Tag 36 'Chloe'

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Tag 36 Los Angeles irgendwo in einem Motel 10:00 Uhr

Grelles Licht fiel auf Chloes Gesicht. Unzufrieden murrend drehte sie ihr Gesicht weg und griff nach einem der Kissen um es sich über den Kopf zu ziehen und damit die Helligkeit zu vertreiben. In ihrem Kopf hämmerte es so stark, es kam ihr so vor als wollen ihre Augen aus dem Kopf fallen. „Scheiße, warum mach ich das?" Fragte sie sich selbst. „Guten Morgen Chloe." Flötete Hannah offenbar gut gelaunt und Chloe hob schwach die Linke in Richtung der Stimme und streckte den Mittelfinger hoch. Hannah schüttelte den Kopf und verließ das Schlafzimmer. Als sie in Richtung der Bar ging, stellte sie fest, dass das Frühstück schon nicht mehr ganz so großzügig ausfiel. „Offenbar bin ich nicht die erste." Stellte die Rothaarige fest, suchte sich ein Frühstück zusammen und setzte sich so, dass sie die Tür im Blick hatte. Nicht dass sie Angst hatte Chloe würde sie hier sitzen lassen und alleine wegfahren, dazu war die Punkerin nicht in der Lage, aber wer wusste schon was mit Chloe und Max los war. „Das mit den Drogen kann nicht alles sein." Murmelte Hannah nachdenklich und widmete sich ihrem Frühstück.
Chloe wollte nicht aufstehen. Sie wollte einfach nur da liegen, nichts machen und niemanden sehen, nicht mal sie selbst. Der Alkohol hatte das Gefühlschaos in ihr kurz verdrängt, aber jetzt kamen ihre Bedenken zurück. „Hella Max was passiert mit uns? Wo soll das hinführen? Ist das alles nur kurz, intensiv und zum Scheitern verurteilt?" Fragte sie mehr sich selbst und schüttelte den Kopf. Ein stechender Schmerz durchfuhr selbigen und sie stöhnte erneut auf. „Verdammt wie viel hab ich getrunken?" Fragte sie und überlegte angestrengt. Sie erinnerte sich noch daran, wie sie Hannah ihr Herz ausgeschüttet hatte und dann... nichts. Im Moment wollte Chloe aber auch nicht drüber nachdenken. Der Restalkohol in ihren Venen war noch immer präsent und in ihrem Kopf schien ein Presslufthammer zu arbeiten. „Jup, eindeutig zu viel getrunken." Analysierte sie ihren Zustand und versuchte trotzdem aufzustehen. Das erwies sich als schwerer als für die Punkerin angenommen. Als sie auf den Füßen stand, begann sie sofort zu taumeln und fiel vornüber. Sie sah den Boden auf sich zukommen und schaffte es gerade noch die Hände schützend vor ihr Gesicht zu legen und den Aufschlag abzufedern. Der Aufprall war nicht so schmerzhaft wie angenommen und neugierig betrachtete Chloe den Boden. „Gut dass hier überall Teppich ist." Stellte sie fest und versuchte aufzustehen. Nach dem dritten gescheiterten Versuch, schaffte sie es letztendlich sich am Bett hoch zu ziehen. Das einfallende Sonnenlicht blendete sie noch immer und zwang sie die Augen zu schließen. Die Wut auf Max war noch nicht vollends verflogen. „Nein Chloe das bist nicht du. Ich will die alte Chloe wieder haben." Dieser Satz von Max hallte immer wieder in ihrem Kopf nach. „Ich denke eher, dass das nicht Max war mit der ich da gesprochen hab." Mutmaßte die Blauhaarige, nahm all ihre Kraft zusammen um aufzustehen und in Richtung des Badezimmers zu taumeln. Dort angekommen, stützte sie sich auf dem Waschbecken ab und besah sich im Spiegel. Ihre Haare standen nach allen Seiten ab und um ihre Augen hatten sich dicke, rote Ringe gebildet. Misstrauisch fuhr Chloe über diese. „Das ist nicht vom Alkohol. Jedenfalls nicht nur." Murmelte sie nachdenklich und fuhr sich über die getrockneten Tränen.
Nach gefühlten fünf Liter Wasser ins Gesicht und einem kurzen richten der Haare fühlte Chloe sich wach genug um zum Frühstück zu gehen. Immer noch über Max und ihre Zukunft sinnierend, torkelte die Punkerin in Richtung des Kaffeegeruchs. Als sie die Theke erreicht hatte, musste sie kurzzeitig die Augen schließen. Hier war es noch heller als in ihrem Schlafzimmer. Stöhnend griff Chloe nach einer Tasse und füllte sie fast bis zum Rand mit schwarzem Kaffee. „Dich hab ich jetzt am meisten nötig." Dachte Chloe beim Anblick des schwarzen Wachmachers. An einem der Tische entdeckte sie nach kurzem orientieren Hannah, welche sie direkt ansah und neugierig musterte. Immer noch den Kopf haltend setzte die Punkerin sich ihr gegenüber und senkte den Blick. Fast wäre ihr Kopf mit der Tischplatte kollidiert, wenn Hannah sie nicht angestupst hätte. Die plötzliche Berührung ließ Chloe in die Höhe schnellen und sogleich zuckte ein stechender Schmerz durch ihren Kopf. „Fass mich nicht an klar?" Murrte sie undeutlich und Hannah nahm sofort ihre Hand weg. „Tut mir leid." Flüsterte Chloe aber kurz darauf. Sie hatte gestern schon einen Menschen verloren und wollte jetzt nicht allein sein. Die Rothaarige sah sie verständnisvoll an und zog ihre Hand zurück. „Schon Ok." Beruhigte sie die Punkerin, welche grunzte und in ihren Pott starrte. Geduldig wartete Hannah darauf, dass Chloe anfing zu reden. Sie konnte sehen, dass die Punkerin mit ihr reden wollte, hetzte sie aber nicht. Doch Chloe schwieg eisern und so langsam wurde es Hannah unheimlich. „Also...?" Begann sie und Chloe hob leicht den Kopf. „Also was?" Unterbrach Chloe Hannah leicht gereizt. „was ist da zwischen euch? Und jetzt sag nicht das es sich nur um Nachwirkungen der Drogen handelt. Das hab ich Max schon nicht abgekauft und die ist wesentlich überzeugender als du." Stellte Hannah klar und lehnte sich abwartend in den Stuhl zurück, die Arme vor der Brust verschränkt. Chloe überlegte fieberhaft. „Nein, wenn Max es dir nicht sagen will, werde auch ich nichts sagen, tut mir leid." Flüsterte Chloe beherrscht und Hannah nickt, wirkte aber immer noch unzufrieden. „Wenn ich euch helfen soll, muss ich wissen was mit euch passiert." Versuchte Hannah Chloes Zunge zu lockern, doch diese wurde erneut fahrig. „Niemand hat dich gebeten zu helfen." Fauchte die blauhaarige Punkerin Hannah an und erneut zuckten Blitze in ihren Augen auf. Sie war gereizt, gereizt von der Frau welche sie liebte und der Frau, die ihr helfen wollte. Hannah legte den Kopf schief und lehnte sich erneut im Stuhl zurück. „Aber ihr braucht Hilfe. Allein schafft ihr das nicht." Die Rothaarige versuchte sachlich und nüchtern zu klingen, doch Chloe hörte nur mit einem Ohr zu. „Vielleicht wollen wir das gar nicht schaffen." Murmelte Chloe nachdenklich und sah wieder in ihren, mittlerweile kalten Kaffee. Unvermittelt schnellte Hannahs Hand nach vorne und traf klatschend Chloes rechte Wange. Chloe wurde aus ihren Gedanken gerissen und fast vom Stuhl gefallen. Langsam drehte Chloe den Kopf in Richtung von Hannah und nicht nur die getroffene Stelle wurde rot. „Wag es nicht so etwas noch mal zu sagen." Funkelte Hannah Chloe an. „Ihr beide gehört zusammen. Verdammt, ich weiß nicht was ihr zusammen durchgemacht habt, aber ihr braucht einander, das sieht ein Blinder." Fuhr sie weiter fort und Chloe rieb sich die schmerzende Wange. „Warum kauft ihr euch nicht alle einen Boxsack? Dann müsstet ihr nicht mein Gesicht nehmen." Murrte Chloe unzufrieden, war aber innerlich Hannah dankbar. Grinsend zog Hannah ihre Hand weg. „Aber manchmal möchte man einfach auf jemanden einschlagen." Erklärte sie und Chloe nickte. „Dann frag Max nach einem Foto von mir und kleb es auf den Sack. Davon hätten wir beide was. Du ein Gesicht zum schlagen und ich würde meine normale Körperfarbe behalten." Schlug Chloe vor und Hannahs Grinsen wurde noch breiter und sie lachte los. Dieses lachen hämmerte in Chloes Kopf und stöhnend hielt sie sich die Ohren zu, was Hannah zum verstummen brachte.
Langsam klärte sich Chloes Blick und sie sah sich um. Offenbar waren sie alleine in Raum. Überall standen Tische und Stühle und an der Wand zu ihrer linken entdeckte Chloe ein Buffet. Immer noch schwankend stand sie auf und packte sich den Teller mit allerlei voll. Nur um den Speck und das Rührei machte sie einen großen Bogen. „Niemand bekommt das so gut wie Mom hin und selbst wenn, will ich es gar nicht wissen." Dachte sie traurig an ihre tote Mutter und sofort entstand das freundliche, aber auch besorgte Gesicht von Joyce vor Chloes innerem Auge. Sie stand geradezu vor ihr und lächelte sie an. „Ich wünschte du wärst hier Mom." Flüsterte sie der Halluzination zu, welche ihr zunickte und verschwand. Chloe schüttelte den Kopf. Das war das erste Mal seit ihrem Besuch am Grab ihrer Mutter, dass sie an sie dachte und sofort schossen ihr die Bilder einer fröhlichen und glücklichen Familie, ihrer Familie durch den Kopf. Vor ihr stand William, ihr Vater, welcher Joyce im Arm hielt. Beide sahen zuerst sich und anschließend Chloe an. Wieder verschwanden beide und machten einer Halluzination von Max platz. Sie stand einfach nur hinter dem Buffettisch und sah sie lächelnd an. „Du bist meine Familie Max." Flüsterte Chloe und die Halluzination nickte.
Nachdenklich drehte Chloe sich um, setzte sich wieder Hannah gegenüber hin und begann schweigend zu essen. Die Rothaarige hatte gesehen, wie Chloe ein paar Minuten einfach nur vor dem Tisch stand und an die Wand starrte. „Na, in Gedanken gewesen?" Platzte es aus Hannah heraus und ertappt hörte Chloe auf zu essen, senkte die Gabel und hob den Blick. „Könnte man so sagen." Gab sie zu und richtete sich auf. „Du hast an Maxine gedacht richtig?" Fragte Hannah und Chloe schüttelte den Kopf. „Max nicht Maxine." Flüsterte sie.
„Was?"
„Sie möchte Max genannt werden, nicht Maxine und ja unter anderem habe ich auch an sie gedacht." Stellte Chloe klar und Hannah nickte ihr zu. „Willst du zurück und mit ihr reden?" Fragte die Rothaarige und Chloe schüttelte nur den Kopf. Schnaubend griff Hannah in ihre Tasche und holte Chloes Handy hervor, warf es vor der Punkerin auf den Tisch und stand auf. „Ruf sie an oder schreib ihr wenigstens aber hör auf dich wie ein kleines Kind zu verhalten." Forderte sie regelrecht. „Ich warte im Wagen und ich schwöre dir Chloe: Ich schleife dich und Max wenn es sein muss in einen Raum, schließe die Tür von außen und lass euch erst wieder raus wenn ihr beide euch wieder vertragt." Drohte sie und ging in Richtung des rostigen Trucks, welchen Chloe gestern quer auf zwei Behindertenparkplätzen geparkt hatte. Zweifelnd sah Chloe ihr nach. „Das traust du dich zwar nicht, aber du hast recht. Ich will mit Max sprechen, die Frage ist nur ob sie das auch will." Flüsterte Chloe, klappte ihr Handy auf und suchte nach „Hippie". Mit zitternden Fingern tippte sie eine kurze Nachricht an Max:
„Wir müssen reden."

Life is strange. After the stormWo Geschichten leben. Entdecke jetzt