Kapitel 9

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Dass ich nun allein in meinem Bett lag, machte das alles auch nicht besser. Mit leerem Blick starrte ich gegen die Wand und dachte über so unendlich viele Dinge nach. Am meisten dachte ich jedoch über die Sitution von vorhin nach. Samu war so liebevoll gewesen und eigentlich waren seine Worte eindeutig gewesen, aber er konnte auch so viel anderes gemeint haben. Ich wollte nichts falsch interpretieren.

"Riku?"

Ich zuckte zusammen und drehte mich ruckartig um. Samu stand unschlüssig im Türrahmen und sah auf den Boden. Er sah so verloren aus, dass ich ihn am liebsten einfach fest in den Arm genommen hatte. Er hatte sich umgezogen und trug nun nur noch Boxershorts und ein T-Shirt.

"Was gibt's?", fragte ich dann und setzte mich langsam auf. Ich klopfte auf mein Bett und sah ihn auffordernd an. Zaghaft nickte er und setzte sich dann.

"Ich kann nicht schlafen ... Ich will nicht allein sein", sagte er leise und ich merkte, dass es ihm unangenehm war das zuzugeben. Er hat noch nie gerne über Gefühle geredet.

"Dann bleib hier", sagte ich und ohrfeigte mich innerlich. Ich machte es mir selbst so schwer. Eine Nacht mit Samu in meinem Bett ohne ihn anfassen zu können würde schwer werden. Sehr schwer.

"Danke", sagte er leise und kuschelte sich dann in mein Bett. Ich sah ihn an und seufzte leise. Letztlich schlief ich sogar sehr gut neben ihm und Berührungsprobleme tauchten auch keine auf. Die kamen erst, als ich durch zärtliches Streicheln geweckt wurde. Mein Puls schoss sofort in ungeahnte Höhen und ließ mich ein wenig schneller atmen. "Samu ...", brummte ich leise und streckte mich. Seine warme Hand verschwand sofort. Enttäuscht schlug ich meine Augen auf und sah in Samus Gesicht, das langsam eine rote Farbe annahm. Leicht nickte ich. Er wollte nicht darüber reden. Ich wollte ihn zu nichts drängen.

"Du musst dich nicht schämen", sagte ich dann leise und stand auf. Ich hatte unglaublich großen Hunger und ging langsam in die Küche. Außerdem wollte ich Samu die Möglichkeit geben, sich zu beruhigen. Er schien nämlich ziemlich aufgewühlt zu sein.

"Riku, ich ... ich verstehe es doch selbst nicht ... Ich weiß einfach nicht, was mit mir los ist ... Es ist alles so komisch seit diesem bescheuerten Kuss", sagte er plötzlich und hatte keine Ahnung, dass er mir damit einen Stich ins Herz versetzte. Bescheuert war der Kuss also gewesen. Das tat mir wirklich weh. Wahrscheinlich waren meine Gefühle ja doch widerlich und Samu hasste sich selbst dafür, dass er mich angefasst hatte. Tief atmete ich ein und nickte dann leicht. "Ist okay. Mach dir keine Sorgen. Von mir erfährt niemand etwas." Es fiel mir schwer das zu sagen. Mir selbst mein Grab auszuheben. Eigentlich hatte ich gedacht es würde langsam etwas werden zwischen uns, aber für Samu schien es tatsächlich keine Option zu sein, sich auf seine Gefühle einzulassen.
"Danke", sagte er und setzte sich dann, "Bekomme ich auch einen Kaffee?" Er sah mich mit seinem Dackelblick an und reichte ihm meine Tasse. Ich hatte sowieso keine Lust mehr auf Kaffee und mein Hunger war auch verschwunden. In meinem inneren Auge spielten sich immer wieder die Szenen ab, in denen Samu mich so zärtlich berührt hatte. Eine Gänsehaut kroch über meinen Körper und bedecke ihn schließlich komplett. "Ist dir kalt?", fragte Samu plötzlich und sah auf meine Arme, die ich fest um meinen Oberkörper geschlungen hatte. Ertappt sah ich in seine Augen und atmete kurz durch. "Ja ... Ich gehe mir besser etwas anderes anziehen", sagte ich dann und ging einfach ins Schlafzimmer. Dort zog ich mein Shirt aus und betrachtete mich im Spiegel. "Du bist ein Spargel, Riku ...", sagte ich leise zu mir selbst und drehte mich etwas zur Seite. Ich konnte nachvollziehen, dass ich nicht der anziehendste Mann war. Ich war einfach nur dünn. Und ich sah müde aus. Ich fühlte mich schlecht.

"Riku, ich dachte dir ist kalt", sagte plötzlich Samu hinter mir und ließ mich zusammenzucken. "Ist doch egal ...", sagte ich und sah ihn kurz durch den Spiegel an. Dann nahm ich mir schnell einen Pullover und zog ihn mir über. Es war mir nie unangenehm gewesen, vor Samu nackt zu sein, doch jetzt fühlte ich mich einfach nur unwohl und es war mir peinlich halbnackt vor ihm zu stehen. Wie viel sich in so kurzer Zeit ändern konnte. Vielleicht hatte ich einfach schon zu viel gedacht. Mir zu viel vorgestellt. Jetzt wurde mir bewusst, dass das alles unglaublich bescheuert war.

Ich sah auf den Boden und lief dann an Samu vorbei. Kurz hatte ich das Gefühl, seine Hand würde meine berühren, doch den Gedanken verwarf ich. Das wäre ja bescheuert. Genau wie der Kuss. Ich wusste nicht mehr wohin mit meinen Gefühlen und wenig später hatte ich meine Gitarre auf dem Schoß. In Gedanken zupfte ich an ihr herum und summte leise. Dabei merkte ich nicht, dass Samu mich beobachtete. So merkte ich auch nicht, dass er ein Foto von mir machte und es einen kurzen Moment lang verbissen ansah. Kurz darauf setzte er sich neben mich.

"Hey", sagte er, während ich ihn erschrocken ansah. Ich schloss meine Augen und atmete durch.

"Hey", sagte ich leise und spielte dann weiter.

"Kann ich ... Kann ich mit dir reden?"

"Über was denn?", hakte ich nach. Nur aus Höflichkeit.

"Über uns."

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Na, was wird Samu wohl bereden wollen ...?

Irgendwann ist immer das erste MalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt