr ganz so klein und schäbig vor. Vielleicht war es ja wirklich gar nicht so schlimm, wie er angenommen hatte. Am Ende eines langen Flurs stand eine Tür offen und grelles Sonnenlicht blendete sie, als sie in den Raum traten.

„Harry, schön, dass du da bist", ertönte eine Stimme, dann quietschte ein Bürostuhl und ein Mann kam auf sie zu. Louis erkannte den Mann aufgrund des Gegenlichts nicht sonderlich gut und blinzelte mehrmals. „Hallo Rory, das ist Louis." Harry legte ihm die Hand auf die Schulter und der Mann stellte sich so hin, dass man ihn erkennen konnte. „Ah Louis, schön, dass wir uns auch mal treffen", sagte er mit freundlicher Stimme und streckte ihm die Hand hin. Er war kräftig, hatte sonnengebräunte Haut, mit ernsten Falten auf der Stirn und einen Händedruck, wie ein Schraubstock. „Hallo, ja freut mich auch", entgegnete Louis und gab sein Bestes, sich nicht die Finger brechen zu lassen und dabei gleichzeitig so zu wirken, als schüttelte er jeden Tag Hände wie diese.

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