Kapitel 13

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Völlig überfordert stand ich im Probenraum. In dem ganzen Gefühlschaos hatte ich verdrängt, dass ja nicht nur Samu und ich mit der Veränderung umgehen müssen, sondern auch unsere Band, unsere Freunde. Und auch wenn ich wusste, dass sie kein Problem damit haben würden, konnte ich nichts sagen und als Samu mich umarmen wollte, stieß ich ihn weg. Aus Angst, jemand könnte etwas merken, dabei waren sich Samu und ich auch vor all dem nah gewesen.
"Sei nicht so paranoid", flüsterte Samu sanft in mein Ohr, als ich ihn bei seinem zweiten Umarmungsversuch nicht wegschob. Schwach nickte ich und drückte in noch einmal fest an mich, bevor ich mich aus seinen Armen zog und ihn anlächelte. "Ich versuch's."
Ich glaube, die anderen merkten, dass etwas anders war. Ich glaube, es war Samu und mir nicht möglich unsere Anziehung ganz zu verstecken und am liebsten hätte ich es den anderen einfach ins Gesicht geschrien.

"Sollen wir noch Eishockey schauen zusammen?", fragte Raul nach der Probe, als wir alle rauchend draußen standen und unter einem kleinen Vordach dem Regen beim Fallen zusahen. Sami und Osmo nickten sofort. "Klingt super!" Ich sah Samu verunsichert an. Eigentlich hatten wir uns alleine einen schönen Abend machen wollen. Schwach nickte er und strich unentdeckt über meinen Arm. Ich war froh, dass zwischen uns wieder alles soweit okay war.
"Ja, gerne", nickte ich dann auch und Samu stimmte ebenfalls zu. Grinsend schnippten wir die Zigaretten weg und ohne etwas zu besprechen war klar, dass wir zu mir fahren würden. Das machten wir schon immer so und das würde sich auch nicht ändern. Innerlich hoffte ich nur, dass es aufgeräumt genug war und dass nirgends offensichtlich Zeug von Samu lag.
Kurz darauf waren alle da. Ich hatte keine Zeit mehr gehabt zu schauen, ob alles okay war drinnen, doch das musste es jetzt sein, denn sonst hätten Samu und ich ein Problem.
Wie im Gänsemarsch betraten wir die Wohnung und ich ließ meinen Blick hin- und herschnellen. Es schien alles okay zu sein und ich atmete erleichtert aus. "Ich hol Bier - alkoholfreies, keine Angst", sagte Samu, als wir alle im Wohnzimmer waren und ich die Fenster gerade abdunkelte. Ich sah aus dem Augenwinkel, wie Osmo schon seinen Finger gehoben hatte, um gegen das Bier zu protestieren und ih nun enttäuscht wieder sinken ließ.
Die anderen machten es sich gemütlich und ließen Samu und mir nicht viel Platz. Mir wurde jetzt schon klar, dass ich mich wohl nicht sonderlich auf das Spiel konzentrieren können würde. Ein Klimpern aus der Küche riss mich aus meinen Gedanken und ich lächelte leicht. Was stellte Samu wohl gerade an? "Rick! Hilf mir mal!", schallte es dann hinterher und ich musste nun lachen. "Ja!", antwortete ich und lief in die Küche. Dort stand Samu und hatte seine Arme ausgebreitet. "Komm her", sagte er leise und ich fragte mich, wann er so bestimmt geworden war. Lächelnd lehnte ich mich gegen seine Brust und schloss kurz meine Augen. Wir hatten tatsächlich einen Punkt gefunden, an dem wir zueinander gefunden haben. Wir waren wieder eine Einheit nach unseren Startschwierigkeiten und ich hatte meinen Fels in der Brandung zurück. "Wir sollten rüber, sonst kommt gleich noch jemand", meinte ich dann aber schnell und sah zu ihm auf. Er nickte und küsste mich sanft. Kurz dachte ich daran, einfach hierzubleiben, aber das konnten wir beide nicht.

Eng saßen Samu und ich beieinander. Alle fühlten sich wohl und es war ein schöner Abend. Doch je später es wurde, desto müder wurde ich und lehnte meinen Kopf an Samus Schulter. Mit geschlossenen Augen lauschte ich seiner Stimme, als er sich mit den anderen unterhielt. Das Eishockeyspiel war längst vorbei und die Jungs würden wohl bald aufbrechen. Sami war draußen rauchen und ich nutzte den Platz neben mir, um mich weiter an Samu schmiegen zu können. Ich war zu müde, um mich um irgendeine Fassade zu bemühen.
"Riku ist aber nähebedürftig heute", hörte ich Rauls Stimme und spürte, wie Samu einen Arm um mich legte, um mich noch näher zu ziehen. "Ich auch", lachte er rau und ich bekam eine Gänsehaut. Leise seufzte ich und entspannte mich ganz und gar. Samu war so schön warm und ich fühlte mich, als könnte mir nichts und niemand etwas anhaben.
"Wenn ich euch nicht kennen würde, würde ich sagen, ihr seid ein ganz niedliches Pärchen." Samu lachte und nur ich wusste wieso und ich merkte, dass ich die anderen bald einweihen wollte. Ich wollte mich nicht verstecken müssen. Nicht vor ihnen. Dafür kannten wir uns zu lange.

Wenig später waren alle weg und nur Samu saß noch neben mir.
"Samu?", fragte ich leise gegen seine Schulter. Er zog mich näher an sich und ich wusste, dass das als 'Ja' galt.
"Wir sollten es den anderen sagen, meinst du nicht auch?", fragte ich und sah zu ihm auf. Es fiel mir schwer, meine Augen offen zu halten, aber ich wollte ihm in die Augen sehen. Er erwiderte meinen Blick und nickte. Es war so schön, wieder mit ihm auf einer Wellenlänge zu sein. "Ja. Wir sollten uns nicht vor unseren besten Freunden verstecken." Dann küsste er mich kurz. Ich grinste glücklich in mich hinein. "Weißt du was, Riku?" Unsere Nasen berührten sich noch ganz leicht und ich schüttelte leicht meinen Kopf. "Ich habe mich richtig entschieden", sagte er und küsste mich kurz, "Ich fühl mich gut mit dir." In seinen Augen liegt ein Funkeln und mir läuft ein angenehmer Schauer über den Rücken. "Du kannst dir nicht vorstellen, wie glücklich mich das macht", sagte ich ganz leise, weil ich das Gefühl hatte, dass diese Worte sonst ihre Bedeutung verlieren könnten. Ich sah sein leichtes Lächeln und dann küsste er mich wieder.

"Samu!", rief ich durch die Wohnung und stapfte zielstrebig zu ihm ins Schlafzimmer. Ich hatte ihn schlafen gelassen, doch jetzt musste ich seinem Frieden ein Ende bereiten. Mit großen Augen sah er mich an, als ich mit in die Hüften gestemmten Händen in der Tür stand. Ich hatte ein schmutziges T-Shirt zu ihm geschmissen. "Was soll das?", fragte ich streng und deutete vage auf das Shirt. "Ähm..." Schuldbewusst sah er mich an. Ich zog meine Augenbrauen in die Höhe und kam einen Schritt näher. "Ja?" Samu zuckte mit den Schultern. "Naja, es war halt kein Handtuch mehr da und da dachte ich..." Ich knurre leise. "Da dachtest du, du nimmst mein T-Shirt, um deine Zahnpasta loszuwerden?! Samu, du achst mich wahnsinnig! Ich wollte das nochmal anziehen!" Leise lachte er und ließ mich beinahe meine Wut vergessen, doch nein, so einfach war das nicht. "Hör bloß auf zu lachen, du Blödmann!", knurrte ich und lief näher zu ihm, doch er machte mir einen Strich durch die Rechnung und zog mich fest in seine Arme. "Tut mir leid, du armer, kleiner Riku, ich konnte doch nicht ahnen, dass du kein anderes sauberes Shirt besitzt", sagte er theatralisch und wuschelt durch meine Haare. "Idiot", murmelte ich, während er mir einen Kuss auf die Wange drückte und dann wieder schief grinste. Ich musste auch schmunzeln und küsste ihn sanft. Er war mein Lieblingschaot.

"Samu?", fragte ich dann plötzlich wieder ganz ernst und er sah mich fragend an, während er meinen Nacken kraulte, "Sollen wir es heute den anderen sagen?"

Irgendwann ist immer das erste MalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt