Im nächsten Jahr ist zwar relativ viel passiert, ich erzähle es euch aber lieber ein wenig kürzer und nicht ins Detail genau, denn wir wollen ja so schnell wie möglich zum spannenden Teil der Geschichte kommen. Die Vorgeschichte ist aber auch wichtig...
Ich begann regelrecht ein wenig für Henning zu schwärmen. Jedoch machte ich das still für mich. Ich hatte den Mut und auch die Lust nicht es mit jedem zu teilen und hielt es lieber privat. Ich erzählte es nicht einmal Ana und Nadine, auch wenn die mich wahrscheinlich so gut es ging dabei unterstützt hätten. Sie hätten mir bestimmt Mut zugesprochen und mir geholfen ihn zu erobern. Er hatte aber immer noch seine Freundin. Ich wollte auf keinen Fall das Mädchen sein, dass anderen ihren Freund ausspannt. Nur meinem besten Freund Severin habe ich es erzählt. Er hat es einfach gemerkt und mich darauf angesprochen. "Wer ist denn der Glückliche?", fragte er mich neugierig aber bereits mit diesem Unterton, an dem ich seinen Beschützerinstinkt bemerkte, den man von seinem großen Bruder kennt. "Henning.", gab ich dann kleinlaut zu. "Der 'Barfuß-am-Klavier'-Henning?", hackte er nach, da wir zwei Hennings in unserem Jahrgang hatten. Ich nickte und er sah mich eine Weile nachdenklich an. Schließlich fragte er: "Was findest du denn an ihm so besonders?" "Seine Art. Er ist einfach ein mega cooler Typ und hat ein gutes Herz.", gab ich zu. "Sein Auftreten ist faszinierend und er sieht echt nicht schlecht aus, wenn er nicht gerade seine schlechtesten Tage hat. Aber weißt du, dieses schmutzige Auftreten, als ob er sein Leben nicht ganz im Griff habe, lässt ihn auf eine Art unwiderstehlich und süß wirken. Und seine Stimme ist einfach der Knaller. Als er beim letzten Konzert, sein Lied am Klavier vorgespielt hat, war ich einfach weg. Dieser Text kam von Herzen und genau diese Jungs die mit ihrem Herz leben und nicht immer so rational denken, faszinieren mich.", gestand ich ihm, da ich einfach nicht mehr aufhören konnte zu sprechen. Sevi hat mich extrem ernst genommen, mir dann aber auch vernünftig erklärt, dass das momentan nicht das Beste sei für mich, was mir dann auch eingeleuchtet hat.
Anfangs 2011 hat ein Junge aus meiner Parallelklasse begonnen Interesse an mir zu zeigen. Tim hat mich auf andere Gedanken gebracht, um den Finger gewickelt und mich zu seiner festen Freundin gemacht. Er gehörte zu den coolen, war immer auf seinem Skateboard zu sehen und trug immer irgendeine Mütze auf dem Kopf. Wir waren beide das erste Mal schwer verliebt und hatte uns sehr gern. Jedoch habe ich selbst nie wirklich daran geglaubt, dass das die Liebe meines Lebens ist. Es tat mir leid, dass ich ihn nicht von ganzem Herzen liebte, aber ich glaube ihm ging es ähnlich. Kurz nachdem ich mit Tim zusammenkam, trennte sich Henning von seiner derzeitigen Freundin, was mich natürlich wieder stärker an meiner Liebe zu Tim zweifeln ließ. Ich will mich hier auch gar nicht über Tim beschweren, er ist ein toller Typ und hat mich immer liebevoll behandelt. Wir blieben ein Paar und Henning hatte kurz darauf auch schon wieder ein Mädchen, wie ich das von Kollegen mitbekam.
Als ich beschloss, nach meinem Abschluss ins Ausland zu gehen, war für Tim und mich beide klar, dass es das Beste sei wenn wir getrennte Wege gingen. Wir trennten und auf friedliche Weise und versprachen einander in Kontakt zu bleiben.
Ich war dann für einige Monate in Frankreich unterwegs und reiste danach nach Afrika um dort bei einer Hilfsorganisation, hungernden Kindern zu helfen. Das war für mich eine extrem erfahrungsreiche und spannende Zeit. Wirklich Verbindung in die Aussenwelt und nachhause hatte ich nicht. So bekam ich nur am Rande mit, dass Severin zusammen mit Henning und Christopher, denn ich nur vom sehen her kannte, Straßenmusik praktiziert. Von den Schicksalsschlägen, die die beiden erlitten hatten, hörte ich jedoch und wollte meinen Aufenthalt auch abbrechen, was mir Severin aber vehement verboten hatte. Ich hatte ein sehr gutes und langes Telefongespräche mit ihm, bei dem wir beide weinen mussten und das unsere Freundschaft noch enger werden ließ.
Ich wollte Henning, zu dem ich immer noch nicht viel Kontakt hatte, nicht zu nahe treten und überlegte darum lange wie ich ihm eine Mitteilung zu lassen kommen konnte. Ich entschied mich schlussendlich, ihm eine Postkarte aus Afrika zu schicken. Noch während der Schulzeit, kamen wir in einem Club ins Gespräch und er schien sehr interessiert daran zu sein. Ich schrieb hauptsächlich über meine Arbeit und gar nicht viel über seinen Verlust, da ich dachte, ein bisschen Ablenkung von der ganzen Trauer und dem Mitleid, wäre vielleicht gar nicht so schlecht.
Obwohl ich eine unvergessliche Zeit in Afrika hatte, war ich froh als ich endlich in das Flugzeug nachhause steigen konnte. Meine Familie holte mich am Flughafen ab und begleiteten mich nachhause. Sie verstanden recht gut, dass ich mit meinen Erzählungen lieber noch warten wollte und jetzt so schnell wie möglich zu Severin gehen wollte. Ich war ein wenig nervös da ich nicht genau wusste, was ich sagen soll. Aber als Sevi endlich vor mir stand und mich anlächelte fühlte ich, dass ich ihn einfach umarmen musste. Also versuchte ich diesen großen Mann, den ich schon so lange kenne einfach festzuhalten und ihm Geborgenheit zu geben.
"Es ist so schön dich wieder hier zu haben.", sagte er nach unserer langen Umarmung und wischte sich Tränen aus dem Gesicht. Daraufhin wurden auch meine Augen nass und wir drückten uns nochmals ganz fest aneinander. Ich fragte ihn nicht wie es ihm geht, dass war ja offensichtlich. Stattdessen fragte ich: "Wovor hast du am meisten Angst?" Er blickte eine Weile ins Leere und antwortete dann leise: "Dass ich sie vergesse. Ich habe Angst, dass ich nicht mehr genau weiß wer sie war. Dass ich ihr Lächeln und ihre Stimme vergesse." "Kennst du diesen Spruch?", antwortete ich.
Sie können nicht sterben. Sie legen sich in deinem Herzen schlafen. An manchen Tagen sind sie ganz besonders wach da drinnen und freuen sich über die Wärme und, dass ihr euch so nah sein könnt. Sie tanzen vor Freude wie verrückt, sodass dir die ganze Brust schmerzt und du manchmal weinen musst.
Sevi schüttelte den Kopf aber ich sah, dass sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen gestohlen hat, während gleichzeitig eine Träne über seine Wange rollt. "Sie wird nie gehen, Sevi. Sie bleibt immer hier bei dir.", sagte ich und legte meine Hand auf seine linke Brust. "Danke, Lou. Danke, dass du hier bist." Er nahm meine Hand und hielt sie ganz fest. So sassen wir eine ganze Weile schweigend da.
Wir waren noch einige Stunden zusammen in denen wir tiefsinnige Gespräche über das Leben führten und ich von meiner Zeit und Erlebnissen berichtete. Erst spät am Abend, als beide unsere Herze ein wenig leichter waren und wir uns verabredet hatten, dass er mir seine neue Wohnung zeigt und ich ihnen auf der Strasse zuhören komme, machte ich mich auf den Weg nachhause.
DU LIEST GERADE
Wir zusammen sind Dies und Jenes, aber alles nix konkretes
FanfictionLouisa und Henning May besuchen zur selben Zeit das Schiller-Gymnasium in Köln. Jedoch lernen sie sich erst nach der gemeinsamen Schulzeit so wirklich kennen. Gemeinsam erleben sie schönere wie auch schwierigere Zeiten. Sie seien füreinander gemach...